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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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EU-finanzierte Forschung klärt auf, wie Influenzaviren Teile menschlicher Zellen entführen

EU-finanzierte Wissenschaftler in Frankreich haben einen neuen grundlegenden Ansatzpunkt für Medikamente im Influenzavirus entdeckt. Die im Fachmagazin Nature veröffentlichte Studie zeigt ein hochauflösendes Bild eines entscheidenden Proteins, das es dem Virus erlaubt, menschl...

EU-finanzierte Wissenschaftler in Frankreich haben einen neuen grundlegenden Ansatzpunkt für Medikamente im Influenzavirus entdeckt. Die im Fachmagazin Nature veröffentlichte Studie zeigt ein hochauflösendes Bild eines entscheidenden Proteins, das es dem Virus erlaubt, menschliche Zellen zu überfallen und sich zu vermehren. Die Studie ist Teil des Projekts FLUPOL ("Host-specific variants of the influenza virus replication machinery"), das im Rahmen der geförderten Haushaltslinie des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) mit 1,97 Mio. EUR finanziert wird. Saisonale Grippeepidemien töten jedes Jahr Hunderttausende von Menschen. FLUPOL zufolge hat das tödliche Vogelgrippevirus H5N1 durchaus das Potenzial zur Auslösung einer verheerenden Pandemie, sollte es die Fähigkeit der Übertragung von Mensch zu Mensch entwickeln. Das Ziel des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekts besteht darin, neue Erkenntnisse zu gewinnen, die den Wissenschaftlern eine bessere Überwachung des Influenzavirus und die Ausarbeitung neuer Wege zur Bekämpfung der Entwicklung tödlicher Stämme ermöglichen. Das vollständige Verständnis der Mechanismen, mit deren Hilfe sich das Virus selbstständig vom Wirtsorganismus Vogel ausgehend an den Menschen anpassen kann, ist von enormer Bedeutung. Das Influenzavirus vermehrt sich innerhalb der Wirtszellen mithilfe eines als Polymerase bezeichneten viralen Enzyms rasend schnell. Die Polymerase kopiert das genetische Material des Virus und manipuliert die Wirtszelle derart, dass sie eine für die Vervielfältigung des Virus angenehme Umgebung bereitstellt. Die Polymerase benutzt einen Teil der RNA (genetisches Material) der Wirtszelle und fügt diesen an die eigene RNA an. Der Erfolg bleibt nicht aus: Die Wirtszelle beginnt mit der Produktion viraler Proteine. Der "entführte" Teil der RNA ist eine Art Kappe, die sogenannte Cap-Struktur, ein sich am Beginn der mRNA (Messenger-RNA) befindendes kurzes Stück des Moleküls, das die Herstellung von Proteinen lenkt. Die virale Polymerase entfernt die Kappe und setzt sie an die eigene RNA an. Der als "Cap-snatching" bekannte Prozess war bisher in den Einzelheiten unklar. Von der viralen Polymerase weiß man, dass sie aus drei Untereinheiten (PA, PB1 und PB2) besteht. Die Frage, welche der Untereinheiten nun der "Cap-snatcher" ist, war recht umstritten. Da vorherige Studien zeigten, dass PB2 eine Rolle bei der Kappenanbindung spielt, ging man bislang davon aus, dass PB1 der Täter bei der Entführung der Kappe sei. Nun entdeckte das von Dr. Stephen Cusack vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) und Dr. Rob Ruigrok vom Nationalen Forschungszentrum (National Centre for Scientific Research, CNRS) geleitete Team, dass eigentlich ein anderer Teil der Polymerase mit der Bezeichnung PA für die Abtrennung der Kappe von der mRNA des Wirts verantwortlich ist. Die Forscher erzeugten Kristallstrukturen der Polymerase-Untereinheiten und untersuchten diese mithilfe von Röntgenstrahlen an der Europäischen Synchroton-Strahlungsanlage (ESRF) in Grenoble, Frankreich. Das resultierende hochauflösende Bild zeigte deutlich die einzelnen Aminosäuren, die die Stelle bilden, an welcher die Kappe von der mRNA abgespalten wird. Die Wissenschaftler entdeckten, dass den PA-Untereinheiten eine einzigartige Rolle bei der Spaltung der RNA zukommt. "Die Ergebnisse waren auch für uns sehr überraschend, da eigentlich jeder dachte, dass die Abspaltungsaktivität aus einem anderen Teil der Polymerase herrührt", teilte Dr. Ruigrok mit. Dr. Cusack fügte hinzu: "Diese neue Erkenntnis macht PA zu einem viel versprechendem Ansatzpunkt für antivirale Arzneimittel. Die Verhinderung der Abspaltung der Kappe ist ein wirksamer Weg, um die Infektion zu stoppen, da sich das Virus dann nicht mehr vermehren kann. Wir wissen nun, worauf wir unsere Anstrengungen beim Arzneimittelentwurf richten müssen." Die Erkenntnisse werden durch eine in der gleichen Ausgabe von Nature veröffentlichte zweite Studie von Forschern aus China und dem Vereinigten Königreich untermauert, die PA als einen bedeutenden Ausgangspunkt für die Gestaltung neuer Therapien gegen Grippe zeigt.

Länder

Frankreich

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