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In vitro reconstitution and single cell analysis of the Shigella-septin cage.

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Machtkampf zwischen Shigellen und Mensch – mit Schwänzen und Käfigen

Aus dem Urlaub mit „Reisedurchfall“ zurückzukommen, macht keinen Spaß. Eine mögliche Ursache dafür, Shigellen, sind ein großes Gesundheitsproblem, das jährlich etwa 160 000 Todesopfer fordert. Das EU-Projekt INCAGE sucht nun anhand des Infektionsverhaltens nach neuen Therapiemöglichkeiten.

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Da immer mehr Bakterienstämme gegen Antibiotika resistent werden, führt die Weltgesundheitsorganisation Shigellen auf der Liste der wichtigsten bakteriellen Krankheitserreger, für die dringend neue Antibiotika entwickelt werden müssen.

Menschliche Verteidigung: den Eindringling im Käfig fangen und in Membranen wickeln

Zur Verteidigung des Patienten greift zuerst ein hoch konservierter Prozess, die Autophagie. Dabei wird unerwünschtes Material zerstört, indem „Zellabfälle“ in Vesikeln mit Doppelmembran, den sogenannten Autophagosomen, recycelt werden. Nach vielen evolutionären Prozessen ist dieser Vorgang zu einem Kampf zwischen dem Bakterium geworden, das die Autophagie umgehen will, um zu überleben, und dem erkrankten Patienten, der infiziert ist. Um nicht der Autophagie zum Opfer zufallen, kapert das Bakterium die Aktinbestandteile des Zytoskeletts seiner Wirtszelle und bildet einen „Aktinschwanz“. Jetzt ist die Mikrobe mobil und kann sich von Zelle zu Zelle bewegen, wodurch sich die Infektion weiter ausbreitet. Um die Polymerisation eines solchen Aktinschwanzes und deren schwerwiegende Folgen zu verhindern, fangen Septine (Bestandteile des Zytoskeletts der Wirtszelle) die Shigellen in käfigartigen Strukturen ein und überlassen sie der Autophagie. „Inzwischen ist allgemein anerkannt, dass Septin-Käfige für die zellautonome Immunität wichtig sind, aber die molekularen Faktoren, die die Ausbildung solcher Käfige und deren antimikrobielle Aktivität bedingen, sind noch weitgehend unbekannt“, erklärt Projektkoordinator Serge Mostowy, der als Professor für zelluläre Mikrobiologie an der London School of Hygiene & Tropical Medicine, LSHTM tätig ist.

Geheimnisse der Käfige enthüllt

„Durch tiefgehende Erforschung des Septin-Shigellen-Käfigs können bisher unbekannte Rollen des Zytoskeletts für die zellautonome Immunität gefunden werden“, erläutert der Marie Skłodowska-Curie-Stipendiat Damián Lobato Márquez. So wurde vor allem festgestellt, dass Septine die Krümmung der Membran sowie die Fettzusammensetzung von sich teilenden Bakterienzellen erkennen und ihre Käfigfallen danach ausrichten. Die Septine reagieren auf das Fett Cardiolipin an den Polen der Bakterien. „Wir haben gereinigte Proteine und hochauflösende mikroskopische Techniken eingesetzt und konnten so zeigen, dass Bakterien ohne Cardiolipin nur schlecht vom Septin im Zytoskelett der Wirtszelle erkannt werden“, beschreibt Lobato Márquez. Mit Hilfe von Fluoreszenzmarkern und Zeitraffer-Mikroskopie konnte Lobato Márquez das grausame Schicksal der Shigellen im Septin-Käfig beobachten: „Bakterien im Käfig können sich nicht fortpflanzen, weil sie von Autophagie angegriffen und von Lysosomen zersetzt werden.“

Septine für weitere Untersuchungen und für Therapien interessant

Lobato Márquez führt noch weitere Details der spannenden neuen Erkenntnisse aus: „Wurden Septine aus der Wirtszelle entfernt, ergab sich ein negativer Effekt auf die Fortpflanzung der Bakterien. Das ist überraschend, da Septine allgemein für ihre antibakterielle Wirkung bei einer Shigellose bekannt sind.“ Stoffwechselmessungen zeigten außerdem eine bisher unbekannte Verbindung zwischen dem Zytoskelett und der Glykolyse der Wirtszelle. Das Team nutzte zur In-Vitro-Rekonstitution zellenlose Assays, in denen Zellfaktoren der Bakterien und des Wirts untersucht werden können, die die Ausbildung von Septin-Käfigen behindern oder fördern. „Sie könnten für Hochdurchsatztests geeignet sein, um nach pharmakologischen Verbindungen zu suchen, die sich auf die Ausbildung von Käfigen auswirken“, so Mostowy. Was seine Zukunft in der Forschung angeht ist Lobato Márquez optimistisch: „Mein Ziel ist, zum Gruppenleiter in der Infektionsbiologie aufzusteigen, und das Projekt INCAGE mit seinem Marie Curie-Stipendium hat mir die Möglichkeit gegeben, unter Serge Mostowy in international anerkannten Forschungseinrichtungen für Mikrobiologie zu arbeiten – im Medical Research Council (MRC), im Center for Molecular Bacteriology and Infection (CMBI) am Imperial College in London und an der London School of Hygiene & Tropical Medicine (LSHTM).” Als Anerkennung für die Arbeiten von Marie Skłodowska-Curie haben die LSHTM und Lobato Márquez einen Werbefilm erstellt.

Schlüsselbegriffe

INCAGE, Shigellen, Shigella, Autophagie, Zytoskelett, Infektion, Septinkäfig, antimikrobiell, Antibiotika, Cardiolipin

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