Europäer und Amerikaner teilen sich renommierten Mathematikpreis
Jacques Tits vom Collège de France und der Amerikaner John Griggs Thompson wurden "für ihre tief greifenden Errungenschaften in Algebra und insbesondere für die Gestaltung der modernen Gruppentheorie" gemeinsam mit dem Abelpreis 2008 ausgezeichnet, einem der renommiertesten Preise für Mathematik. Die mit 6 Millionen Norwegischen Kronen (750.000 Euro) dotierte Auszeichnung wird jährlich von der Norwegischen Akademie der Wissenschaften verliehen und würdigt herausragende Arbeiten im Bereich der Mathematik. Benannt ist sie nach dem norwegischen Mathematiker Neils Henrik Abel, der als Mitbegründer der Gruppentheorie im 19. Jahrhundert gilt. Die Professoren Tits und Thompson arbeiten beide im Bereich der "Gruppentheorie", einem komplexen Thema, das üblicherweise Studierenden der Mathematik erst im dritten Jahr ihres Universitätsstudiums gelehrt wird. Im späten 18. Jahrhundert, erklärt das Abelkomitee, erkannte man, dass "der Schlüssel zum Verständnis selbst der einfachsten Gleichungen in der Symmetrie ihrer Lösungen liegt". Dies führte schließlich zur Entwicklung des Begriffs einer "Gruppe" als besonders gute Möglichkeit, die Idee der Symmetrie zu erfassen. Die Gruppentheorie kann am besten als "die Wissenschaft der Symmetrie" zusammengefasst werden, bei der Mathematiker die Spiegel- und Rotationsbilder eines Objektes untersuchen und sogar Symmetrien kombinieren, um neue Symmetrien zu bilden. Mathematiker nutzen dieses Hilfsmittel, um komplexe Gleichungen zu lösen und auch um Lösungen für knifflige Problemstellungen wie den Zauberwürfel zu finden! Der Beitrag von Professor Tits zu Gruppentheorie besteht in einer neuen und sehr einflussreichen Vision von Gruppen als geometrische Objekte. Durch Zuhilfenahme von Begriffen aus der Architektur schuf er ein System, in denen pure algebraische Strukturen geometrische Beschreibungen erhalten konnten, um die Lösung schwieriger mathematischer Fragen intuitiver zu gestalten. Diese sogenannte "Tits-Architektur" erfuhr eine große Breite von Anwendungen in so verschiedenen Bereichen wie die theoretische Physik und die Informatik. "Die Theorie von Gebäuden ist ein zentrales vereinheitlichendes Prinzip mit einer unglaublichen Breite an Anwendungen", schreibt das Abelkomitee in seiner Begründung. 1930 in Brüssel, Belgien, geboren zeigte Jacques Tits bereits in frühen Jahren mathematisches Talent. Der heranwachsende Mathematiker war knapp 13 Jahre alt, als sein Vater starb und er Studenten, die älter waren als er, unterrichtete, um seine Familie zu unterstützen. Er promovierte an der Freien Universität Brüssel im Alter von 20 Jahren und wurde dort 1962 Professor, bevor er zwei Jahre später nach Bonn, Deutschland, zog. 1973 führte ihn seine Laufbahn an das Collège de France in Paris zum Lehrstuhl für Gruppentheorie, den er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 innehatte. Dagegen revolutionierte Professor Thompson von der Universität Florida in den Vereinigten Staaten die Theorie der endlichen Gruppen. Dabei stellte er Theoreme auf, welche die Grundlage für die vollständige Klassifizierung endlicher einfacher Gruppen legte. "Die Errungenschaften von John Thompson and Jacques Tits sind von außergewöhnlicher Tiefe und von großem Einfluss", schreibt das Abelkomitee in der Begründung. "Sie ergänzen einander und bilden zusammen das Rückgrat der modernen Gruppentheorie." Den beiden Mathematikern wird der Preis von König Harald von Norwegen am 20. Mai in Oslo überreicht.
Länder
Frankreich, Norwegen, Vereinigte Staaten