Studie zeigt fortschreitende Entwicklung der Vogelgrippe in Europa
Detaillierte genetische Untersuchungen von H5N1-Vogelgrippeproben, die in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) gesammelt wurden, haben ergeben, dass ein eigener europäisch-afrikanischer Stamm der Krankheit in der EMEA-Region existiert, und neue Erkenntnisse zur Verbreitung der Krankheit ergeben. Die Ergebnisse dieser zum Teil von der EU finanzierten Studie wurden in der Fachzeitschrift "Emerging Infectious Diseases" veröffentlicht. Forscher sequenzierten alle Genome aus 36 H5N1-Proben, die Vögeln in Europa, dem Nahen Osten, Afrika und Vietnam entnommen wurden. Die Vogelgrippe wurde in der EMEA-Region erstmals Ende 2005 bzw. Anfang 2006 beobachtet. Die Forscher fanden heraus, dass die H5N1-Proben aus der EMEA-Region genetisch eng verwandt waren, obwohl sie von Vögeln aus so entfernten Ländern wie Slowenien, Afghanistan und dem Sudan stammten. Alle H5N1-Proben zählten zu einem eigenen europäisch-afrikanischen Stamm, der sich von den drei anderen H5N1-Hauptstämmen unterscheidet, die zurzeit in Asien vorkommen. Aus diesem EMEA-Stamm haben sich drei Subtypen herausgebildet. "Erstmals haben Forscher alle H5N1-Genome aus dem Westen untersucht", so der Hauptautor der Studie Steven Salzberg von der Universität Maryland. "Bisher wurden hauptsächlich Proben aus dem Fernen Osten untersucht. Unsere Studie zeigt, dass das Virus sich nach Westen ausbreitet und dass in Europa, dem Nahen Osten und Afrika drei verschiedene Subtypen von H5N1 aufgetreten sind." "Der gemeinsame Virusstamm deutet auf einen einzigen genetischen Ursprung für das Auftreten der Grippe [H5N1] in Westeuropa und Nord- und Westafrika hin", schreiben die Forscher, die diesen Ursprung entweder in Russland oder der Provinz Qinghai in China sehen. Die drei Subtypen entwickeln sich nun unabhängig voneinander. Eine Virusprobe, die einem nigerianischen Huhn entnommen wurde, wies ein Genom auf, das das Ergebnis einer Kombination von zwei der EMEA-Subtypen ist. Die Tatsache, dass alle drei Subtypen in der gleichen geografischen Gegend auftreten, bedeutet laut den Forschern, dass es viele Möglichkeiten für eine solche "Vermischung" gibt. "Es muss weiterhin beobachtet werden, ob sich diese Mischform des Stamms weiter im Vogelbestand ausbreitet. Außerdem muss geprüft werden, ob auch Säugetiere infiziert werden können", schreiben die Forscher. Zudem zeigte die Studie, dass die EMEA-Subtypen eine Mutation aufweisen, die mit der Virulenz in Mäusen und der Anpassung an Säugetierwirte in Verbindung gebracht wird. "Die Ausbreitung in der EMEA-Region fand zeitgleich mit dem raschen Auftreten von Fällen bei Säugetieren statt. Unter anderem waren Menschen in der Türkei, Ägypten, dem Irak und Dschibuti sowie Katzen in Deutschland, Österreich und dem Irak betroffen", warnen die Forscher und fügen hinzu, dass die EMEA-Subtypen des Virus anscheinend auch so virulent wie die asiatischen Stämme sind, bei denen fast die Hälfte aller Fälle bei Menschen tödlich verlaufen. Laut den Forschern deutet die weite Verbreitung der Krankheit zudem darauf hin, dass in erster Linie die Ortsveränderung von Menschen und nicht die Wanderungen von Zugvögeln für die rasche Ausbreitung von H5N1 verantwortlich ist. "Die Flugrouten von Zugvögeln entsprechen nicht der Verbreitung der Genome, die wir sequenziert haben", erläuterte Dr. Salzberg. "In vielen Ländern, in denen wir unsere Studie durchgeführt haben, transportieren Menschen Hühner grenzüberschreitend und oft über große Distanzen hinweg. Diese Tatsache sowie die niedrigen Standards der Biosicherheit in den meisten ländlichen Gebieten deuten darauf hin, dass von Menschen transportiertes lebendes Geflügel in einigen Ländern die Ursache für das Auftreten von H5N1 ist." "Diese Erkenntnisse zeigen, wie wichtig eine umfassende Genomanalyse von Grippeviren ist, um die Entwicklung und Epidemiologie dieser Infektion besser zu verstehen", folgern die Forscher. "Diese und ähnliche Analysen, die von globalen Initiativen zum Austausch von Grippedaten ermöglicht werden, werden uns dabei helfen, die Dynamik der Ansteckung bei Zug- und domestizierten Vögeln zu verstehen, was wiederum die Entwicklung von Kontroll- und Präventionsstrategien fördern dürfte." An der Untersuchung nahmen Forscher aus zahlreichen Ländern teil. Dazu zählen Ägypten, die Elfenbeinküste, der Iran und Afghanistan. "Kooperationen wie diese sind wichtig, wenn die Wissenschaft mit der Vogelgrippe Schritt halten soll. Die meisten Grippeforscher arbeiten jedoch weiterhin isoliert", erläuterte Dr. Salzberg weiter. "Wir müssen anerkennen, dass die Grippe keine Grenzen kennt, und wir sollten nicht nur auf breiter Basis zusammenarbeiten, sondern auch die Daten uneingeschränkt miteinander austauschen, so wie wir es im Rahmen dieser Studie getan haben."