Neue intelligente Brille kann mit Blinden sprechen
Es ist eine der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, Sehbehinderten und Blinden die Möglichkeiten zu geben, sich in ihrer Umgebung zurecht zu finden und damit eine höhere Lebensqualität zu genießen. Zwar haben medizinische Fortschritte bereits die Behandlung vieler Augenpatienten verbessert, doch die Betroffenen, denen medizinisch nicht geholfen werden kann, profitieren jetzt von künstlicher Intelligenz und revolutionärer Assistenztechnologie. Besser als Hunde und Stöcke Das EU-finanzierte Projekt EVA hat sprachgesteuerte Brillen für Sehbehinderte entwickelt. EVA steht für „Extended Visual Assistant“ und basiert auf maschinellem Sehen, das Objekte, Texte und Zeichen erkennt und das Gesehene verbal beschreibt. „Die Informationstechnologie bietet ganz verschiedene Lösungen für die Probleme, die Blinde jeden Tag meistern müssen“, sagt Krisztián Imre, CEO des gerade entstehenden Unternehmens EVA Vision und Produktgestalter bei EVA. „Ein Computer kann zum Beispiel Texte laut vorlesen, Apps im Smartphone können Objekte, Piktogramme oder Farben erkennen“, so Imre weiter. Traditionell werden Blindenstöcke und ausgebildete Blindenhunde eingesetzt, um Sehbehinderten bei der Orientierung zu helfen. Aber Stöcke können nur Objekte auf dem Boden anzeigen und Hunde sind oft zu teuer oder nicht in ausreichender Menge verfügbar. „Unsere kostengünstige, verlässliche Mobilitätshilfe erlaubt es Sehbehinderten, sich sicherer und unabhängiger zu bewegen, also auch eine reicheres und sozialeres Leben zu führen“, erklärt er. Hightech-Brillen mit Internetzugang Als Forscher für EVA zunächst das Leben ohne Sehkraft untersuchten, stellten sie fest, dass Mobilität und Transport die größten Problemfelder sind. „Wir wollten ein leichtes, tragbares Assistenzwerkzeug entwerfen, das so lange wie möglich arbeiten kann“, erklärt Imre. Deswegen entschied sich das Team nicht für ein normales Universalbetriebssystem, sondern suchte ein System mit niedrigem Energieverbrauch, das zudem kostengünstig sein sollte. Daraus entstand eine Reihe von Prototypen schicker, leichter Brillen mit unauffälliger Kamera, Mikrofon, Lautsprecher und Bedientasten. „Die EVA-Brille sammelt audiovisuelle Daten und verarbeitet sie vorab, erst dann sendet sie sie auf das Smartphone des Trägers. Dort werden sie weiterverarbeitet und können als hörbare Orientierungshilfe an den Nutzer ausgegeben werden“, fasst Imre zusammen. Die Bedienung ist für den Träger intuitiv und kann nicht nur über Tasten am Gestell erfolgen, sondern auch mit Gesten, Kopfbewegungen und Sprachsteuerung. Viele Vorteile für Blinde Die soziale Isolation sinkt und Blinde bekommen mehr Autonomie, aber die Gläser können auch Drucksachen lesen, Objekte erkennen und die Position des Trägers sprachlich ausgeben, wodurch ein Gefühl der Sicherheit entsteht. „Mit der Brille kann man auch telefonieren oder SMS lesen und auch Antworten schreiben“, betont Imre. Zukünftig soll die Brille auch in der Lage sein, Sehbehinderte auf autonome Fahrzeuge und E-Autos in der Nähe hinzuweisen, die leiser sind als normale Autos. EVA-Technologie ist mit Kooperativen Intelligenten Verkehrssystemen (C-ITS) kompatibel, die Fahrzeuge miteinander und mit der Verkehrsinfrastruktur (zum Beispiel Ampeln) verbinden, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. „Mit Informationen zur Anzeige der Ampel wissen die Blinden, wann sie die Straße sicher überqueren können“, bestätigt Imre. „Blinde könnten mit C-ITS auch ein Umschalten auf Grün anfordern, wenn es die Verkehrsführung an dieser Stelle gerade zulässt“, fügt er hinzu. Aktuell stellt das Unternehmen um die 200 Exemplare der intelligenten Brille her, die zwar noch nicht auf den Markt kommen, aber in einem groß angelegten weltweiten Test auf ihre Navigation und Hinderniserkennung geprüft werden sollen. Auch in europäischen Ländern werden die Brillen mit der Unterstützung blinder Freiwilliger getestet. Das erhaltene Feedback soll dann zur Feinabstimmung des Produkts genutzt werden. „Wir machen die Brille auch bekannt: auf Messen und Konferenzen, aber wenn möglich auch in Partnerschaften mit Vertriebshändlern, Versicherungsgesellschaften und Gesundheitssystemen“, so Imre. Sobald dieses Wunder der Technologie auf dem Markt ist, werden viele Blinde aber auch ihre Begleitpersonen davon profitieren können.
Schlüsselbegriffe
EVA, blind, sehbehindert, intelligente Brille, Assistenztechnologie, Sehhilfe, Mobilitätshilfe