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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Intelligente Software für intelligente Produkte

Was haben Kochtöpfe, Autos und Flugzeuge heutzutage gemeinsam? Die Produkte der Zukunft werden immer intelligenter und schon bald in der Lage sein, mit Menschen, anderen Geräten sowie ihrer Umgebung zu kommunizieren und zu kooperieren. Die EU-finanzierte Forschung unterstützt diesen Trend hin zu intelligenten Produkten, die versprechen, unseren Alltag leichter, bequemer und produktiver zu gestalten.

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Wer jemals versucht hat, neue Unterhaltungstechnik in der Wohnung zu installieren, einen Kindersitz richtig ins Auto einzubauen oder zu kapieren, wie das neue Hightech-Küchengerät zu benutzen ist, weiß genau, wie kompliziert und frustrierend manche Produkte sein können. Bedienungsanleitungen sind oft schwer verständlich und gar zwei oder mehr Geräte oder Komponenten zur Zusammenarbeit zu bewegen, kann in einen wahren Alptraum ausarten. Aber wie wäre es wohl, wenn die Produkte den Nutzern und jedem anderen selber sagen könnten, was zu tun ist? "Komplexität und Vielfalt der Produkte - seien es nun Haushaltsgeräte in der Küche oder Komponenten im Auto - werden sich nicht verändern. Die Produkte werden eher immer komplizierter und schwieriger zu bedienen und so funktioniert die traditionelle Lösung des Beilegens einer Gebrauchsanweisung bei ihnen nicht mehr so recht", überlegt Dr. Daniel Schreiber, Leiter der Arbeitsgruppe Telekooperation an der Technischen Universität Darmstadt in Deutschland. "Intelligente Produkte sind ein Weg, um diese Probleme zu lösen." Intelligente Produkte vereinen Wissen, künstliche Intelligenz und Kommunikationsfähigkeit - es ist einfach alles gleich in ihnen eingebaut. Sie wissen genau, was sie sind, was sie tun sollen und was sie zum Funktionieren brauchen. Sie können sogar darüber Bescheid wissen, wo sie sich und welche anderen Geräte und Nutzer sich in ihrer Umgebung befinden. Intelligente Produkte mit eingebetteten Sensoren, Aktoren und Umgebungsintelligenz können sich über multimodale Schnittstellen proaktiv bei den Nutzern und anderen Geräten einklinken, so dass sie kommunizieren sowie Anleitungen geben und Vorschläge unterbreiten können. "Nehmen wir einmal das Beispiel einer intelligenten Küche, wenn Sie einen Dampfgarer haben und es toll wäre, wenn er selber erklären könnte, wie man am besten mit ihm Fisch zubereitet und dann auch Bescheid sagt, wann der Fisch perfekt gegart ist. Unserer Ansicht nach sollten Produkte erklären, wie man sie benutzt, während der Nutzer mit ihnen interagiert", sagt Dr. Schreiber. Dr. Schreiber leitete die technische Entwicklung innovativer Software und Systeme, die es einer Vielzahl von Produkten ermöglichen, genau das zu tun. Die im Rahmen des SmartProducts-Projekts (1) durchgeführte und mit 6,9 Millionen EUR Finanzmitteln von der Europäischen Kommission unterstützte Arbeit wurde von SAP koordiniert; beteiligt waren Partner aus sieben europäischen Ländern. Das Team konzentrierte sich auf Kerntechnologien, die erforderlich sind, damit die Produkte proaktives Wissen über sich selbst speichern und gemeinsam nutzen können. Dazu mussten sie die Kluft zwischen der allgegenwärtigen Computernutzung, dem Ubiquitous Computing (Schlüsselelement im sogenannten "Internet der Dinge"), und dem Wissensmanagement auf Basis von Ontologien überbrücken. Dabei handelte es sich um eine sehr große technische Herausforderung, insbesondere dann, wenn man es mit vielen verteilten, dynamischen und heterogenen Geräten zu tun bekommt. Allgegenwärtiges Wissen als Selbstverständlichkeit "Wissensbasierte Technologien sind sehr gut dafür geeignet, Dinge zu beschreiben, wenn alles auf die Software beschränkt bleibt, während sich beim Ubiquitous Computing alles um den Anschluss von Sensoren und Aktoren an die Hardware und an eingebettete Systeme dreht. Und so kann man nicht einfach diese Wissenstechnologie in das eingebettete System stecken und erwarten, dass es funktioniert, da die Software und die realen Hardwareumgebungen sehr verschieden sind", erläutert der technische Leiter des Projekts. "Was die Software anbelangt, so können sie das System in einen früheren Zustand zurückversetzen und etwas anderes versuchen, aber bei Hardware geht das nicht so einfach: ist der Dampfgarer schon eingeschaltet und das Wasser kocht, so kann man ihn nicht auf Null setzen und etwas anderes probieren - das ist schlicht unmöglich." Das Team entwickelte deshalb ein Set von Ontologien und