Wie das Gehirn visuelle Reize selektiert
Studien zu visueller Wahrnehmung und Aufmerksamkeit deuten zum Großteil darauf hin, dass, selbst wenn sich die Aufmerksamkeit auf ein einzelnes Merkmal richtet, unbewusst wieder das gesamte Objekt und dessen ganze Bandbreite an Merkmalen erfasst wird. Beim Fußball etwa richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Richtung, in die der Lieblingsspieler läuft. Allerdings wird die Aufmerksamkeit auch ungewollt durch weitere Merkmale wie die Hemdfarbe des Spielers abgelenkt. Das EU-finanzierte Projekt "Revealing the neural mechanisms of attentional selection in the human visual cortex" (VISUAL ATTENTION) untersuchte die neuronalen Mechanismen selektiver Wahrnehmung und verwendete hierfür Methoden aus der Verhaltensforschung, theoretische Modelle sowie Neuroimaging- in Kombination mit neuen Decodierungsverfahren. So sollte ermittelt werden, ob die kortikale Selektivität für visuelle Merkmale durch gelenkte (top down) Aufmerksamkeit moduliert wird. Die Ergebnisse zeigen, dass durch zielgerichtete Aufmerksamkeit ein aufgabenrelevantes Merkmal besser wahrgenommen wird, etwa die Bewegungsrichtung, und dass die Aufmerksamkeit nicht notwendigerweise auf irrelevante Faktoren umschwenkt. Ferner ist für die neuronale Reaktion auf die Stimulation die Art der Aufmerksamkeit entscheidend. Die Forschung zeigt auch, dass durch intensives Training mit einer Wahrnehmungsaufgabe die neuronale Repräsentation verhaltensrelevanter Informationen verbessert werden kann, insbesondere kann visuelle Aufmerksamkeit den Trainingseffekt auf kritische Weise verbessern. Damit wurde der Kenntnisstand zu den neuronalen Grundlagen selektiver Wahrnehmung deutlich erweitert, was für Theorien zur visuellen Aufmerksamkeit und kortikalen visuellen Funktion von Bedeutung ist. VISUAL ATTENTION lieferte Daten zu wichtigen neuronalen Mechanismen der Reaktion auf visuelle Reize und der Art und Weise, wie diese durch Aufmerksamkeit moduliert werden. Studien dieser Art erweitern damit nicht nur das Grundlagenwissen zu Hirnfunktionen, sondern sind auch praktisch von Interesse, etwa für Werbeagenturen, Hersteller, Entwickler von Videospielen und Hersteller von Bildungsmaterial.
Schlüsselbegriffe
Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, neuronale Mechanismen, selektive Aufmerksamkeit, Sehrinde