Erste verschluckbare lichtemittierende Kamerakapsel gegen Helicobacter pylori
Angaben der WHO zufolge ist H. pylori ein Karzinogen der Klasse I, das Ursache für fast 90 % aller Magenkarzinome ist. Die Standardtherapie ist eine Kombination aus Antibiotika und Magensäurehemmern. Allerdings geht dies in europäischen Ländern mit einer Antibiotikaresistenz von bis zu 30 % einher und kann auch trotz mehrerer Behandlungszyklen versagen.
Lichtbestrahlung zur Behandlung von H. pylori
Hierfür entwickelte das EU-finanzierte Projekt Capsulight nun eine neue Strategie, die auf photodynamischer Therapie basiert. Indem bestimmte bakterielle Moleküle (Porphyrine) Licht absorbieren, produzieren sie dann giftige Chemikalien, die die Mikroben abtöten. „Das Konzept basiert darauf, dass Photonen ähnlich wie chemisch und pharmakologisch aktive Moleküle therapeutisch wirksam werden können“, erklärt Giovanni Romano, Projektkoordinator und technischer Leiter von Probiomedica. Die Idee der lichtemittierenden therapeutischen Kamerakapsel, die wie eine Tablette geschluckt wird, entstand durch Zusammenführung von Forschung und technischer Expertise in den Bereichen Photonik/Phototherapie (Universität Florenz) und Robotik zur Miniaturisierung von Systemen (Sant'Anna Scuola Universitaria Superiore, Pisa). Das System beruht auf der bewährten Technologie und Sicherheit der Kapselendoskopie, die für diagnostische Zwecke eingesetzt wird. Die Kamerakapsel Capsulight wird hinuntergeschluckt und ist nicht größer als eine Antibiotikatablette. Sie gibt Licht mit spezifischen Wellenlängen ab und tötet dadurch die Bakterien. Die dreifarbige LED-Lichtquelle in einem transparenten Außengehäuse wird durch eine Batterie und eine Elektronikplatine gespeist, pH- sowie Temperatursensoren sorgen für die erforderliche Sicherheit. Die Kapsel ist so konzipiert, dass sie sich beim Eindringen in den Darm abschaltet, damit die Darmflora nicht geschädigt wird. Lichtemission und Beständigkeit von Capsulight wurden in mehreren Durchläufen strengen Labortests unterzogen, bei denen der saure pH-Wert im Magen nachgestellt wurde. Tests zur Unversehrtheit und Sicherheit der Kapsel bei einem nicht infizierten Tiermodell (Minischwein) ergaben keinerlei Nebenwirkungen. Bei In-vitro-Tests demonstrierten die Forscher pro Bestrahlung durch die Pille, dass die Bakterien mit einer Wirksamkeit von 97 % abgetötet werden.
Vorteile von Capsulight
Kameraendoskope, die die Magenhöhle bestrahlen, sind alternative Therapiestrategien im Kampf gegen H. pylori, obwohl bislang erst sehr wenige klinische Pilotversuche dazu stattfanden. Da das Verfahren invasiv ist, ist auch die Einnahmetreue der Patientinnen und Patienten begrenzt. „Die Verabreichung von Capsulight ist jedoch nicht schwieriger als eine Tablette zu schlucken“, betont Romano. Da das System auf Lichtemission statt auf pharmakologischen Wirkstoffen beruht und wirkstoffbedingte Nebenwirkungen verringert werden, dürften auch Antibiotikaresistenzen und Behandlungskosten sinken. Vor allem aber ist sie bei infizierten Patientinnen und Patienten indiziert, die bereits Antibiotikaresistenzen entwickelt haben.
Zukünftige Ausrichtungen
Der nächste Schritt für die Projektpartner von Capsulight sind Tests zur therapeutischen Wirksamkeit des Systems in einer klinischen Pilotstudie. Dann folgen eine multizentrische klinische Studie in Europa, die Zertifizierung des Systems und Machbarkeitsstudien. Laut Romano „lieferte das Projekt Capsulight auch die erforderlichen Informationen zu allen Akteuren, denen die Markteinführung des Produkts obliegt.“ Die Partner bereiten jetzt die Markteinführung vor, reichen Vorschläge für den EIC Accelerator Pilot (Horizont 2020) ein und erweitern derzeit das Netzwerk aus klinischen Forschungseinrichtungen, medizinischen Zentren, Wirkstoffzulieferern und Vertriebsunternehmen.
Schlüsselbegriffe
Capsulight, Helicobacter pylori, H. pylori, photodynamische Therapie, Kamerakapsel, Antibiotikaresistenz
