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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Notenblätter in Blindenschrift

Das Notenlesen stellt Sehbehinderte oft vor ein größeres Problem, da entweder nur wenige Partituren in Blindenschrift zur Verfügung stehen oder diese schwer zugänglich sind. Ein EU-finanziertes Forscherteam entwickelte ein leicht zugängliches System, das blinden Musikern den Z...

Das Notenlesen stellt Sehbehinderte oft vor ein größeres Problem, da entweder nur wenige Partituren in Blindenschrift zur Verfügung stehen oder diese schwer zugänglich sind. Ein EU-finanziertes Forscherteam entwickelte ein leicht zugängliches System, das blinden Musikern den Zugriff und die Nutzung der in Bibliotheken und Transkriptionszentren archivierten Partituren in Braille-Schrift (Blindenschrift) ermöglicht. Das Projekt CONTRAPUNCTUS (Preservations and unification of new and existing Braille Music digital scores for a new access methodology) wurde mit fast 4 Millionen EUR unter dem Themenbereich "Technologien für die Informationsgesellschaft" (IST) des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert. Louis Braille, ein blinder Franzose, entwickelte das Braille-System im Jahre 1821 mit dem Ziel, blinden Menschen das Lesen und Schreiben zu ermöglichen. Mit diesem System wurden auch Partituren so umgeschrieben, dass sie mit der Hand zu lesen sind. Allerdings ist der logistische Aufwand beim Transkribieren und Lesen von Braille-Notenschrift wesentlich höher als bei einfacher Braille-Schrift. Das Hauptproblem liegt hier vor allem im linearen Aufbau des Braille-Systems, der das Entziffern musikalischer Elemente wie Akkorde erschwert. Experten zufolge wurden bislang nur 15 Prozent aller existierenden Partituren in Blindenschrift transkribiert. Mittels Digitaltechnik entwickelte das CONTRAPUNCTUS-Projekt ein verbessertes und standardisiertes Digitalformat zur Transkription von Noten in Braille-Schrift. Das Ergebnis ist ein anwenderfreundliches System, mit dem sich Blinde Partituren in Blindenschrift erschließen können. CONTRAPUNCTUS ermöglicht blinden Musikern den Zugang zu einer ständig wachsenden digitalen Bibliothek, um Partituren herunterzuladen. "Ein Notenblatt in Braille war bislang vergleichbar mit einer Stadt, in der es viele nackte Wände und sehr wenige Zeichen gab", erklärt Dr. Antonio Quatraro von der Italienischen Zentralbibliothek für Blinde (BRM), die das Projekt CONTRAPUNCTUS koordiniert. "CONTRAPUNCTUS fügt diesem Notenblatt viele Informationen über musikalische Elemente - Noten, Pausen, Haltebögen, Fingersätze usw. - hinzu. Früher war ein Notenblatt ein Labyrinth, in das man zwar hineingehen konnte, aber nicht unbedingt wieder herauskam. Mit unserem neuen System findet sich der Nutzer sehr leicht zurecht." Am CONTRAPUNCTUS-Konsortium sind 10 Partner aus Frankreich, Italien, den Niederlanden, Russland, Spanien und dem Vereinigten Königreich beteiligt. Es stellt ein neues Digitalformat zur Kodierung aller Elemente eines Notenblatts bereit und nutzt hierfür die standardisierte und leicht zugängliche Software RESONARE, ein Texteditorprogramm zur Verarbeitung von Braille-Noten. Den Projektpartnern zufolge werden geschriebene Noten mit der neu entwickelten Braille Music Markup Language (BMML) in einer hochstrukturierten und leicht recherchierbaren Datenbank reorganisiert. Mittels des Braille Music Reader (BMR) können Musiker jede BMML-Seite lesen. "BMR stellt musikalische Elemente, angefangen bei einzelnen Noten bis hin zu Veränderungen der Tempi oder der Dynamik, akustisch dar", so Dr. Quatraro. "Und während der Musiker die Noten auf dem Computer abliest, werden die Noten so gespielt, wie sie auf dem Blatt stehen. Das ist wichtig, denn eine kommerzielle Aufnahme kann nie so genau sein wie die gedruckten Noten. Ebenso wenig geht aus einer vorgelesenen Geschichte die Reihenfolge der Buchstaben und die Zeichensetzung hervor." Ein weiterer wichtiger Aspekt ist u.a. dass sich das rechnergestützte Braille-Display per Finger-Berührung bedienen lässt, um jeden Abschnitt der Braille-Partitur zu lesen und dass diese Noten anschließend gedruckt werden können. Die Handhabung sei so einfach, erklärt Dr. Quatraro, "als ob man ein Leben lang auf einem Fahrrad gefahren wäre und nun ein Auto besitzt." Die Partner von CONTRAPUNCTUS haben ein Internetportal für den Zugriff auf eine Braille-Notenbibliothek eingerichtet, auf der sich Interessierte auf der Webseite des Projekts kostenfrei die entsprechende Software herunterladen können. "Dies ist vergleichbar mit einem Schatz, den niemand zuvor heben konnte", so Dr. Quatraro. "Nun aber haben wir den Schlüssel für die vielen Schätze, die Generationen von Transkriptoren uns hinterlassen haben."

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