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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Reding kündigt neue Telekommunikationspolitik an

Viviane Reding, die EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, hat heute eine öffentliche Konsultation zu Plänen für die Zukunft der europäischen Telekommunikations- und Rundfunkbranche angekündigt. Obgleich die Pläne europaweit die Konsistenz verbessern und den W...

Viviane Reding, die EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, hat heute eine öffentliche Konsultation zu Plänen für die Zukunft der europäischen Telekommunikations- und Rundfunkbranche angekündigt. Obgleich die Pläne europaweit die Konsistenz verbessern und den Wettbewerb anregen sollen, wurde Reding vom VK und den europäischen Telekommunikationsanbietern scharf kritisiert. Die Vorschläge bieten einen Regulierungsrahmen für die elektronische Kommunikation, zum Beispiel Festnetztelephonie und Mobilfunk, Breitband, Fernsehen und Radio. Der Markt wird auf mehr als 270 Milliarden EUR jährlich geschätzt. Einige der weltweit größten Akteure sind europäische Unternehmen. Die Branche spielt auch im Bereich Forschung und Technologie eine zentrale Rolle. Neue Geräte- und Medienentwicklungen sind schon heute ein bedeutender Motor der Wirtschaft, und es wird erwartet, dass Umsatz und Gewinn in den nächsten Jahren noch weiter steigen werden. Reding schlägt vor, die Anzahl der regulierten Marktsegmente von 18 auf 12 zu senken, dazu gehört auch die Öffnung der Segmente Inlands- und Auslandsverbindungen und die Schaffung eines Binnenmarktes für Frequenzen. Dagegen werden SMS und Textnachrichten zum ersten Mal reguliert. Ziel der Vorschläge ist es auch, den Wettbewerb im Breitband-Internet-Markt zu fördern. Reding muss die Verbreitung von Breitband-Internet ankurbeln, will sie die i2010-Ziele erreichen. "Die Telekommunikationsvorschriften der EU sind eine echte Erfolgsgeschichte, was Wettbewerb, Investitionen und Verbraucherinteressen betrifft", sagte Reding. "Allerdings brauchen wir jetzt den Mut, den Prozess der Marktöffnung, der in den 1990er Jahren begonnen wurde, zu vervollständigen. In der heutigen Welt der Elektronik spielen nationale Grenzen in punkto Technologie, wirtschaftlichen Interessen und Verbraucherverhalten keine Rolle mehr. Betreiber, Technologie-Innovatoren, Diensteanbieter und Bürger können von einheitlichen, wirksam angewandten EU-Rechtsvorschriften nur profitieren. Ein stärkerer grenzüberschreitender Wettbewerb und besserer Zugang zum Funkfrequenzspektrum, dem Rohstoff der Informationsgesellschaft, sind unerlässlich, um den Wettbewerbsvorsprung Europas im Telekommunikationsbereich zu behaupten", so die Kommissarin. Die Nutzung des Frequenzspektrums wird bis zu zwei Prozent des europäischen BIP ausmachen, und diese Zahl steigt. Die Kommissarin weiter: "Für Europa ist es ein Wettbewerbsnachteil, dass wir, im Gegensatz zu den USA, kein einheitliches System für die Frequenzverwaltung haben, sondern 25 verschiedene." Sie schlug auch eine Europäische Agentur für die Frequenzverwaltung vor. Über diese Frequenzen arbeiten unter anderem drahtlose und mobile Kommunikation, Rundfunk und GPS. In einem mobilen Europa sollte man erwarten können, dass mobile und drahtlose Geräte auch grenzüberschreitend funktionieren. Die Kommissarin kündigte an, dass sechs Märkte dereguliert werden. "Die Behörden sollten nicht in Märkten intervenieren, in denen der Wettbewerb bereits niedrige Preise, hohe Qualität und innovative Dienste für die Verbraucher gewährleistet", fügte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hinzu. Im Rahmen der Konsultation wird vorgeschlagen, die Großkundenmärkte für den Netzzugang und den Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen sowie den Markt für Rundfunkübertragungsdienste zu deregulieren. Die Telekommunikationsindustrie reagierte schnell und wütend und warf der Kommissarin vor, die Vorschläge gingen nicht weit genug. "Da die novellierten Richtlinien nicht vor 2010 in Kraft treten, muss die Überprüfung so weit wie möglich nach vorne blicken, um die schnellen Marktveränderungen widerzuspiegeln. Das ist die einzige Gelegenheit, um das Netz vor 2015 zu verändern. Bis dann wird sich die Kluft zwischen Europa und seinen weltweiten Partnern noch vertieft und Europa wird den letzten Aufruf für die Lissabon-Strategie verpasst haben", mahnt Michael Bartholomew, Direktor der ETNO, des Verbandes der europäischen Telekommunikationsnetzbetreiber. ETNO zufolge wird - falls die technologische Innovation im erwarteten Maße zunimmt - die Verschmelzung der Rundfunk- und Telekommunikationsbranchen weitere neue Ideen oder neue Technologien hervorbringen, die die Kosten senken und den Zugriff der Verbraucher verbessern könnten. Das könnte Auswirkungen nicht nur auf die Telekommunikationsbetreiber sondern auch auf den Rundfunksektor haben. In Europa sitzt nicht nur der weltweit größte Sender - die BBC - sondern auch die weltweit größte unabhängige TV-Produktionsfirma, Endemol, aber die Konvergenz von Telekommunikation und Rundfunk bedeutet, dass alle europäischen Sender nach neuen Medien suchen. ETNO zufolge behindert der vorgeschlagene Rahmen unter Umständen diese neuen Bereiche und so auch die Entwicklung neuer Märkte. So könne zum Beispiel heute über Glasfaser, WiFi, WiMax oder 3G - theoretisch jeder ein eigener Markt - auf Breitband zugegriffen werden. Wenn alle diese Märkte dereguliert wären, könnten die unterschiedlichen Plattformen gleichberechtigt miteinander konkurrieren, zum Beispiel in Bezug auf Preis oder Leistung. Aber Reding zufolge sind diese Märkte noch nicht reif für eine komplette Deregulierung. Ganz anders als ETNO hat die ECTA, die European Competitive Telecommunications Association, die die kleineren Telekommunikationsunternehmen repräsentiert, die Vorschläge begrüßt. Die ECTS ist auch der Ansicht, dass die Deregulierung einiger Märkte, zum Beispiel des Einzelhandels, verfrüht ist und den größeren Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen würde. Das VK ist der einzige EU-Mitgliedstaat, der bisher die Vorschläge kritisiert hat. Shaun Woodward, Minister für kreative Industrien, warnte, dass die Vorschläge kombinierte Medienanbieter aus der EU vertreiben werden, um sich so dem Druck der Gesetzgeber zu entziehen: "Wenn die Kommission falsch liegt, dann wird all das, was zum Wachstum der kreativen Industrien führt, dann werden alle diese Menschen durch unzählige neue Vorschriften und durch weitere Compliance-Anforderungen behindert." Im VK werden alle Sender und Telekommunikationsbetreiber unter einer Behörde, der OFCOM, zusammengefasst, die nur für eine minimale Regulierung sorgt. Die öffentliche Konsultation der Kommission endet im Oktober 2006. Danach wird der Gesetzesvorschlag dem Rat und dem Parlament vorgelegt.

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