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Investing in the Arctic: the affective and temporal contradictions of work, mobility and inequality in northern peripheries

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Für ein gutes Leben ziehen manche Arbeitskräfte in die Arktis

Regionen wie die Arktis, die als Randgebiete gelten, sind entscheidend für das Verständnis der zeitlichen Widersprüche der auf Finanzen ausgerichteten globalen Wirtschaft.

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Wirtschaftliche Unsicherheit, hohe Arbeitslosigkeit, eine zunehmend schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt, eine globale Pandemie und nun auch noch Krieg in Europa. Ist es da ein Wunder, dass viele Menschen in Europa pessimistisch in die Zukunft blicken? „Da diese Krisen die traditionellen Aufstiegschancen unterbrochen haben, findet zwischen Menschen, die für ihre Zukunftsmöglichkeiten schwarz sehen, und Personen, die nach wie vor eine erfolgreiche Zukunft erwarten, eine Debatte statt“, sagt Kori Allan, Hauptforscherin des Projekts ArcticLabourTime, das von der Universität Jyväskylä in Finnland koordiniert wird. Aber wie stark wirken sich die affektiven und zeitlichen Dimensionen der Erwartungen einer Person an die Zukunft darauf aus, wie sehr sie in eine bestimmte Art von Arbeit investiert – oder von ihr abgestoßen wird? Zur Beantwortung dieser Frage untersuchte Allan diese Aspekte im Norden, in der Arktis. „An Orten, die als Randgebiete gelten, wie ein Großteil der Arktis, bestanden nie die gleichen Erwartungen an den Wohlstand, die einen Großteil unseres Bewusstseins der Nachkriegsindustrialisierung geprägt haben“, fügt Allan hinzu. „Daher sind solche Orte für das Verständnis der zeitlichen Widersprüche der globalen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung.“ Im Rahmen des Projekts ArcticLabourTime, das mit Unterstützung der Marie Skłodowska-Curie-Maßnahmen durchgeführt wurde, untersuchte Allan die finnische Arktis, in der derzeit Investitionen getätigt werden, die sich auf die außergewöhnlichen natürlichen Ressourcen der Region stützen.

Lebensstilmigration im Verhältnis zur Arbeitsmigration

Allans eingehende ethnografische Forschung konzentrierte sich auf eine Gemeinde in Lappland, die sich rasch zu einem Tourismusmagnet entwickelt. Natur ist hier zwar im Überfluss vorhanden, Personal jedoch nicht, wodurch Unternehmen und andere Interessengruppen auf die Mobilität der Arbeitskräfte angewiesen sind, um die wachsende Nachfrage zu decken. „Großunternehmen bewältigen die Saisonabhängigkeit des Tourismus zum Teil durch die Anwerbung von Saisonkräften aus dem Süden Finnlands, jedoch auch zunehmend aus dem Ausland“, stellt Allan fest. „Personalvermittlungen und staatliche Stellen versuchen, ausländische Unternehmen und Arbeitskräfte anzulocken, indem sie ihnen das ‚gute Leben‘ schmackhaft machen, das in der Arktis möglich ist.“ Wie Allan erklärt, wird die Lebensstilmigration – d. h. Personen, die auf der Suche nach einer besseren und/oder zufriedenstellenderen Lebensweise umziehen – oft getrennt von der Arbeitsmigration betrachtet. In Lappland jedoch, wo Arbeit und Leben eng miteinander verbunden sind, sind beide eng miteinander verwoben. „Die Arbeit hier ist stark saisonabhängig, was die Mobilität der Arbeitskräfte begünstigt“, sagt Allan. „Die meisten Menschen, die hierher kommen, um zu arbeiten, sind jedoch mehr als bereit, die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes und eine stabile berufliche Zukunft gegen die Möglichkeit einzutauschen, in der Natur zu arbeiten und einen ihren Idealen entsprechenden Lebensstil zu verfolgen.“ Allan führt weiter aus, dass dies den etablierten lappländischen Unternehmen gestattet, relativ günstige Arbeitskräfte einzustellen. Sie stellt außerdem fest, dass in einigen Fällen Migrierte selbst ihre eigenen kleinen Unternehmen und unternehmerischen Vorhaben aufbauen. Das Ergebnis ist die Schaffung eines hybriden Ökosystems aus Lebensstil und Arbeit, das verschiedene Arten der Arbeitsmobilität, darunter „digitales Nomadentum“ und Selbstständige, in das Gebiet lockt.

Die Lebensqualität über den Profit setzen

Diese Forschungsarbeit, bei der Allan in Lappland lebte, wirft ein neues Licht darauf, wie Arbeitskräfte und Kleinunternehmen versuchen, die Unsicherheit ihres Arbeitsplatzes mit einem Lebensstil in Einklang zu bringen, bei dem Wohlbefinden und Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen. Zugleich erkannte Allan, dass viele Kleinunternehmen nicht danach streben, ihre Gewinne zu maximieren, sondern einen bestimmten Lebensstil in das kapitalistische System zu integrieren. „Meine Arbeit verdeutlicht, wie Menschen danach streben, die Unwägbarkeiten des Kapitalismus auf neue Weise zu bewältigen und gleichzeitig die Grenzen und Stärken von wirkungsorientierten und wertorientierten Investitionen zu erproben“, schließt Allan. „In einer Welt nach der Pandemie, die dringend gegen den Klimawandel kämpfen muss, ist es unerlässlich, darüber nachzudenken, wie man in eine Zukunft investieren kann, in der die Verbesserung der Lebensbedingungen Vorrang vor den Gewinnen hat.“

Schlüsselbegriffe

ArcticLabourTime, Arbeitsmobilität, Kapitalismus, Lebensstilmigration, Lappland, Arktis, digitales Nomadentum, Selbstständige, Tourismus, Beschäftigungssicherheit

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