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Building an Evidence-Base for Reducing Gender Bias in Educational Pathways

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Jungen haben Talent, Mädchen arbeiten hart: Wie Eltern und Lehrkräfte geschlechtsspezifische Vorurteile bewahren

Eltern, Lehrkräfte und Mitglieder von Schulbuchredaktionen, die Geschlechterstereotype in Bezug auf Beruf und Bildung infrage stellen wollen, werden dank des EU-finanzierten Projekts GirlsInScience bald über neue Instrumente zu diesem Zweck verfügen.

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Zwei der wichtigsten Faktoren, die unsere berufliche Laufbahn beeinflussen, sind unsere Eltern und Lehrkräfte. Kombiniert man diesen Aspekt mit der Tatsache, dass Frauen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) ebenso wie Männer in den Bereichen Gesundheitswesen, Früherziehung und Hausarbeit unterrepräsentiert sind, so ergibt sich eine sinnvolle Frage: Tragen unsere Eltern und Lehrkräfte unbewusst dazu bei, diese unausgewogene Geschlechterverteilung zu bewahren? „Wir verfügen über Hinweise darauf, dass das Geschlecht der Lehrkräfte und die geschlechtsspezifische Sprache die Bewertung bestimmter Berufe durch Kinder beeinflussen können. Gleichgeschlechtliche Vorbilder, die Stereotype herausfordern – wie eine Mathematiklehrerin oder ein männlicher Vorschullehrer – können dazu beitragen, dass sich Schülerinnen und Schüler für einen Beruf interessieren, den sie sonst nicht gewählt hätten. Ebenso prägen die geschlechtsspezifischen Botschaften der Eltern die Flexibilität oder Starrheit ihrer Kinder, wenn sie sich für eine Ausbildung oder einen Beruf entscheiden“, sagt Hauptforscherin Judi Mesman, Dekanin des Leiden University College in Den Haag und Professorin für interdisziplinäre Studien über gesellschaftliche Herausforderungen. Zu diesem Thema wurden zwar bereits einige Studien durchgeführt, aber nur sehr wenige davon sind Längsschnittstudien. Das von Mesman initiierte Projekt GirlsInScience (Building an Evidence-Base for Reducing Gender Bias in Educational Pathways), das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) finanziert wird, schließt diese Lücke mit einer Studie, die speziell auf den niederländischen Kontext ausgerichtet ist. Gemeinsam mit ihrem Team untersuchte sie zunächst die Darstellung der Geschlechter und Stereotype in Schulbüchern, die Auswirkungen des Geschlechts der Schüler auf die Benotung, den Einfluss des Geschlechterverhältnisses zwischen Lehrkraft und Schülerin bzw. Schüler auf die Leistungen der Kinder sowie die geschlechtsspezifischen Bewertungen in Zeugnissen.

Stereotype in Schulbüchern

„Bei den Schulbüchern untersuchten wir die Darstellung und Stereotypisierung der Geschlechter im Mathematik- und Niederländischunterricht für die erste Klasse der Grundschule und die erste Klasse der Sekundarstufe. Diese Analyse von über 20 000 Schulbuchfiguren zeigt eine systematische Unterrepräsentation von Frauen, insbesondere bei Figuren mit einem Beruf, Forschenden, sporttreibenden Menschen und Personen, die technische Berufe ausüben“, fügt Mesman hinzu. „Gleichzeitig sind weibliche Charaktere bei Haushaltsaufgaben und Elternrollen überrepräsentiert, während farbige Frauen insgesamt noch stärker unterrepräsentiert sind.“ Um die geschlechtsspezifische Benotung zu bewerten, legte das Team den Lehrkräften Prüfungen vor, die sie anhand von geschlechtsspezifischen Schülernamen benoten sollten. Es wurde festgestellt, dass die Lehrkräfte Mädchen gegenüber Jungen bevorzugen, aber auch, dass sie die Leistungen der Mädchen vor allem auf harte Arbeit zurückführen. Bei den Jungen hingegen war es das Talent. Diese Erkenntnis steht im Einklang mit dem gesellschaftlichen Diskurs, der Jungen als unmotiviert und faul (aber intellektuell fähig) ansieht, während Mädchen gewissenhaft und fleißig, aber weniger begabt sind. Mesman zufolge „sind beide Ergebnisse Beispiele für implizite und subtile geschlechtsspezifische Botschaften, denen Schülerinnen und Schüler während ihrer Schullaufbahn ausgesetzt sind. Diese sind Teil eines größeren Musters von Mechanismen, die geschlechtsspezifische Unterschiede in der Bildungs- und Berufslaufbahn erklären können.“ Diese Studien müssen noch abgeschlossen werden, ebenso wie die Analyse der Familiendaten über das jeweilige Interesse von Jungen und Mädchen an Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik bzw. Gesundheitswesen, Früherziehung und Hausarbeit. „Die COVID-19-Pandemie hat uns gezwungen, mehrere Teile des Projekts zu überdenken, sie zu verschieben, neu zu konzipieren und innovative Methoden zu entwickeln, die in diesem Forschungsbereich noch nie Anwendung fanden. Wir haben inzwischen einen sehr umfangreichen Datensatz gesammelt, und unsere erste Priorität besteht darin, ihm durch die Fertigstellung unserer Analysen und Berichte gerecht zu werden“, bemerkt Mesman. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten will das Team Material zur Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit und bestimmter Berufsgruppen ausarbeiten. Ein praktisches Instrument für Schulbuchverlage wurde bereits veröffentlicht: Sie können es nutzen, um Fragen bezüglich Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit in ihren Schulbüchern zu klären, und sowohl niederländische als auch internationale Organisationen haben ihr Interesse bekundet, dieses Instrument in künftigen Schulbuchausgaben einzusetzen. Ähnliche Instrumente sind auch für Familien und Schulen in Vorbereitung. Diese werden sowohl Eltern als auch Lehrkräfte dazu bewegen und motivieren, über ihre eigene Rolle nachzudenken.

Schlüsselbegriffe

GirlsInScience, Geschlechtergleichstellung, Bildung, geschlechtsspezifische Vorurteile, MINT, Eltern, Lehrkräfte

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