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Neuigkeiten zum Niedergang der Neandertaler

Die Neandertaler sind möglicherweise noch früher ausgestorben, als man bisher allgemein dachte. Neue Entdeckungen von Wissenschaftlern in Irland und Russland lassen diese Schlussfolgerung zu. Die im Fachjournal PNAS Online Early Edition vorgestellte Studie gibt der Theorie, de...

Die Neandertaler sind möglicherweise noch früher ausgestorben, als man bisher allgemein dachte. Neue Entdeckungen von Wissenschaftlern in Irland und Russland lassen diese Schlussfolgerung zu. Die im Fachjournal PNAS Online Early Edition vorgestellte Studie gibt der Theorie, der zufolge zwischen Neandertalern und modernen Menschen jahrtausendelang Verbindungen bestanden, einen völlig neuen Hintergrund. Die neue Datenlage lässt eher vermuten, dass die Beziehungen zwischen diesen Menschengruppen weder ungehindert noch von langer Dauer waren. Es erscheint vielmehr wahrscheinlich, dass Neandertaler und moderne Menschen nur ein paar hundert Jahre nebeneinander existierten. Die Neandertaler waren möglicherweise sogar in einigen Gebieten schon ausgestorben, bevor der anatomisch moderne Mensch überhaupt aus Afrika auswanderte. Die Experten des University College Cork in Irland und der Universität Oxford im Vereinigten Königreich führten ihre Studie zusammen mit Forschern des Laboratoriums für Urgeschichte in Sankt Petersburg in Russland in der Mezmaiskaya-Höhle durch, die sich in den nordwestlichen Ausläufern des Kaukasus in Russland befindet. Das Team fand in diesem Gebiet ein Fossil, das zu einem Neandertalerkleinkind der spätmittelpaläolithischen Schicht gehört, sowie etliche zuzuordnende Tierknochen. Sie sind nun davon überzeugt, dass der fossile Knochen 39.700 Jahre alt ist. Die Neandertaler in der Gegend der Höhle können also nicht über diese Zeit hinaus gelebt haben, meinen die Wissenschaftler. Diese Fakten stellen nun so ziemlich alles in Frage, was die Forscher seit langem über die späten Neandertaler und ihr Überleben vermuten. Sollten die Spätneandertaler tatsächlich nicht bis vor 30.000 Jahren im nördlichen Kaukasus überlebt haben, so ist es sehr fraglich, ob Neandertaler und moderne Menschen überhaupt in Zeiträumen, die von Bedeutung sein könnten, nebeneinander koexistierten. Bewaffnet mit diesen neuen Informationen ziehen die Forscher nun einen der zwei folgenden Entwicklungsverläufe in Betracht: Die Neandertaler starben aus, als ihnen die modernen Menschen in die Quere kamen. Oder andere Faktoren wie ein Klimawandel oder knapper werdende Ressourcen führten ihren Untergang herbei - und zwar noch vor der Ankunft des modernen Homo sapiens. Um genauen Chronologien erstehen zu lassen, müssen nach Angaben der Forscher sämtliche Daten überarbeitet, abgeändert und verbessert werden. Nur auf diese Weise können korrekte Bewertungen des möglichen Zusammenhangs zwischen dem Aussterben der Neandertaler, der Zuwanderung des frühen modernen Menschen und klimatischen Ereignissen vorgenommen werden. Das Team weist darauf hin, dass man bei früheren Datierungen das tatsächliche Alter von Ablagerungen, Fossilien und Artefakten des späten Mittelpaläolithikums und des frühen Jungpaläolithikums scheinbar um mehrere tausend Jahre "systematisch unterschätzt" hat. "Es scheint nun viel klarer zu sein, dass Neandertaler und anatomisch moderne Menschen im Kaukasus keine Nachbarn waren, und es ist möglich, dass dieses Szenario auch für die meisten anderen Regionen Europas gilt", sagt Dr. Ron Pinhasi vom University College Cork, Hauptautor der Studie. "Viele der älteren Daten in Bezug auf die Besiedlung durch Spätneandertaler von Ausgrabungsstätten in ganz Europa sind nicht unproblematisch. Das resultiert einfach aus der Tatsache, dass die Zuordnung von datiertem Material und späten Neandertalern nicht immer zweifellos ist, da wir nicht immer sicher sein können, ob archäologische Steingeräteanhäufungen wie das Moustérien, das in Europa den Neandertalern zugeschrieben wurde, nicht in einigen Fällen in Wirklichkeit von modernen Menschen hergestellt wurden. Wir müssen Fossilien der Neandertaler sowie auch der anatomisch modernen Menschen direkt datieren, um dieses Durcheinander zu beheben." Dr. Tom Higham aus Oxford, Koautor der wissenschaftlichen Veröffentlichung, dazu: "Mit den neuesten Verfahren können wir das aus winzigen Fragmenten der Fossilien extrahierte Kollagen sehr wirkungsvoll reinigen, ohne es zu kontaminieren. Zuvor haben Forschungsteams jüngere Datierungen erstellt, die - wie wir jetzt wissen - nicht tragfähig sind, und das möglicherweise, weil das Fossil mit jüngeren Partikeln verunreinigt wurde. Diese neueste bewiesene Datierung wirft ein weiteres Licht auf die Zeit des Aussterbens der Neandertaler in diesem wichtigen Gebiet, das von vielen als eine Art Kreuzung der Wanderungsbewegung des modernen Menschen in die weiten russischen Ebenen betrachtet wird. Das Aussterben der Neandertaler dürfte hier also ein Indikator dafür sein, was wohl zuerst passierte."Weitere Informationen unter: University College Cork: http://www.ucc.ie/en/ PNAS Online Early Edition: http://www.pnas.org/content/early/recent

Länder

Irland, Russland

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