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Inhalt archiviert am 2024-04-17

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Bush legt Veto gegen staatliche Förderung der Stammzellenforschung ein: eine Chance für Europa?

US-Präsident George W. Bush hat von seinem Veto-Recht Gebrauch gemacht und erstmals eine Entscheidung des Senats zur embryonalen Stammzellenforschung abgelehnt. "Sie überschreitet eine moralische Grenze, die unsere anständige Gesellschaft respektieren muss. Daher habe ich mein...

US-Präsident George W. Bush hat von seinem Veto-Recht Gebrauch gemacht und erstmals eine Entscheidung des Senats zur embryonalen Stammzellenforschung abgelehnt. "Sie überschreitet eine moralische Grenze, die unsere anständige Gesellschaft respektieren muss. Daher habe ich mein Veto eingelegt", sagte Bush am 19. Juli. Der Gesetzesentwurf hätte die bestehenden Beschränkungen in Bezug auf öffentliche Finanzierungsmittel für die Forschung an embryonalen Stammzelllinien sowie für die Forschung zur Schaffung neuer Zelllinien aus tiefgefrorenen Embryos, die in Fruchtbarkeitskliniken als überschüssig angesehen werden, aufgehoben. Stammzellen sind undifferenziert und "pluripotent" - sie können sich zu allen Arten von menschlichen Zellen entwickeln. Die Entschlüsselung der Geheimnisse von Stammzellen könnte kurzfristig effektive Behandlungsmethoden für degenerative Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson liefern und langfristig für eine Reihe anderer Störungen - das Potenzial ist riesig, was die Stammzellenforschung zu einem sehr aufregenden Bereich macht. Stammzellen von Embryos liefern eine qualitativ sehr hochwertige Ressource für Stammzellen. Die Entscheidung entspricht Bushs moralischem Standpunkt zu embryonaler Stammzellenforschung. Im Jahr 2001 forderte Bush ein Moratorium für öffentliche Finanzierungsmittel für die Forschung an Stammzelllinien, die nach dem 11. August dieses Jahres geschaffen wurden. Zu dieser Zeit soll es 70-80 lebensfähige Stammzelllinien gegeben haben. Seither wurde festgestellt, dass nur etwa 20 dieser Linien für die Forschung von Nutzen sind. In der Zwischenzeit haben privat finanzierte Forscher in den USA und Forscher in anderen Teilen der Welt neue und bessere Linien geschaffen. Die Entscheidung des Senats verfehlte knapp die Zweidrittel-Mehrheit, die benötigt wird, um das Gesetz trotz Veto des Präsidenten durchzubringen. Das Repräsentantenhaus führte eine Notabstimmung durch, um Bushs Veto aufzuheben, aber erreichte ebenfalls nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit. CORDIS-Nachrichten sprach mit Austin Smith, dem Koordinator des EuroStemCell-Projekts und MRC Research Professor of Stem Cell Biology, Universität Edinburgh - einem anerkannten weltweit führenden Wissenschaftler im Bereich der Stammzellenforschung - über seine Reaktion auf die Neuigkeiten. Auf den ersten Blick könnte die Beibehaltung der Beschränkungen in Bezug auf öffentliche Finanzierungsmittel für die embryonale Stammzellenforschung in den USA eine Chance für die europäischen Forscher sein. Dies ist laut Professor Smith jedoch nicht der Fall. "Es ist ebenso wahrscheinlich, dass dies die Situation für die Wissenschaftler verschlimmern könnte, indem die Ablehnung gegenüber dieser Forschung verstärkt wird. Wenn die USA dagegen sind, könnten angesichts des [Rats "Wettbewerbsfähigkeit" der EU] nächste Woche diejenigen, die in der EU dagegen sind, einen überlegenen Standpunkt einnehmen", sagt er. Bushs Ansichten stimmen sehr genau mit denen der Katholischen Kirche überein, die die embryonale Stammzellenforschung heftig kritisiert. Papst Johannes Paul II. und Bush scheinen bei ihrem Treffen im Jahr 2001 eine Einigung erzielt zu haben. Bush führte das Moratorium für embryonale Stammzellenforschung kurz darauf ein. Sowohl die Katholische Kirche als auch Bush verurteilen jetzt die Verwendung embryonaler Stammzellen für die Forschung. Professor Smith stellte heraus, dass Bushs Veto in Bezug auf die Gesetzgebung die embryonale Stammzellenforschung in den USA nicht illegal mache. Es dient lediglich dazu, die Beschränkungen in