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(Un)Just Neighbourhoods Socio-Spatial Justice in Urban Neighbourhoods

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Untersuchung des Widerstands gegen Sanierungspläne in einem Stadtteil San Franciscos

Eine wirksame Stadtsanierung sollte die Geschichte der Ungerechtigkeit in der Region berücksichtigen. Justhood hat aufgezeigt, wie es die Erneuerung eines sozial benachteiligten Stadtteils in San Francisco gefährdet hat, die Bedenken der Gemeinde zu ignorieren.

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Die rasante Verstädterung und Globalisierung sind nur zwei der ausgeprägteren Entwicklungen, die soziale Ungleichheit auf der ganzen Welt verschärft haben. In Städten sind die Anzeichen dafür Rassentrennung, Gentrifizierung und Armut. Um die Auswirkung von Stadtsanierungsplänen auf Gemeinden zu erkunden, hat das von der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme unterstützte Projekt Justhood Feldarbeit in einem Stadtteil in San Francisco durchgeführt. Die Forschung betont die historisch bedingten und geografisch spezifischen Aspekte städtischer Ungleichheit, durch die Sanierungspläne gefährdet werden können, wenn sie nicht bedacht werden. „Ich habe einen durchgängigen Kampf zwischen der Gemeinde und den Behörden beobachtet, die entgegen der Bedenken der Gemeinde Sanierungspläne verteidigt haben. Dabei waren manche der Bedenken, zum Beispiel zur Sicherheit, durchaus berechtigt“, sagt der Hauptforscher Reza Shirazi von der Universität Oxford Brookes, dem Projektträger.

Erkundung der „gerechten Stadt“

Zur Bekämpfung städtischer Ungleichheit wurden durch die Politik, Aktivistenbewegungen und die Wissenschaft viele verschiedene Ideen, Pläne und Programme vorgeschlagen. Manche Konzepte der Sanierungs- und Stadtplanung in Europa und Nordamerika sind beispielsweise durch die Idee der „gerechten Stadt“ inspiriert worden. Die Ergebnisse waren durchwachsen, manche milderten Ungleichheit, andere verschärften sie. „Einer der Gründe für das Scheitern ist ein übermäßiger Schwerpunkt auf physischer Sanierung, ohne dass die soziale Dynamik ausreichend bedacht wird. Außerdem wurde zu sehr darauf vertraut, dass der Markt die Sanierung lenkt, ohne zu bedenken, wie die Vorteile verteilt werden könnten“, fügt Shirazi hinzu. Das Projekt Justhood führte seine Forschung in Bayview-Hunters Point in San Francisco durch, einem Stadtteil mit einer stillgelegten Werft und einem Standort der intensiven Sanierung. Hier sollen im Rahmen des Candlestick Point-Hunters Point Redevelopment Project mehr als 12 000 Wohneinheiten und mehrere Millionen Quadratmeter Büro-, Gewerbe- und Freizeitfläche entstehen. Dieser Stadtteil hat im Laufe der Geschichte eine Reihe an Ungleichheiten erlebt. Von offizieller Seite aus heißt es, dass diese Sanierung die Chancen und soziale Gerechtigkeit verbessern werden – dies wird von den Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Aktivistenbewegungen angezweifelt. „Etwa 2017 wurden einige der Sicherheitsaspekte der Sanierungsarbeiten infrage gestellt, etwa der Umgang mit kontaminiertem Boden. Dies führte zu angespannten Diskussionen. Eine nähere Betrachtung der Argumente beider Seiten betonte die Bedeutung der tiefen historischen Wurzeln der Armut und des Misstrauens in dem Stadtteil“, erklärt Shirazi. Etwa 1 290 öffentlich zugängliche amtliche Dokumente – darunter Sanierungspläne und Protokolle von Gemeindeversammlungen – wurden durchgesehen. Dazu kommen über 670 Artikel in Lokalzeitungen und TV-Aufzeichnungen zentraler Ereignisse innerhalb eines Zeitraums von 30 Jahren. Shirazi besuchte auch über 30 Veranstaltungen, wie Gemeindetreffen oder Proteste, und zeichnete diese auf. Außerdem führte er 54 Interviews mit Forschenden, lokalen Behörden, Aktivistinnen und Aktivisten sowie Anwohnern durch. Shirazi hat einen Dokumentarfilm mit dem Titel „Never Surrender“ (dt. „Gib niemals auf“) produziert. Dieser fußt auf 2 Jahren der Feldarbeit durch Justhood und wurde durch digitale Ethnografie inspiriert. Er wurde bei Veranstaltungen auf der ganzen Welt vorgeführt. „Der Film zeigt nicht nur das Leben der Gemeindemitglieder, sondern bietet auch eine Plattform für alternative Sichtweisen neben der offiziellen“, merkt er an. „Ich war überrascht und beeindruckt davon, wie die Gemeinde über einen so langen Zeitraum wirksamen und beständigen Widerstand geleistet hat.“

Gerechte Stadtpolitik

Umweltgerechtigkeit und gesellschaftliches Engagement sind zentrale Aspekte der sozialen Investitionspolitiken der EU. Justhood zeigt Entscheidungstragenden direkte Nachweise dazu, was passiert, wenn man die Bevölkerungsmeinung ignoriert. „Stadtpolitiken müssen immer geprüft werden, um Gerechtigkeit, Inklusion und eine vermehrte Vertretung der Vernachlässigten und Machtlosen sicherzustellen“, meint Shirazi abschließend. Neben den Zeitschriften- und Zeitungsartikeln arbeitet Shirazi weiterhin daran, Filmvorführungen zu organisieren. Außerdem plant er die Veröffentlichung einer Monografie.

Schlüsselbegriffe

Justhood, gerechte Städte, Stadterneuerung, soziale Ungleichheit, Gemeinde, machtlos, Sanierung, Rassentrennung, Segregation, Verstädterung, Armut, San Francisco

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