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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Potocnik: Wir wollen Ihren Rat zur europäischen Forschungspolitik

"Wir bitten Sie um Ihren Rat, wie wir die europäische Forschungspolitik verbessern können", so der EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung Janez Potocnik während eines sogenannten "Town Meeting", eines virtuellen Treffens zwischen Bürgern und Politikern, das von den Organi...

"Wir bitten Sie um Ihren Rat, wie wir die europäische Forschungspolitik verbessern können", so der EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung Janez Potocnik während eines sogenannten "Town Meeting", eines virtuellen Treffens zwischen Bürgern und Politikern, das von den Organisatoren, dem Nachrichtennetzwerk Science|Business, als eine der seltenen Übungen in Basisdemokratie bezeichnet wurde. Potocnik eröffnete die interaktive Internetversammlung mit der Feststellung, dass die Zersplitterung der europäischen Forschung und die Doppelarbeit, die geleistet wird, dringend eine Neuordnung des europäischen Forschungssystems erfordern, wenn Europa einen wettbewerbsfähigen Forschungsraum schaffen will, der mit denen in den USA, in Japan und den Schwellenländern China und Indien mithalten kann. "Wie viele Millionen Euro werden für ähnliche Forschungsinstitutionen und für ähnliche Forschungsgebiete verschwendet?" fragte Potocnik die Vertreter von Hochschulen und Fachverbänden aus zehn europäischen Ländern. "Zeit ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können, wir müssen schnell handeln", fügte er hinzu. Hintergrund der Veranstaltung war das Grünbuch der Europäischen Kommission "Der Europäische Forschungsraum: Neue Perspektiven", das Kommentare zu verschiedenen Vorschlägen einfordert, etwa die Koordination nationaler Budgets für Forschung und Entwicklung (F&E), die zur Vermeidung von Doppelarbeit und zur Erzielung von Skaleneffekten beitragen sollen. Weitere Kernziele sind neue Laufbahnstrukturen und Änderungen des Altersversicherungssystems, damit Wissenschaftler nahtlos zwischen Institutionen oder auch von der Hochschule in die Industrie und umgekehrt wechseln können. Der zentrale Gedanke des Grünbuchs, so Potocnik, sei nicht, das Konzept des Europäischen Forschungsraums (EFR) neu zu erfinden, sondern ein Umfeld zu gestalten, in dem der EFR gedeihen kann. Es gehe dabei um die Einführung einer "fünften Freiheit" innerhalb der EU, der "Freizügigkeit des Wissens", die eine stärkere europaweite Koordination und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen soll. Die Freizügigkeit der Forscher und des Wissens waren denn auch die wichtigsten Themen, die die Vertreter von Hochschule und Industrie bei der Veranstaltung ansprachen. Für Dr. Joachim von Heimburg, Director of Corporate R&D, Innovation and Knowledge (Europa, Naher Osten und Afrika) bei Procter & Gamble ist die Frage der Mobilität zwischen Hochschule und Privatwirtschaft problematisch, nicht aufgrund des Geldes, sondern aufgrund der Entscheidungsstrukturen. Dr. von Heimburg wies auch auf die unterschiedlichen Wertesysteme in Hochschulen und Wirtschaft in Europa hin. Solange sich die Universitäten mehr mit ihrer Suche nach akademischen Wissen und der Veröffentlichung von Artikeln beschäftigten, bleibt der Austausch mit dem Privatsektor und dessen Suche nach Innovation und Produkten eine Herausforderung. Zum Schluss bot er jedoch eine mögliche Lösung an: "Meiner Ansicht nach sind Innovationscluster der beste Weg, um die Mobilität in Europa zu fördern." Andrew Herbert, Managing Director bei Microsoft Research in Cambridge, warf die Frage der Ausbildung an europäischen Universitäten auf. Herbert zufolge stellt sein Unternehmen mehr in den USA als in Europa promovierte Wissenschaftler ein, da diese über eine breitere Erfahrung und eine breitere Palette an Fähigkeiten verfügen. Folglich fragte er, "Wie kann man das interndisziplinäre Wissen der europäischen Doktoranden stärken, um sie wettbewerbsfähiger zu machen?" Die nächste Frage stellte Torbjorn Digernes, Rektor der norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Trondheim und Vorsitzender des Forschungsausschusses des norwegischen Hochschulausschusses: Wie kann die Europäische Kommission sicherstellen, dass kleinere und assoziierte Länder im Rennen um einen angemessenen Anteil an Forschungs- und Entwicklungsmitteln nicht von den größeren Universitäten und Unternehmen überrollt werden? Potocnik verstand diese Bedenken durchaus, wies aber darauf hin, dass Programme wie die Europäischen Technologieplattformen (ETP) und die Gemeinsamen Technologieinitiativen (Joint Technology Initiatives - JTI) integrativ sind und einen von unten nach oben gerichteten Ansatz verfolgen. "Meine Empfehlung ist: Seien Sie aktiv und beteiligen Sie sich, denn so schafft man selbst Nachfrage", so der Kommissar. Professor Vlastimil Ruzicka, Rektor des Prager Instituts für chemische Technologie sprach den Dauerbrenner der Überregulierung, der Bürokratie und des Ausmaßes an Prüfungs- und Berichterstattungspflichten an. Potocnik erklärte kurz den Rechenschaftsmechanismus der EU, der Transparenz sicherstellen soll, und versprach, dass diese Verfahren unter dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) aufgrund des neuen Garantiefonds zum Beispiel für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vereinfacht werden. Dasselbe gelte für den neuen Europäischen Forschungsrat. Bei zwei weiteren europäischen Themen bestand erhöhter Diskussionsbedarf: Das Europäische Technologieinstitut (ETI) und das immer noch nicht gelöste Problem des Gemeinschaftspatentgesetzes, das die Kosten für eine Patentanmeldung in Europa fast auf US-amerikanisches Niveau senken würde. Potocnik wies darauf hin, dass das ETI in erster Linie im Verantwortungsbereich seines Kollegen, des EU-Bildungskommissars Jan Figel' liege. Er halte das ETI aber auch für eine gute Sache und verglich den Widerstand dagegen mit dem Widerstand, der sich zu Beginn in gewissen Kreisen gegen den Europäischen Forschungsrat formiert hatte. "Aber jetzt schaue man sich einmal an, mit welcher Begeisterung der Europäische Forschungsrat seit seiner Ernennung aufgenommen wird", so Potocnik. Was die Frage des Gemeinschaftspatents betrifft, so stimmte Potocnik Kommentaren von anderen Teilnehmern zu: "Es ist bedauerlich, dass sich die Mitgliedstaaten in dieser Frage noch nicht einigen konnten und ich bin der Meinung, das Thema sollte so bald wie möglich abgeschlossen werden." Schließlich versprach Potocnik, die während des "Town Meeting" aufgeworfenen Fragen zu beantworten, und zwar über die Website des Veranstalters Science|Business. Dort wird eine abschließende Zusammenfassung an die Kommission als Teil des Konsultationsprozesses zu lesen sein. Kommentare zum Grünbuch können bis August 2007 eingereicht werden. Die Kommission wird dann konkrete Vorschläge erarbeiten, die in das slowenische Programm für den Ratsvorsitz in der ersten Hälfte des Jahres 2008 einfließen.

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