Bezug auf öffentliche Finanzierungsmittel beizubehalten. Viele Staaten, insbesondere Kalifornien, das gerade eine große Summe für die Stammzellenforschung bewilligt hat, haben ihre eigenen Initiativen zur Finanzierung der Stammzellenforschung eingeleitet, und privaten Unternehmen steht es frei, ihre eigene Forschung durchzuführen. Laut Professor Smith betreffen die Beschränkungen in Bezug auf öffentliche Finanzierungsmittel "lediglich die Finanzierungsmittel für NIH [National Institutes for Health - Nationale Gesundheitsinstitute]. Andere Finanzierungsströme werden diese Lücke füllen. Dies ist bereits in Boston geschehen und dort, wo der Standpunkt eines Bundesstaates von dem der Regierung abweicht. Verschiedene Bundesstaaten stellen ihre eigenen Finanzierungsmittel bereit, zum Beispiel Kalifornien, New York und Minnesota", sagte er. Professor Smith stellt heraus, dass es auch in Europa eine Zersplitterung gibt. "Das VK ist ein vehementer Befürworter ebenso wie Schweden und Spanien, aber in anderen Ländern wie Irland, Italien und Polen ist die Begeisterung aufgrund des starken Einflusses der Katholischen Kirche geringer. Deutschland hat ebenfalls ein einzigartiges Problem aufgrund der Kriegsgeschichte und der Katholischen Kirche", sagte er. "Dies erschwert die Sache für die Kommission", sagte Professor Smith. "Diese Abteilungen könnten gestärkt statt untergraben werden. Einerseits sieht es aus, als könnten es gute Nachrichten sein, aber in Wahrheit ist es schlecht für die Wissenschaft. Es ist langfristig und sogar kurzfristig nicht gut für uns. In solch wichtigen Bereichen muss zusammengearbeitet werden und es müssen Fortschritte erzielt werden, ohne alles zu politisieren", sagte er. Professor Smith räumt jedoch ein, dass es klare Vorteile für die Forscher geben werde, wenn die Einstellung in Europa gegenüber der Stammzellenforschung weiterhin im Großen und Ganzen positiv bleibe. "Auf einer Ebene verschafft uns dieses einen Vorteil - keinen finanziellen, aber einen Vorteil in Bezug auf eine konsistente Politik und Wissenschaftler, denen keine Fragen gestellt werden und die nicht wegen ihrer Arbeit in diesem Bereich verurteilt werden", sagte er. Bushs Veto hält die bestehenden Beschränkungen in Bezug auf die Ausgaben der US-Regierung für embryonale Stammzelllinien aufrecht. Ein zweiter vom Senat verabschiedeter Gesetzesentwurf, der Finanzierungsmittel für viel versprechende neue Forschung billigt, die Embryos mit der Fähigkeit embryonaler Zellen, aber ohne Zerstörung menschlicher Embryos schaffen könnte, wurde dem Präsidenten nicht vorgelegt, da er keine Mehrheit im Repräsentantenhaus erhielt. Der Präsident unterzeichnete einen dritten Gesetzesentwurf zum Verbot des "Embryo-Farming", in dessen Rahmen Föten speziell wegen ihrer Organe geschaffen werden könnten. Bush gab seine Veto-Entscheidung bei einer Pressekonferenz in Washington bekannt, an der "Snowflake-Babies" und deren Mütter teilnahmen. Snowflake-Babies entstehen, wenn Mütter tiefgefrorene überschüssige Embryonen anderer Paare aus IVF-Behandlungen "adoptieren", austragen und zur Welt bringen. Bush hält Snowflake-Babies für ein starkes Argument für das Verbot von embryonaler Stammzellenforschung. "Dieser Gesetzesentwurf würde die Zerstörung von unschuldigem menschlichen Leben unterstützen, in der Hoffnung, medizinischen Nutzen für andere zu erzielen", sagte er. "Jedes dieser Kinder wurde schon als Embryo adoptiert und ist mit der Chance zu wachsen, in einer liebevollen Familie aufzuwachsen, gesegnet. Diese Jungen und Mädchen sind keine Ersatzteile", sagte er. Bushs Haltung könnte viele Mitglieder seiner eigenen Republikanischen Partei verärgern, die zu diesem Thema geteilter Meinung war. Der frühere republikanische Präsident Ronald Reagan starb an den Folgen der Alzheimerkrankheit, eine Krankheit, für die Stammzellenbehandlungen als sehr viel versprechend angesehen werden. Reagans Ehefrau Nancy ist eine treibende Kraft der Lobby für die Stammzellenforschung in den USA.

Länder

Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten

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