Forschung an neuen Grippemedikamenten
Die so genannte saisonale Grippe ist jedes Jahr weltweit für Millionen schwerer Grippeinfektionen verantwortlich, die auch tödlich enden können. Neben den saisonalen Epidemien können durch Mutationen entstandene hochvirulente Virenstämme aber auch Pandemien wie die Spanische Grippe im Jahre 1918 auslösen. Die wirksamste Strategie im Kampf gegen die Ansteckungsgefahr sind noch immer Impfungen, die aber wegen der hohen Mutationsrate des Virus jedes Jahr neu entwickelt werden müssen. Schwerpunkt des EU-finanzierten Projekts FLUCURE (Development of novel antiviral drugs against influenza) war daher eine innovative therapeutische Strategie, die auf den für die Virulenz verantwortlichen RNP-Komplex (Ribonucleoprotein) des Virus abzielt. Aufgrund der niedrigen Mutationsrate des hochkonservierten RNP-Komplexes geht man von einem breiten Wirkspektrum gegen eine Vielzahl von Virenstämmen und einem geringen Resistenzrisiko aus. Hypothesengetriebenes Molekül-Design über wiederholte Zyklen, organische Synthese und pharmazeutische Evaluierung strukturverwandter Leitmoleküle resultierten in mehreren Leitstrukturen. Mittels 3D-Pharmakophormodellierung definierte das Konsortium die für die spezifische Bindung erforderliche Struktur der Liganden. Mithilfe dieses Ansatzes wurden über 500 neuartige Moleküle entwickelt und die vielversprechendsten Kandidaten werden synthetisiert. Intensiv wurde auch an der Entwicklung biophysikalischer Assays gearbeitet, die demonstrieren, wie diese Substanzen mit dem RNP-Komplex interferieren. Ko-Kristallisationsversuche wiederum sollen nun Aufschluss über die genaue Bindungsstelle und -art geben. Bis jetzt hat die Arbeit des Flucure-Projekt zu einem neuen Wirkstoff geführt, der das Influenza-Nukleoprotein mit einer hohen antiviralen Aktivität anzielt, was zu einer Patentanwendung führte. Angesichts des Ausmaßes des Influenzaproblems auf der Welt werden die Produkte von Flucure möglicherweise wichtige Folgen für den Schutz der Gesundheit der europäischen Bürger haben. Das breite Anwendungsgebiet des Flucure-Ansatzes bedeutet, dass im Falle einer Pandemie, an der ein hoch pathogenes Virus wie H5N1 beteiligt ist, die betroffenen Personen behandelt werden können, noch bevor der exakte virale Stamm bestimmt wurde.