Reproduktive Isolation als Triebkraft der Evolution
Es existieren viele Theorien über die Neuentstehung von Arten. Damit zwei neue Arten entstehen können, müssen sie geographisch isoliert sein. Artbildung kann aber auch stattfinden, wenn eine reproduktive Isolation vorliegt. Auch Sterilität, Umweltfaktoren oder Unterschiede im Paarungsverhalten können dazu führen, dass eine neue Art entsteht, die anderen Bedingungen anpasst ist. Die reproduktive Isolation allein reicht allerdings nicht aus, es müssen interne Barrieren vorhanden sein, die den Genfluss unterbrechen. Jüngere Studien legen nahe, dass natürliche Selektion und Anpassung im Frühstadium der Divergenz und Entstehung reproduktiver Isolation wichtiger sind als bislang angenommen. Diese adaptive Speziation könnte vor allem dort häufig auftreten, wo eine räumliche Trennung der Lebensräume erfolgt, beispielsweise entlang der starken Umweltgradienten in Küstenhabitaten. Das EU-finanzierte Projekt ADAPTIVE SPECIATION (Evolution of reproductive barriers and its implications for adaptive speciation) erforschte Mechanismen der adaptiven Speziation. Als Modell diente die Meeresschnecke Littorina saxatilis, bei der man demnächst von einer Artbildung ausgeht. Insbesondere befasste man sich mit den beiden Morphen (E und S) von L. saxatilis, die jeweils unterschiedliche Lebensräume bewohnen. Untersucht wurde, wie genetische Differenzierung und phänotypische Plastizität zur Anpassung von Arten und reproduktiver Isolation der beiden Morphen beitragen. Mit genetischen Methoden wie Analysen von AFLP-Markern (amplifizierter Fragmentlängenpolymorphismus) und morphometrischen Analysen wurden an Transekten auf zwei kleinen räumlich getrennten Inseln Genfluss und Selektion untersucht. Weiterhin wollte man herausfinden, ob eine forcierte Paarung zwischen zwei Morphen in der Hybridzone die lokale Anpassung beeinflusst. Das Projekt lieferte wichtige Erkenntnisse zur Evolutionsbiologie, speziell zur Rolle der reproduktiven Isolation als Triebkraft der Artbildung. Die Ergebnisse können dazu beitragen, einen der Hauptmechanismen und Prozesse bei der Entstehung von Artenvielfalt besser zu verstehen.