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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Veröffentlichen oder patentieren? EU-Studie befasst sich mit dem Dilemma der Wissenschaftler

Eine von der Europäischen Kommission veröffentlichte Umfrage hat herausgefunden, dass man im akademischen Bereich bei erstmaliger Veröffentlichung und vor Gewährung eines Patentes den Schutz wissenschaftlicher Ergebnisse bevorzugt; die Industrie hingegen sei gegen eine derarti...

Eine von der Europäischen Kommission veröffentlichte Umfrage hat herausgefunden, dass man im akademischen Bereich bei erstmaliger Veröffentlichung und vor Gewährung eines Patentes den Schutz wissenschaftlicher Ergebnisse bevorzugt; die Industrie hingegen sei gegen eine derartige Initiative, und die KMU haben zu diesem Punkt keine einheitliche Meinung. Die Untersuchung wurde angefordert gemäß der EU-Richtlinie "Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen", die verlangt, dass die Kommission einen Bericht darüber verfasst, wie sich unterlassene oder verspätete Veröffentlichung von Beiträgen zu Themen, die patentfähig sein könnten, auf die Grundlagenforschung im Bereich Gentechnik auswirken könnte. Die Untersuchung führten die GD Binnenmarkt und GD Forschung der Europäischen Kommission durch. Forschungsinstitute, Universitäten und kleine Biotechfirmen möchten manchmal Patentanmeldungen einreichen, zugleich jedoch auch die Ergebnisse ihrer Forschung so schnell wie möglich der Wissenschaftsgemeinde und Investoren mitteilen. Der Konflikt zwischen Schutz und Veröffentlichung kann dazu führen, dass die Veröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse verzögert wird, wodurch sich die Verbreitung wissenschaftlichen Know-hows und dadurch der Fortschritt verlangsamt. Ein effizientes Patentsystem hingegen gewährleistet die Veröffentlichung von Ergebnissen, die ansonsten unter Umständen vertraulich geblieben wären. Die Studie fand heraus, dass verspätete Veröffentlichungen erfolgen, allerdings umso seltener, je erfahrener der Nutzer des Patentsystems ist. Bei erfahrenen Nutzern kommt es in weniger als 20 Prozent aller Fälle zu erheblichen Verzögerungen (20 Prozent bei akademischen Einrichtungen und 8 Prozent bei der Industrie). "Es ist im Grunde allen klar, dass kleine und innovative Unternehmen sowie junge Forscher europäischen Patentschutz benötigen. Dies trifft insbesondere auf sich schnell entwickelnde Sektoren wie die Biotechnologie zu, wo Europa eine echte Chance hat, an die Weltspitze zu gelangen und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Kommission hat in ihrem strategischen Plan für Biowissenschaften deutlich aufgezeigt, dass im Patentschutz für Industriestaaten gleiche Wettbewerbsbedingungen erforderlich sind", sagte EU-Forschungskommissar Philippe Busquin. "Diese Studie betont einmal mehr die Forderung nach kostengünstigem und leicht zugänglichem Patentschutz für die gesamte EU. Deshalb ist es wesentlich, dass unser Vorschlag für ein Gemeinschaftspatent unverzüglich angenommen wird", fügte der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Frits Bolkestein hinzu. Der Bericht empfiehlt, vermehrt Anstrengungen darauf zu verwenden, den Begriff einer "Gnadenfrist" für die gesamte EU zu definieren und zu harmonisieren, warnt allerdings davor, dass ein neues Patentsystem auf globalem Niveau nur dann funktionieren wird, wenn es rechtliche Sicherheit bietet, eines der Hauptanliegen der industriellen Nutzer des Patentsystems. Um die Nutzung des Patentsystems durch Wissenschaftler und KMU (kleine und mittlere Unternehmen) zu vereinfachen, macht der Bericht folgende Vorschläge: Einführung eines vorläufigen Patentanmeldungssystems in allen Mitgliedstaaten, Unterstützung und Beratung für Wissenschaftler und KMU bei der richtigen Nutzung des Patentsystems und der strategischen Nutzung geistiger Eigentumsrechte sowie ein einfaches und kosteneffizientes Patentsystem durch das Gemeinschaftspatent. Aus der Industrie und öffentlichen Forschungseinrichtungen kamen unterschiedliche Antworten darauf, wie ihrer Meinung nach Verzögerungen bei der Veröffentlichung am besten vermieden werden können. Unternehmen aller Größen hielten die vorläufige Patentanmeldung für die effizienteste Maßnahme und die Großindustrie war strikt gegen eine "Gnadenfrist". Die Wissenschaft hielt die "Gnadenfrist" für besonders wichtig, um Verzögerungen bei der wissenschaftlichen Publikation zu minimieren. Unterstützung und Beratung bei der Patenteinreichung kamen auf Platz zwei. Die Untersuchung ergab, dass nahezu die Hälfte der befragten Forscher aus dem akademischen Bereich, die bislang noch keine Erfahrung mit dem Patentsystem hatten, erwarten, dass dieses zu beträchtlichen Verzögerungen führt. Deshalb empfehlen die Verfasser des Berichts die Umsetzung von Informationskampagnen und Unterstützungsaktivitäten, wodurch derartigen Empfindungen entgegengewirkt und den Forschern geholfen werden soll, mit dem Patentsystem vertrauter zu werden.

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