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Möglichkeiten für die Zukunft der Kernfusionsforschung in Europa

Die Europäische Kommission hat ein Papier vorbereitet, das vorstellbare Szenarios für die Zukunft der europäischen Forschung über die Entwicklung von Kernfusion als Energiequelle darstellt. Das als Beitrag zur Debatte über das Fünfte Rahmenprogramm verfaßte Papier wurde im Mai...

Die Europäische Kommission hat ein Papier vorbereitet, das vorstellbare Szenarios für die Zukunft der europäischen Forschung über die Entwicklung von Kernfusion als Energiequelle darstellt. Das als Beitrag zur Debatte über das Fünfte Rahmenprogramm verfaßte Papier wurde im Mai 1997 vom Rat erbeten. Es stellt sechs Szenarios mit schätzungsweisen Kosten dar, die vom Abbruch der Forschung auf europäischer Ebene über ihre Fortsetzung auf der derzeitigen Ebene bis zum Steigern der Bemühungen in Europa unabhängig von Japan, Rußland und den USA reichen. Die Nutzung der Kernfusion verspricht potentiell sichere und saubere Energie mit praktisch unerschöpflichen Brennstoffquellen. Fusionsenergie ist aber noch Jahrzehnte davon entfernt, als kommerzielle Energiequelle genutzt werden zu können, weshalb der Großteil der Kosten ihrer Entwicklung von öffentlichen Behörden getragen werden muß. Zur Zeit bringt das Programm Fusion der Gemeinschaft alle Fusionsforschung in der EU und der Schweiz mit dem langfristigen Ziel des "gemeinsamen Baus von Reaktorprototypen" zusammen. Europäische Ausgaben für die Fusionsforschung betragen im Vierten Rahmenprogramm (1994-1998) jährlich fast 500 Mio. ECU, wobei der Gemeinschaftshaushalt etwa 40 % davon aufbringt. Derzeitige Bemühungen, vor allem der Gemeinsame Europäische Torus und ähnliche Einrichtungen in Japan und den USA, sind auf die Entwicklung der Grundlage für den Entwurf und den Betrieb eines Versuchsprojektors im Maßstab 1:1 (der "Next Step") konzentriert. Forschung auf dieser Ebene hat ergeben, daß Europa eines der führenden Länder im Bereich der Fusionsforschung weltweit ist und den hohen Grad an Know-How europäischer Wissenschaftler demonstriert. Die EU trägt zusammen mit den USA, Japan und Rußland zum Entwurf des "Next Step" bei, dem Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktor (ITER), der die wissenschaftliche und technologische Durchführbarkeit der Fusionskrafterzeugung sowie ihre Sicherheit und ihr Umweltschutzpotential demonstrieren soll. Nach erfolgreichem Abschluß dieses Vorhabens würde ein Demonstrationsreaktor gebaut werden, der beträchtliche Mengen elektrischer Energie erzeugen könnte. In bezug auf den Bau des ITER werden Entscheidungen der verschiedenen Partner erst nach der Jahrtausendwende erwartet. Die von der Kommission dargestellten sechs vorstellbaren Szenarios mit den für die Dauer des Fünften Rahmenprogramms (1999-2002) geschätzten erforderlichen gemeinschaftlichen Fördermitteln sind wie folgt: - Vollständiger Abbruch der Fusionsforschung in der Gemeinschaft: In diesem Szenario würde die Fusionsforschung weltweit verlangsamt. Im Fall, daß Länder außerhalb Europas die Forschung fortsetzten und erfolgreich wären, würde Europa den zukünftigen Markt verlieren. Selbst in diesem Szenario würden je nachdem, wie schnell die europäische Forschung beendet werden würde, immer noch rund 40 Mio. ECU bis 350 Mio. ECU aus dem Haushalt der Gemeinschaft während des Fünften Rahmenprogramms benötigt werden. - Wissenschaftsorientierung/Wissenschaftsbeobachtung: Hierbei würde die gemeinsame Grundlagenforschung fortgesetzt werden, das Endziel wäre aber nicht der Bau eines Reaktorprototyps. Dies könnte mit einer "Beobachtungsinstruktion" über die Fusionsentwicklung anderorts kombiniert werden, sofern ein Versuchsreaktor gebaut würde. Ohne Brennpunkt würde dieses Szenario den europäischen Einfluß und europäisches Know-How rasch fast so stark abbauen wie das vorangehende Szenario, obwohl die Kommission schätzt, daß der Bedarf für Fördermittel der Gemeinschaft