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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Zulassung neuer Alternativmethoden zu Tierversuchen

Sechs neue, alternative Testverfahren, die bei der Entwicklung bestimmter Arzneimittel und Chemikalien Tierversuche ersetzen können, sind vom Europäischen Zentrum zur Validierung alternativer Methoden (ECVAM) der EU entwickelt und von seinem wissenschaftlichen beratenden Aussc...

Sechs neue, alternative Testverfahren, die bei der Entwicklung bestimmter Arzneimittel und Chemikalien Tierversuche ersetzen können, sind vom Europäischen Zentrum zur Validierung alternativer Methoden (ECVAM) der EU entwickelt und von seinem wissenschaftlichen beratenden Ausschuss genehmigt worden. Die neuen Testverfahren arbeiten zur Bestimmung verunreinigter Arzneimittel und der Toxizität von Krebsmedikamenten mit Zellkulturen statt mit Tieren. Dr. Thomas Hartung, Leiter des ECVAM, sagte im Interview mit CORDIS-Nachrichten, die neuen Testverfahren würden jährlich das Leben von rund 200.000 Kaninchen retten, die vormals zum Testen solcher Substanzen herangezogen wurden. Die neuen Testverfahren sind außerdem präziser als Tierversuche, sodass Mittel und Substanzen, die auf dieser Grundlage entwickelt werden, sicherer sind. Dr. Hartung betonte seine Freude über die Zulassung der neuen Testverfahren: "In nur einem Tag ist die Zahl der zugelassenen Methoden um 40 Prozent gestiegen." Waren es zuvor nur 17, so verfügt das ECVAM nun über 23 zugelassene, alternative Testmethoden. Aufgrund von Änderungen in der EU-Gesetzgebung musste das ECVAM seine Anstrengungen intensivieren, so Dr. Hartung. Er fügte hinzu, das ECVAM rechne noch in diesem Jahr mit der Zulassung vier bis fünf weiterer Methoden. Einer dieser Tests zielt darauf ab, die Dosierung hochtoxischer Medikamente, die in der Chemotherapie zum Einsatz kommen, leichter bestimmen zu können. Zwar werden zum Testen dieses Arzneimittels, das Krebspatienten das Leben retten kann, künftig keine Kaninchen mehr benötigt, allerdings kommen im Rahmen dieser Versuchsmethode Mäuse zum Einsatz. Das neue Testverfahren arbeitet mit menschlichen Nabelschnurblutzellen und Knochenmarkkulturen von Mäusen. Die Mäuse werden vor Versuchsbeginn betäubt, haben aber keine Überlebenschance, erläuterte Dr. Hartung. Dank der neuen Testmethode sinkt das Risiko einer tödlichen Überdosis beim ersten Patientenkollektiv, dem dieses Medikament verabreicht wird. Dieses Risiko kann mit gegenwärtigen vorklinischen Testverfahren nicht bestimmt werden. Die anderen fünf Versuche dienen dazu, Arzneimittel auf Bakterien zu überprüfen. Aufgabe unseres Immunsystems ist es, Bakterien zu bekämpfen. Es kann allerdings nicht zwischen lebenden und toten Bakterien unterscheiden. Auch sterile Arzneimittel können Spuren toter Bakterien aufweisen. Wenn das Immunsystem diese Bakterien bemerkt, kann das Fieberschübe, Schmerzen und Schockzustände auslösen. Bei dem neuen Testverfahren kommen laborgezüchtete, menschliche Immunzellen zum Einsatz, die auf Bakterien ebenso reagieren wie das menschliche Immunsystem. Und auch diese neuen Tests sind beim Feststellen kontaminierter Medikamente wirksamer als Tierversuche, die man bislang zu diesem Zweck durchgeführt hat. Forschungarbeiten des ECVAM werden durch die Forschungsrahmenprogramme der EU gefördert. Das aktuelle Programm ist das Sechste Rahmenprogramm (RP6). Sie werden von den EU-Mitgliedstaaten, der Industrie und Tierschutzorganisationen unterstützt. Das Zentrum gehört zur Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der EU. Der Tierschutzverband Eurogroup for Animal Welfare begrüßte die Neuigkeiten des ECVAM "Wir sind hocherfreut über die Fortschritte, die im Rahmen des Sechsten Rahmenprogramms erzielt werden. Dies sind gute Vorzeichen für das Siebte Rahmenprogramm", so Pressesprecher Mark Redgrove. Die Zulassung dieser Alternativmethoden fällt in eine Zeit, die neue Fragen nach dem Wert von Tierversuchen aufwirft. Laut Berichten führte eine Medikamentenstudie im März im VK bei sechs Probanden zu mehrfachem Organversagen. "Tierversuche geben Aufschluss über Reaktionen beim Tier, nicht beim Menschen. Die Ergebnisse von Tierversuchen geben keine Garantie für die Sicherheit oder Wirksamkeit von für den Menschen bestimmten Medikamenten oder anderen Produkten, da es grundlegende biologische, anatomische und biochemische Unterschiede zwischen den Arten gibt. Es liegen unzählige Beispiele von Medikamenten vor, die aufgrund von Tierversuchen als sicher eingestuft und auf den Markt gebracht worden sind und dann beim Menschen schwerwiegende Nebenwirkungen ausgelöst oder gar zum Tod geführt haben", liest man in einer Stellungnahme von Alistair Currie von der British Union for the Abolition of Vivisection (BUAV). Es ist allerdings unklar, ob die Teilnehmer der im VK durchgeführten Studie an unvorhergesehenen Nebenwirkungen gestorben sind, ob bei der Herstellung der Medikamente ein Problem, beispielsweise Verunreinigung, aufgetreten war oder ob ein Dosierungsfehler vorlag. Die britische Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) untersucht derzeit, wo der Fehler zu suchen ist.

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