Logikverfahren, um proaktives Wissen zu charakterisieren und es in intelligente Produkte einzubetten, wodurch kontextabhängige Interaktionen mit den Nutzern und anderen Produkten unterstützt werden. In einigen Fällen wird das Wissen direkt im Produkt gespeichert, während in anderen Fällen ein simpler RFID-Chip zum Einsatz kommt, um das Produkt zu identifizieren und das Wissen zu diesem zum Beispiel über eine Internetverbindung von einer distributiven Datenbank abzurufen. Das Team entwickelte überdies eine Middleware für das Ubiquitous Computing mit der Bezeichnung MundoCore, die verschiedene Kommunikationsverfahren kombiniert und Interoperabilität gewährleistet. Die Technologie wurde auf Basis von OSGi und Java in die SmartProducts-Plattform integriert und so ausgestaltet, dass alle wesentlichen Dienstleistungen und Funktionalitäten für eine Vielzahl intelligenter Produkte bereitgestellt werden. Drei in reale Szenarien integrierte Demonstratoren beweisen nun, wie vielfältig die Anwendungsmöglichkeiten für das System sind. Das Team wandte die Technologie in Zusammenarbeit mit dem Haushaltselektronikhersteller Philips auf Küchengeräte an und entwickelte intelligente Küchenbretter, Kochtöpfe und einen Cocktailmixer, der den Nutzer in Bezug auf Zutaten, Zubereitungsrezepte und Nährwert anleitet. Ein zweites Szenario betrachtete das Produkt-Lebenszyklus-Management von Fahrzeugen. Das Team demonstrierte zusammen mit dem Centro Ricerche Fiat, wie ein intelligentes Fahrzeug und intelligente Schneeketten miteinander Informationen austauschen und dem Nutzer über sein Smartphone mit Rat und Tat dazu zur Seite stehen können, wie die Schneeketten anzupassen sind. "Nach demselben Konzept könnte man an den Einbau eines Kindersitzes herangehen", merkt Dr. Schreiber an. "Nehmen wir einmal an, Sie mieten ein Auto und bringen Ihren eigenen Kindersitz mit. Jeder Kindersitz und jedes Auto ist anders, und so kann der Einbau richtig schwierig werden: Gehört er auf den Beifahrersitz oder lieber auf die Rücksitzbank? Wie deaktiviert man den Airbag... usw.? Ist der Kindersitz mit einem RFID-Chip zur Identifikation ausgestattet, dann kann ein intelligentes Auto den Chip lesen, automatisch Installationsanweisungen aus dem Internet abrufen und den Nutzer über eine Anzeige im Fahrzeug oder über ein Smartphone durch den Einbau führen." Das dritte Szenario konzentrierte sich auf industriell-technische Anwendungen. Die SmartProducts Projektforscher implementierten gemeinsam mit EADS das System in Werkzeuge und Komponenten, die bei der Flugzeugmontage verwendet werden, um die Techniker während des Fertigungsprozesses zu unterstützen. Kombiniert eingesetzte intelligente Werkzeuge und intelligente Komponenten könnten auf diese Weise menschliche Fehler dramatisch reduzieren, die Arbeitsproduktivität verbessern und Produktionsprozesse beschleunigen. "Anfangs dürften wahrscheinlich Fertigung und Industrie die größten Märkte für intelligente Produkttechnologie sein", erklärt Dr. Oliver Kasten, Forschungsleiter bei SAP Research in Zürich, Schweiz, und technischer Koordinator von SmartProducts. "Es gibt außerdem viele Anwendungsmöglichkeiten für diese Technologie bei Konsumartikeln, wie wir in unserem Projekt gezeigt haben. Der Markt ist jedoch wahrscheinlich für derartige Systeme zu preisempfindlich, als dass sie in naher Zukunft in breiter Front umgesetzt würden." Nach Dr. Kastens Angaben verwerten mehrere der Projektpartner die Ergebnisse des Projekts intern, obwohl es gegenwärtig keine Pläne gäbe, die SmartProducts-Plattform zu einem kommerziellen Produkt weiterzuentwickeln. Dennoch ist ein Großteil der zugrundeliegenden Software in Form von Open-Source-Lizenzen zur Verfügung gestellt worden, damit andere Forscher die Arbeit des Projektteams fortsetzen können. Die MundoCore-Middleware kommt nun beispielsweise im EU-finanzierten Smart-Vortex-Projekt zum Einsatz, das interoperable Tools, Dienstleistungen und Verfahren für großtechnische innovative Engineering-Projekte entwickelt. SmartProducts erhielt Forschungsmittel innerhalb des Siebten Rahmenprogramms der Europäischen Union (RP7). (1) "Proactive knowledge for smart products" Nützliche Links: - Website "Proactive knowledge for smart products" - SmartProducts-Projektfactsheet auf CORDIS Weiterführende Artikel: - Feature Stories - Internet der Zukunft ... sehr vielversprechend und noch besser - Feature Stories - Intelligente Fracht für eine effizientere, grünere Logistik - Feature Stories - Ein intelligenteres Internet aufbauen - Feature Stories - Digitale und virtuelle Welten verschmelzen