Internationales Team löst knifflige mathematische Aufgabe mit der Dimension 248
Europäische und US-amerikanische Wissenschaftler haben eine der kompliziertesten Strukturen abgebildet, die bis heute untersucht wurde: die exzeptionelle Lie-Gruppe E8. Dies könnte maßgebliche Folgen auf das Verständnis von Algebra, Geometrie, Zahlentheorie, Quantengravitation und Chemie haben. Lie-Gruppen stehen am Schnittpunkt zweier fundamentaler Bereiche der Mathematik: der Algebra und der Geometrie. Sie wurden nach dem norwegischen Mathematiker Sophus Lie benannt, der sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts untersuchte. An diesem vierjährigen Projekt arbeiteten 18 Mathematiker aus Frankreich, den USA und Kanada. Dem American Institute of Mathematics zufolge "gehe es einfach ausgedrückt bei der E8-Berechnung um die Untersuchung der Symmetrie. Mathematiker erfanden die Lie-Gruppen, um das Wesen der Symmetrie zu erfassen: jedes symmetrische Objekt, wie zum Beispiel eine Kugel, sei eine Lie-Gruppe." Klassische Gruppen werden als "sanfte, in Richtung Horizont rollende Hügel" beschrieben. Kompliziertere Gruppen werden als "schroffe Spitzen" beschrieben und über allen liegt E8, eine "außerordentlich komplizierte Gruppe". E8 stellt die Symmetrien eines besonderen Objekts mit der Dimension 57 dar und besitzt selbst die Dimension 248. Dem Team ist es gelungen, die einzelnen Bauteile von E8 sowie die Relationen, die zwischen ihnen bestehen, zu beschreiben. Die Matrix besteht aus 205.263.363.600 Einträgen. Selbst wenn man diese im kleinsten Zeichenformat ausdrucken würde, könnte sie immer noch Manhattan bedecken. Ein Vergleich mit der Abbildung des menschlichen Genoms zeigt, in welcher Größenordnung sich diese Matrix bewegt. Der Datenumfang des Humangenoms, in dem alle genetischen Informationen einer Zelle enthalten sind, liegt unter einem Gigabyte. Das Ergebnis der E8-Berechnung ist 60 Gigabyte groß. Wie beim Humangenomprojekt wird man noch viele Jahre lang nicht wissen, welche Folgen diese Abbildung haben wird. "Das ist Grundlagenforschung, die viele Implikationen zur Folge haben wird, von denen wir heute die meisten noch nicht abschätzen können. So wie das Humangenom nicht direkt zu einer neuen Wundermedizin führt, sind auch unsere Ergebnisse Basiswerkzeuge, die Andere dann zur Weiterführung ihrer Forschungen in anderen Bereichen verwenden werden", sagte Projektleiter Jeffrey Adams. Hermann Nicolai, Direktor des Albert-Einstein-Instituts in Bonn, Deutschland, erläutert, weshalb diese neuen Erkenntnisse so wichtig für die Physik sind. Physiker seien bereits vor den Mathematikern auf E8 gestoßen und würden ihm immer wieder bei Versuchen begegnen, die Gravitation mit anderen grundlegenden Kräften in einer konsistenten Quantengravitationstheorie zusammenzuführen. "Das Verständnis der inneren Zusammenhänge von E8 ist nicht nur ein großer Fortschritt für Mathematiker, sondern kann auch den Physikern bei ihrer Suche nach einer einheitlichen Theorie helfen."
Länder
Kanada, Frankreich, Vereinigte Staaten