für die Dauer des Fünften Rahmenprogramms bei 750 Mio. ECU liegen würde. Erweiterung der derzeitigen technischen Planungstätigkeiten für ITER: In diesem Szenario würden die laufenden Tätigkeiten in der Vorbereitung auf den Bau des ITER, deren Abschluß für Juli 1998 geplant ist, erweitert werden. Eine Entscheidung über den Bau des ITER würde erst gegen Ende des Fünften Rahmenprogramms getroffen werden. Dieses Szenario würde natürlich mit den anderen ITER-Partnern vereinbart werden müssen, würde aber im Grunde genommen die Fortsetzung bestehender Tätigkeiten mit ähnlichen Kosten umfassen - etwa 900 Mio. ECU für den Zeitraum 1999 - 2002. - Beginn der ITER-Konstruktionsphase außerhalb der EU: Wenn sich alle Parteien zur Teilnahme an ITER verpflichten, würde mit den letzten Vorbereitungen 1998 begonnen werden und mit dem Bau im Jahr 2002. Um genug Einfluß zu behalten, müßte der Anteil der Gemeinschaft mindestens 20 % betragen. Die Kosten für den Haushalt der Gemeinschaft würden auf ein Minimum reduziert, was für den Zeitraum des Fünften Rahmenprogramms rund 925 Mio. ECU betragen würde. Für die Zeit nach 2002 würden die Fördermittel der Gemeinschaft für den Fusionsbereich pro Jahr rund 250 Mio. bis 275 Mio. ECU betragen. Der Bau des ITER außerhalb der EU würde jedoch bedeuten, daß die Europa zufallenden Vorteile vermindert würden. - Bau des ITER innerhalb der EU: Bei einem Zeitplan wie dem obigen würde dieses Szenario bereits getätigte EU-Investitionen in den Fusionsbereich optimal ausnutzen und den Einfluß der EU auf die Fusionsentwicklung maximieren. Europa würde vielleicht rund 60 % der Kosten tragen müssen, wobei der Mitgliedstaat, in dem der Bau erfolgen würde, fast die Hälfte dieses Betrags beitragen müßte. Unter dieser Voraussetzung würden sich die Fördermittel der Gemeinschaft während des Fünften Rahmenprogramms auf rund 975 Mio. ECU belaufen. Nach 2002 würde der jährliche Beitrag der Gemeinschaft im Bereich von 325 Mio. bis 375 Mio. ECU liegen. - Unabängiger Bau eines ITER-ähnlichen Reaktors in Europa: Wenn Europa die Forschung allein fortsetzt, würden die Vorteile hinsichtlich dem Schutz geistigen Eigentums und dem Marktpotential maximiert, während der Betrieb und die Verwaltung des Projekts vereinfacht würden. Die Kosten für Europa wären hierbei zwangsläufig höher, der Haushalt der Gemeinschaft würde eventuell für rund 66 % der Kosten aufkommen müssen. Dem ausführenden Mitgliedstaat würden weitere 25 % der Kosten zufallen und die restlichen Kosten würden aus anderen Quellen bestritten werden. Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen würden die Gemeinschaftszuschüsse im Zeitraum des Fünften Rahmenprogramms rund 1,1 Mrd. ECU und in den Jahren nach 2002 dann rund 550 Mio. bis 600 Mio. ECU betragen. Die Strategie der Gemeinschaft kann nicht isoliert entschieden werden, da Entscheidungen über ITER von allen Partnern abhängen. Die Kommission schlägt unter Berücksichtigung der potentiellen Vorteile und der seit 30 Jahren bereits durchgeführten Arbeit vor, daß Europa die integrierte Art und die Reaktororientierung der Bemühungen der Gemeinschaft in der Fusionsforschung und -entwicklung weiterhin erhalten muß, wodurch die beiden ersten Szenarios ausgeschlossen werden. Gleichermaßen schließt die Kommission angesichts der Kosten dieser Möglichkeit und der Vorteile der globalen Partnerschaft vorläufig auch das letzte Szenario aus. Die Kommission hält zwar den Bau des Iter für die beste Option, sie ist aber der Ansicht, daß es verfrüht wäre, schon jetzt mit dem Bau des ITER zu beginnen, sei es inner- oder außerhalb Europas. Sie bevorzugt deshalb das dritte Szenario, bei dem der derzeitige Grad der Bemühungen während des dreijährigen Zeitraums aktiver Vorbereitungen effektiv beibehalten würde, bevor eine Entscheidung über den Bau des Next Step, vorzugsweise im Rahmen von ITER, gegen Ende des Fünften Rahmenprogramms getroffen wird.

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