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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Sequenziertes Seegrasgenom hilft bei der Lösung des Evolutionspuzzles

Durch die EU finanzierte Wissenschaftler haben das Genom einer Braunalgenart mit dem Namen Ectocarpus siliculosus sequenziert und analysiert. Die in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Erkenntnisse werfen neues Licht auf die Evolution von Vielzelligkeit und enthüllen, wie ...

Durch die EU finanzierte Wissenschaftler haben das Genom einer Braunalgenart mit dem Namen Ectocarpus siliculosus sequenziert und analysiert. Die in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Erkenntnisse werfen neues Licht auf die Evolution von Vielzelligkeit und enthüllen, wie Meeresalgen sich an das harte Leben in Gezeitengewässern angepasst haben. Die EU-Mittel für die Arbeit stammen aus dem Projekt MARINE GENOMICS ("Implementation of high-throughput genomic approaches to investigate the functioning of marine ecosystems and the biology of marine organisms"), das 10 Mio. EUR unter dem Themenbereich "Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) erhalten hatte. Wissenschaftler interessieren sich für Braunalgen aus mehreren Gründen. Erstens bilden sie eine von lediglich fünf Gruppen von Organismen mit komplexen vielzelligen Lebensformen, neben Tieren, Pflanzen, Pilzen und Rotalgen. Zweitens produzieren sie aufgrund ihres ungewöhnlichen Stoffwechsels eine Reihe von Molekülen, für die sich verschiedene Industriebranchen interessieren. Beispielsweise werden Polysaccharide aus Braunalgen bereits in der Pharma-, der Lebensmittel- und Textilindustrie verwendet und jüngste Forschungen haben gezeigt, dass Braunalgen ein Molekül produzieren, dass die Abwehrmechanismen von Nutzpflanzen stimuliert. E. siliculosus wird bis zu 20 cm lang, ist eng verwandt mit Seetang und kommt in felsigen Küsten mittlerer Breiten auf der ganzen Welt vor. Ihr Genom umfasst 214 Millionen Basenpaare, die etwa 16.000 Genen zugeordnet werden können. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich Tiere, Pflanzen, Pilze, Rotalgen und Braunalgen jeweils unabhängig voneinander zu vielzelligen Lebensformen entwickelt haben. Allerdings zeigen Analysen des Genoms der Braunalge, dass sie scheinbar viele der gleichen molekularen "Tricks" benutzt, die auch Pflanzen und Tiere einsetzen, um Vielzelligkeit zu erreichen. "Und tatsächlich haben wir bei den Braunalgen besonders viele Gene für sogenannte Kinasen, Transporter und Transkriptionsfaktoren gefunden", erläuterte Klaus Valentin vom Alfred-Wegener-Institut in Deutschland, einer der Autoren des Artikels. "Solche Gene kommen auch bei Landpflanzen häufig vor, und wir vermuten, dass sie für die Entstehung vielzelliger Organismen eine große Bedeutung besitzen." Die Wissenschaftler waren auch darauf bedacht zu erforschen, wie die Gene von E. siliculosus der Lebensform dabei helfen, in dem schwierigen Küstenraum zu gedeihen. "Die seichten Gewässer der Gezeitenzone sind ein attraktiver Lebensraum für marine, ortsgebundene, fotosynthetische Organismen, wo diese sowohl einen Untergrund als auch Licht finden", schreiben die Forscher. "Allerdings bietet die Küstenumwelt auch einige Widrigkeiten wie beispielsweise die mit den Gezeiten kommenden Veränderungen von Lichtintensität, Temperatur, Salzgehalt und Wellentätigkeit." "Der Forschungsgruppe zufolge "weisen verschiedene Eigenschaften des Genoms von Ectocarpus darauf hin, dass diese Alge wirksame Mechanismen für das Überleben in dieser Umgebung entwickelt hat." Beispielsweise scheint sie ein komplexes System für die Fotosynthese zu haben, durch das sie sich an die sehr unterschiedlichen Lichtbedingungen bei Ebbe und Flut anpassen kann. Sie verfügt außerdem über eine Vielzahl von Bestandteilen zum Schutz gegen ultraviolette Strahlung sowie über Enzyme, mit denen sie die Unwirtlichkeiten der Küstengewässer ertragen kann. "Vor dem Hintergrund des Klimawandels interessiert uns nun, wie anpassungstolerant Braunalgen an UV-Licht und steigende Temperaturen sind", sagte Dr. Valentin. "Außerdem sind Braunalgen erdgeschichtlich viel älter als die Landpflanzen. Die Vielfalt ihrer Stoffwechseleigenschaften ist enorm, aber kaum erforscht. Wenn wir die Fähigkeiten, die in ihrem Erbgut enthalten sind, besser kennen lernen, könnten sich daraus auch Ansatzpunkte für neue Produkte und Technologien ergeben."

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