CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Tree Roots: an analytical ‘culture’ of economy and religion – case-study Egypt 2050-1550 BC.

Article Category

Article available in the following languages:

Holzartefakte enthüllen Geheimnisse der Vergangenheit

Neue Analysewerkzeuge, die tragbar und damit leicht im Museum und im Feld einsetzbar sind, ermöglichen neue Einblicke in Materialien ferner Kulturen. Die Geheimnisse von Hand hergestellter Artefakte kommen nach und nach ans Licht.

Gesellschaft icon Gesellschaft

Noch bis vor Kurzem waren Artefakte aus Holz für Archäologen nicht von Interesse. Die Ägyptologie hat sich immer auf die Untersuchung antiker Texte beschränkt, und das ist meist heute noch so. Werden Artefakte untersucht, sind es häufiger eher hochwertige Objekte. „Archäologische Funde von ägyptischen Holzmöbeln, die mein Forschungsthema sind, gehören zu der Kategorie, die unbeachtet bleibt. Bis vor Kurzem hat Holz allgemein die Wissenschaftlergemeinde nicht interessiert. Aber archäologische Funde von ägyptischen Holzmöbeln sind sogar der wichtigste Korpus erhaltener hölzerner Objekte der antiken Welt“, erklärt Projektleiterin Dr. Gersande Eschenbrenner-Diemer, deren Forschung im Rahmen des Projekts TRACER innerhalb des Marie-Skłodowska-Curie-Programms gefördert wurde. „Ich habe eine interdisziplinäre Methodik entwickelt, die die Archäometrie, also einen Zweig der Archäologie, bei dem physikalische und chemische Methoden zum Einsatz kommen, mit einer theoretischen Analyse der Gesellschaft verbindet“, so Dr. Eschenbrenner-Diemer. „Ich führe für jedes Objekt im Korpus eine technische Untersuchung sowie eine Stil- und Inschriftenanalyse durch, um die Montagetechniken und Besonderheiten von jedem einzelnen herauszuarbeiten.“ Dann ordnet sie die Daten in den jeweiligen Kontext ein, indem sie auf nicht-literarische Texte zurückgreift, in denen Holz erwähnt wird. „Aus dem Dialog all dieser Quellen kann ich Werkstattarbeiten identifizieren und die ökonomischen und sozialen Netzwerke des Holzes nachverfolgen.“ Dr. Eschenbrenner-Diemer nutzt ihre Expertise für Objekte von der Ära des Mittleren Reiches bis zur Zweiten Zwischenzeit. Wie sie erklärt, hat sie diese Zeitspanne ausgewählt, weil an diesem Wendepunkt der Geschichte Ägyptens, der sich über mehrere Jahrtausende erstreckte, viele gesellschaftliche Veränderungen stattfanden. „Zwischen 2025 und 1550 v. Chr. stand Ägypten vor vielen Veränderungen. Die Hauptstadt wurde immer wieder verlegt, das Vordringen von Fremden auf ägyptisches Gebiet führte zum Zerfall der ägyptischen Regierung sowie der territorialen Herrschaft, brachte aber auch neue Materialien und Technologien mit. Literatur und Begräbnisausstattung durchliefen eine echte Evolution, die in Holzmöbeln zum Ausdruck kam.“ Eines ihrer Ergebnisse dreht sich zum Beispiel um die Evolution der religiösen Bedeutung der Maulbeer-Feige im Mitteleren Reich und der Zweiten Zwischenzeit. Dieser Baum, der in dem Gebiet weit verbreitet war, ist in zeitgenössischen antiken Schriften der Muttergottheit Hathor zugeordnet. „In der Zweiten Zwischenzeit bekommt er eine neue Bedeutung, weil dann die Särge für Könige, aber auch für Untertanen, aus dem Stamm des Baumes geschlagen wurden, anstatt aus vielen einzelnen Brettern zusammengesetzt zu werden. Damit war der Verstorbene direkt im Herzen des Baumes und so in der Umarmung der Gottheit.“ Dass ihr Forschungsthema per se grenzüberschreitend angelegt war, wusste Dr. Eschenbrenner-Diemer zu nutzen, vor allem mit Hilfe ihres Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiums. Sie konnte an drei archäologischen Stätten in der Region Assuan arbeiten, mit einem Schweizer Team unter Dr Cornelius Van Pilgrim in der Ausgrabungsstätte auf Elephantine und mit einem spanischen Team unter Leitung von Prof. Alejandro Jimenez-Serrano beim Qubbet el-Hawa. Außerdem arbeitete sie mit einem französischen Team vom Institut français d'archéologie orientale im Deir el-Medina, dem ehemaligen Dorf der Handwerker, die im Neuen Reich die Königsgräber bauten. Dort leitete sie ein Forschungsteam für Holzmöbel. So konnte sie vor Ort die hölzernen Materialien untersuchen, die in dieser Epoche verarbeitet wurden. „Stolz bin ich vor allem auf die starken und vielfältigen professionellen neuen Kontakte, die ich mit Kollegen am UCL Institute of Archaeology, im British Museum und Kew Gardens knüpfen konnte. Die Arbeit im Team hilft einem, eigene Ideen zu entwickeln und Synergien zu entdecken, die man selbst so nie finden würde.“

Schlüsselbegriffe

TRACER, Mittleres Reich, Archäologie, Begräbnisausstattung, Zweite Zwischenzeit, Holzartefakte

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich