Haifischzähne liefern Aufschluss über Geschichte der Nordsee
Die Nordsee war einst von den übrigen Weltmeeren abgeschnitten, so das Ergebnis einer Analyse fossiler Haifischzähne. Über einen Zeitraum von 2 bis 4 Millionen Jahren ging ihr Salzgehalt immer weiter zurück, bis sie weniger Salz enthielt als die meisten Seen, was zu einem dramatischen Rückgang der Artenvielfalt führte. Die Ergebnisse dieser von Forschern aus Deutschland, Oman und dem Vereinigten Königreich durchgeführten Studie wurden im "Journal of the Geological Society" veröffentlicht. Ziel der Studie war die Rekonstruktion des Nordseeklimas während eines Teils des Paläogens vor 40 bis 60 Millionen Jahren. Kurz vor Beginn des Paläogens starben 65% aller Arten aus, darunter auch die Dinosaurier, und als Ursache vermutet man den Einschlag eines riesigen Meteoriten auf der Erde vor 65 Millionen Jahren. Das Paläogen hatte einen wesentlichen Einfluss auf die Diversifizierung der Säugetiere. Damals herrschte ein relativ warmes Klima; aber obwohl die klimatischen Bedingungen zu Lande in diesem Zeitraum bereits recht gut erforscht sind, weiß man wenig über die Situation in abgelegenen Gewässern wie der Nordsee. In diesem Sinne konzentrierten sich die Wissenschaftler in ihren Forschungen auf Haifische. Haie verlieren Zeit ihres Lebens ihre Zähne und ersetzen sie durch neue. Daher findet man häufig Fossilien von Haifischzähnen, die bis zu 450 Millionen Jahre alt sind. Bis ein neuer Zahn wächst, können je nach Art und Alter des Hais wenige Tage bis mehrere Monate vergehen. Wissenschaftlich relevant ist hierbei, dass die chemische Zusammensetzung des neuen Zahns Aufschluss über die Qualität des Meerwassers gibt, in dem sich der Hai aufhält. In der vorliegenden Studie analysierten die Forscher insbesondere die Sauerstoffisotope in diesen fossilen Zähnen. Wärmere Gewässer enthalten mehr schwere Sauerstoff-18-Isotope (18O), da die leichteren Sauerstoff-16-Isotope (16O) schneller verdunsten. Dies legt nahe, dass in Zähnen von Haien aus wärmeren Gewässern der Anteil an schweren Sauerstoffisotopen höher ist als bei Haien aus kälteren Regionen. Die Sauerstoffisotope liefern außerdem Aufschluss über den Salzgehalt der Meere, denn je mehr Wasser verdunstet, desto salzhaltiger wird das Wasser. In ihrer Studie analysierte das Forscherteam Haifischzähne aus Gebieten im heutigen Belgien, Dänemark, Schweden und dem Vereinigten Königreich sowie aus den Niederlanden. Die Zähne waren zwischen 65 bis 32 Millionen Jahre alt und stammten sowohl von Haien, die nah unter der Wasseroberfläche als auch in größeren Tiefen lebten. Die meisten Zähne stammten jedoch vom Sandtigerhai, der heute in tropischen bis wärmeren Gewässern lebt. Eine Analyse der Sauerstoffisotopenverhältnisse ergab, dass vor rund 55 Millionen Jahren der Anteil der Sauerstoffisotope 18O und 16O in der Nordsee sehr viel niedriger war als in anderen Meeren dieser Zeit, was darauf hindeutet, dass der Salzgehalt der damaligen Nordsee signifikant zurückgegangen war. Dieses Phänomen fällt mit einer kurzen Periode der globalen Klimaerwärmung zusammen, die auch als Paläozen/Eozän-Temperaturmaximum (PETM) bezeichnet wird und in der die Temperaturen innerhalb von 20.000 Jahren um rund 6°C stiegen. In dieser Zeit sank auch der Meeresspiegel stark ab und im Zuge einer tektonischen Plattenverschiebung wurde der Westen des heutigen Schottlands um zwei bis drei Kilometer angehoben, um eine Landbrücke zwischen den Färöer-Shetland-Inseln und dem Rockall-Trog zu bilden. Dies behinderte den Wasserzufluss zwischen Nordsee und Atlantik. Gleichzeitig floss Süßwasser aus den Flüssen in die Nordsee und führte zu einem Rückgang des Salzgehalts und damit auch zu einem Rückgang der Artenvielfalt in der nun isolierten Nordsee. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Isolation zwischen 2 bis 4 Millionen Jahre andauerte.
Länder
Deutschland, Vereinigtes Königreich