Historische Entwicklung unserer heutigen Rechte
Im EU-finanzierten Projekt EMPIREHURIGHTS wurden die historischen Ursprünge und Wahrnehmungen von Menschenrechten in der frühen Neuzeit ermittelt und analysiert. Da hier über den nordeuropäischen und protestantischen Referenzrahmen hinausgeblickt wird, auf den sich Wissenschaftler in diesem Bereich normalerweise beschränken, trägt das Projekt zu einem differenzierteren Verständnis von Menschenrechten bei. Die Projektstipendiatin Professor Graça Almeida Borges konzentrierte sich dabei auf vier komplexe und vielschichtige Probleme: Gewalt, indigene Rechte, religiöse Differenzen und Sklaverei. „Diese Probleme gehörten zum Kolonisationsprozess der frühen Neuzeit und können aus heutiger Sicht im Bezug auf Menschenrechte interpretiert werden“, erklärt sie. Verbundene Geschichten Die Forschungsarbeiten befassten sich tiefer damit, wie europäische Nationen mit diesen Problemen umgegangen sind, insbesondere in den Jahren 1580-1640. In diesem Zeitraum stiegen Portugal und Spanien vereint unter der katholischen Monarchie zu einem Iberischen Reich von fast globalem Ausmaß auf. Darum ging man bei der Forschung darauf ein, wie im 16. und 17. Jahrhundert europäische überseeische Reiche aufgebaut wurden. Vorurteile überall Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Entscheider auf allen Ebenen der Kolonialregierungen bei dem Versuch, ein Reich aufzubauen, gezwungen waren, die meisten der oben genannten Probleme und ihre inhärenten Probleme zu berücksichtigen. Obwohl die Geschichtsschreibung dazu tendiert, eher spanische Fälle zu untersuchen, konnte die Forschung zeigen, dass entsprechende Diskussionen auch bei der portugiesischen Kolonialregierung eine Rolle spielten. EMPIREHURIGHTS zufolge überwogen dabei Diskussionen über Gewalt, indigene Rechte und religiöse Differenzen. Doch das Problem der Sklaverei trat in den Diskussionen häufig nur dann auf, wenn es um die Versklavung der eingeborenen amerikanischen Bevölkerung ging. Darum kam man im Projekt zu dem Schluss, dass „diese Probleme bei der Entscheidungsfindung der Iberer über Kolonialregierungen und den Aufbau ihres Reiches nie von einander abgegrenzt betrachtet wurden.“ Das hat laut Prof. Almeida Borges „tatsächlich die Evolution der verschiedenen Territorien beider Reiche beeinflusst.“ Lehren aus der Vergangenheit Die Ergebnisse und Arbeiten aus dem Projekt wurden bei vielen akademischen Veranstaltungen und Konferenzen sowie in vier veröffentlichten Artikeln verbreitet. Weitere Aufsätze und Buchbeiträge sind in Vorbereitung, sowie ein Quellenkatalog und drei Bücher, deren Herausgeber oder Mitherausgeber sie ist. Die Professorin hat außerdem ein digitales Projekt kreiert, das momentan ausgearbeitet wird. Prof. Almeida Borges betont, dass ihr das Marie Skłodowska-Curie-Einzelstipendium die grundlegenden Werkzeuge an die Hand gegeben hat, um ihre Expertise in diesem Bereich zu stärken. Der interdisziplinäre Aufbau des Projekts hat Wissenschaftler verschiedener geschichtswissenschaftlicher Bereiche zusammengebracht, vor allem durch die eigens organisierte Konferenz „Encounters, Rights and Sovereignty in the Iberian Empires (16th-19th centuries)“. Themen, die im Rahmen von EMPIREHURIGHTS untersucht wurden, haben unbestreitbare sozioökonomische Bedeutung und Relevanz für aktuelle humanitäre und andere Krisen im Zusammenhang mit Migration, Flüchtlingen, Führung und extremistischen Bewegungen. „Diese Lehren aus der Vergangenheit können, auch wenn sie aus einem imperialen Kontext stammen, der per se gewalttätig und ungerecht war, den Akteuren von heute zeigen, welche Macht unterprivilegierte soziale Gruppen bei der Mitgestaltung unserer globalen Zukunft haben“, so die Stipendiatin abschließend. Dieses Projekt sowie die weitere Forschung, die Prof. Almeida Borges plant, entsprechen den Zielsetzungen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. Hunderte von Dokumenten, die sie im Rahmen von EMPIREHURIGHTS zusammengetragen hat, werden in den kommenden Jahren Kern ihrer Forschung sein, einschließlich aktueller Projekte zu Gewalt und Widerstand in den Iberischen Reichen.
Schlüsselbegriffe
EMPIREHURIGHTS, Menschenrechte, Gewalt, Iberisches Reich, Kolonialregierung, indigene Rechte, religiöse Differenzen, Sklaverei, unterprivilegierte soziale Gruppen