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Inhalt archiviert am 2024-06-18

The Social Life of State Deportation Regimes: A Comparative Study of the Implementation Interface

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Ausweisungssysteme: Eine neue Perspektive für den öffentlichen und politischen Diskurs

Die Ausweisung irregulärer Migranten ist ein soziales Thema, das die politische Tagesordnung vieler Länder dominiert. Ein EU-finanziertes Projekt liefert neue Erkenntnisse über gegenwärtige Ausweisungssysteme und ihre Wirksamkeit.

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Mehrere Länder auf der ganzen Welt haben bereits erhebliche Investitionen in effektive Ausweisungssysteme getätigt. Doch die Umsetzung dieser Systeme hat bislang nicht zwangsläufig auch zu den gewünschten Zielen geführt. Zwischen den politischen Strategien und der tatsächlichen Verfahren der Ausweisung bestehen noch offensichtliche Diskrepanzen. Das Projekt DEPORT REGIMES zielte darauf ab, das gesellschaftliche Verständnis von solchen Systemen zu vertiefen. „Dazu haben wir Ausweisungssysteme in der Praxis beobachtet“, erklärt Projektkoordinator Barak Kalir. „Und zwar nicht so sehr die immer wieder abgeänderten Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen auf EU-Ebene oder in den einzelnen Mitgliedstaaten, sondern vielmehr das, was die Menschen in den Ausweisungssystemen tatsächlich tun – also wie sie handeln, denken und ihre Aufgaben sehen.“

Alltägliche Abläufe

Das Forschungsteam hat die tatsächliche Arbeit von Ausweisungssystemen in vier Ländern untersucht und verglichen: Spanien, Griechenland, Ecuador und Israel. Im Fokus standen vor allem die Praktiken, Beweggründe und Weltanschauungen der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure vor Ort, die an den alltäglichen Abläufen des Ausweisungsverfahrens beteiligt sind. „Unser Wissen über die politischen Entscheidungen und die davon betroffenen Menschen ist recht umfangreich. Doch wir wissen kaum etwas über die Menschen, die mit der tatsächlichen Durchführung betraut sind“, so Kalir. „Diese Forschungsarbeit sollte daher die Wissenslücke darüber schließen, was vor Ort geschieht, wenn Ausweisungsmaßnahmen umgesetzt werden.“

Lehren aus der Praxis

Das Projekt führte unter anderem zu der Erkenntnis, dass zu wenig Feedback zum Geschehen vor Ort in das Ausweisungssystem einfließt. „Streng genommen sollten Ausweisungssysteme, wie auch die gewaltigen darin getätigten Investitionen, die freiwillige oder zwangsweise Rückführung von Menschen bezwecken, die innerhalb eines Hoheitsgebiets als illegal gelten. „Diese Systeme versagen jedoch kläglich bei der Umsetzung ihrer erklärten Ziele.“ Das könnte beispielsweise daran liegen, dass die Akteure vor Ort bei der Umsetzung dieser Systeme noch auf zahlreiche Hürden stoßen. „Die Umsetzung erweist sich aus vielerlei Gründen, wie etwa ethischen und emotionalen Schwierigkeiten, als deutlich problematischer, als dies von der Politik ins Auge gefasst werden mag“, bestätigt Kalir und fügt an: „Wie das System gegenwärtig politisch funktioniert fließt unseres Erachtens nicht wirklich in die Entscheidungen ein, die auf politischer Ebene getroffen werden.“ Daneben untersuchte das Projekt auch, welche Rolle zivilgesellschaftliche Akteure in den Ausweisungssystemen zukommt. „Wir kamen zu der Erkenntnis, dass viele NRO und andere in der Zivilgesellschaft verankerte Organisationen beim Ausweisungsverfahren in Form von Programmen für die unterstützte oder freiwillige Rückkehr die Arbeit des Staates unterstützen oder sogar teilweise selbst übernehmen.“ „Wie unser Projekt außerdem ergab, ist die Vorstellung, dass in den Ausweisungssystemen die vermeintlich Bösen, wie zum Beispiel die Polizei, alle auf der Seite des Staates sind, während die vermeintlich Guten alle auf der Seite der Zivilgesellschaft stehen, ausgesprochen stereotyp“, betont Kalir. „Manche Akteure der Zivilgesellschaft in den Ausweisungssystemen bleiben untätig und manche staatliche Akteure versuchen, die Härte der politischen Bestimmungen zu mildern.“

Blick nach vorn

Die Erforschung der Ausweisungssysteme wird fortgesetzt. Kalir erklärt abschließend: „Gemeinsam mit weiteren Forschenden haben wir das neue Horizont-2020-Projekt Advancing Alternative Migration Governance ins Leben gerufen, bei dem wir Alternativen zur Ausweisung untersuchen und verschiedene Methoden erforschen, mit denen migrationspolitische Maßnahmen vor Ort effektiver und mit mehr Menschlichkeit umgesetzt werden könnten.“ Dieses Projekt möchte ergründen, wie solche politischen Maßnahmen vor Ort umgesetzt werden.

Schlüsselbegriffe

DEPORT REGIMES, Ausweisung, Ausweisungssysteme, zivilgesellschaftliche Akteure, Ausweisungspolitik, Migration

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