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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Besorgnis erregende Studienergebnisse: Auch Mittelmeermöven zeigen Antibiotikaresistenzen

Fast die Hälfte aller Mittelmeermöwen beherbergt Bakterien, die gegen bestimmte Antibiotika resistent sind: Dieses überaus alarmierende Ergebnis ergab eine EU-finanzierte Forschungsstudie. Da diese Vögel überraschenderweise die gleichen Antibiotikaresistenzmuster wie wir Mensc...

Fast die Hälfte aller Mittelmeermöwen beherbergt Bakterien, die gegen bestimmte Antibiotika resistent sind: Dieses überaus alarmierende Ergebnis ergab eine EU-finanzierte Forschungsstudie. Da diese Vögel überraschenderweise die gleichen Antibiotikaresistenzmuster wie wir Menschen aufweisen, signalisiert die Entdeckung gar nichts Gutes im Kampf gegen eine für unsere Gesellschaft sehr bedrohliche Gesundheitsgefahr: Bakterien, die Resistenzen gegen Arzneimittel entwickeln. Die im Rahmen des NEW-FLUBIRD-Projekts gewonnenen Erkenntnisse wurden in der Zeitschrift PLoS (Public Library of Science) ONE veröffentlicht. NEW-FLUBIRD erhielt innerhalb der Haushaltslinie "Politikorientierte Forschung" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) Mittel in Höhe von 1,86 Mio. EUR. Hauptziel des Projekts war der Aufbau eines Netzwerks von Experten, die kritische Frühwarn- und Risikobewertungssysteme in Echtzeit bereitstellen sollen, wenn aus Vogelgrippeviren unter Zugvögeln abzuleitende Gesundheitsbedrohungen festgestellt werden. Innerhalb dieser Studie überprüfte ein Forscherteam von der Universität Uppsala in Schweden das Vorhandensein von Antibiotikaresistenzen bei zwei Populationen Mittelmeermöwen (Larus michahellis) in Südfrankreich. "Möwen haben Verhaltensweisen entwickelt, die einen immer engeren Kontakt zu uns Menschen zur Folge haben, und [so] ergeben sich auch Möglichkeiten zum Austausch von Bakterien", wie Forschungsleiterin Dr. Mirva Drobni erklärt. "Das ist der Grund, warum es überaus interessant ist, gerade sie zu untersuchen." Die Ergebnisse des Forscherteams wiesen bei von den Möwen genommenen Proben ein hohes Maß an allgemeiner Antibiotikaresistenz für Escherichia coli (E. coli) nach. "Fast die Hälfte der Isolate (47,1%) waren gegen ein Antibiotikum oder mehrere Antibiotika (bei insgesamt sechs Antibiotika) resistent, und die Resistenz gegen Tetracyclin, Ampicillin und Streptomycin war sehr häufig." Bei fast 10% der Möwen fanden sich Bakterien, die ESBL-Enzyme (Extended-Spectrum-Beta-Lactamase) bilden. Diese Bakterien - wie zum Beispiel E. coli und Klebsiella - sind seit den achtziger Jahren bekannt und stehen nun auf der Liste der problematischsten Infektionen, die man sich im Krankenhaus zuziehen kann. Die mit diesen Bakterien verbundene doppelte Bedrohung besteht darin, dass sie einerseits gegen starke Antibiotika resistent sind und sich andererseits auch noch sehr schnell verbreiten können. Das Team aus Uppsala konnte auf überzeugende Weise zeigen, dass das Resistenzmuster dieser Möwen dem von Menschen gleicht - was miteinander ausgetauschte Bakterien und Resistenzsysteme bedeutet. Kaum zu glauben, aber wahr: Vögel und Menschen werden von den gleichen Escherichia coli-Populationen heimgesucht. "Mehrere von den Vögeln isolierte ESBL-produzierende E. coli-Stämme waren mit Isolaten menschlichen Ursprungs identisch oder bildeten Cluster mit diesen", schreiben die Wissenschaftler. "Die wilden Vögel infizieren sich mit E. coli menschlichen Ursprungs, übernehmen damit auch die Merkmale menschlicher Resistenz und können daher ein Sammelbecken bzw. einen Schmelztiegel bakterieller Resistenz mit einem gewissen Potenzial zur erneuten Infektion der menschlichen Bevölkerung bilden." Dr. Drobni fasst zusammen: "Diese Ergebnisse sind Besorgnis erregend, da sie außerdem auch noch bei den von den Möwen stammenden Bakterien ein höheres Maß an Resistenz aufzeigen, als wir bei den Menschen der gleichen Region feststellten. Derzeit wissen wir nicht, ob die Möwen nur ein Speicher der Antibiotikaresistenz sind oder ob sie darüber hinaus eine Quelle der weiteren Verbreitung auf den Menschen darstellen."

Länder

Schweden

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