Tagebücher offenbaren Realität der globalen Wissenschaftskommunikation
Angesichts der immer wichtigeren Rolle, die die Wissenschaft im Alltag der Menschen auf der ganzen Welt einnimmt – sie beeinflusst u. a. Entscheidungen im Gesundheits-, Energie-, Landwirtschafts- und Industriesektor – besitzt die Fähigkeit, wissenschaftliche Grundsätze und Verfahren zu erklären, größte Bedeutung, um öffentliche Unterstützung zu erlangen. Trotz der weltweiten Auswirkungen wissenschaftlicher Anstrengungen konzentrieren sich die meisten groß angelegten Forschungsarbeiten im Bereich der Wissenschaftskommunikation auf die Vereinigten Staaten und Europa, die erheblich in dieses Fachgebiet investiert haben. „Daraus entstand eine etwas einseitige Darstellung der Wissenschaftskommunikation, obwohl überall auf der Welt unglaubliche Arbeit geleistet wird“, sagt Projektkoordinator Joseph Roche vom Trinity College Dublin in Irland, dem Projektträger. „Mit GlobalSCAPE (Global Science Communication and Perception) haben wir Regionen der Welt ins Auge gefasst, die in der Forschung zur Wissenschaftskommunikation weniger im Fokus stehen, besonders den Globalen Süden.“ Das Projekt ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch es haben sich bereits mehr als 1 000 Fachleute für Wissenschaftskommunikation in aller Welt daran beteiligt.
Tagebuchstudien
GlobalSCAPE verwendet die Methodik einer Tagebuchstudie. Über einen Zeitraum von etwa einem Jahr werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgefordert, wöchentlich kurze Überlegungen zu den Herausforderungen und Möglichkeiten anzustellen, mit denen sie als Fachleute für Wissenschaftskommunikation konfrontiert sind. „Die meisten Forschungsarbeiten in diesem Bereich stützen sich auf Querschnittserhebungen, die nur eine Momentaufnahme dessen darstellen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt geschieht. Tagebuchstudien stellen ausgefeiltere Daten über einen viel längeren Zeitraum bereit, die Details und Muster im Zeitverlauf widerspiegeln“, erklärt Roche. Die Daten wurden mit einer eigenen Software des Projektpartners Qualia Analytics erhoben. Die Beteiligten wurden auf einer speziellen Plattform registriert, die in Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch und Spanisch zur Verfügung steht. „Die Tagebuchstudie bietet eine neue Methodik in diesem Fachgebiet. Wir stellten eine große Einsatzbereitschaft, niedrige Abbrecherquoten und nur wenige technische Herausforderungen oder Fragen seitens der Teilnehmenden fest, würden es also weiterempfehlen“, sagt Roche. „Da die Datenerhebung noch nicht abgeschlossen ist, beginnen wir gerade erst, Muster zu erkennen. Bereits deutlich wird die enorme Vielfalt in diesem Bereich. Und das, obwohl einige individuelle Herausforderungen lokal oder kulturspezifisch sind bzw. einige größere Herausforderungen wie COVID-19 und Finanzierung uns alle betreffen, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten“, fügt Roche hinzu. Das Team arbeitete auch mit dem Netzwerk für die öffentliche Wissenschafts- und Technologiekommunikation zusammen, um die Wissenschaftskommunikation im Hochschulbereich weltweit zu kartieren. „Wir wollten zum einen den Umfang des Studienangebots aufzeigen und zum anderen die Ergebnisse analysieren, um die Verteilung der Angebote und Spezialisierungen zu verstehen. Die Ergebnisse werden demnächst veröffentlicht!“, erklärt Roche. An zwei Partneruniversitäten wurden außerdem Module zur Wissenschaftskommunikation für naturwissenschaftliche Studiengänge ausgearbeitet, die auf den Projektergebnissen basieren: Das Trinity College Dublin und die Universität Leiden in den Niederlanden. Darüber hinaus bot GlobalSCAPE mithilfe globaler Partner – Ecsite, SciDev.Net und Springer Nature – sechs persönliche Schulungsworkshops zur Wissenschaftskommunikation in verschiedenen Regionen der Welt an, einige davon auch online. Für die Gewährleistung von Inklusivität finanzierte das Projekt aus seinen Mitteln ein Mobilitätsprogramm, das Fachleuten der Wissenschaftskommunikation die Teilnahme an diesen Workshops ermöglichte.
Das Fachgebiet optimieren
Das Verständnis für die Herausforderungen und Möglichkeiten, die sich Fachleuten der Wissenschaftskommunikation auf der ganzen Welt bieten, gilt als Schlüssel zum Aufbau von Vertrauen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, einem wichtigen Ziel der Europäischen Union. „Die Arbeit von GlobalSCAPE, die darauf abzielt, die Bandbreite der Verfahren in der Wissenschaftskommunikation auf der ganzen Welt besser zu repräsentieren, wird Fachleuten in der Praxis die Möglichkeit bieten, voneinander zu lernen und bewährte Verfahren auszutauschen, was zu einer ergiebigeren und anpassungsfähigeren Wissenschaftskommunikation führen wird“, schließt Roche. Die Ergebnisse der bewährten Praktiken werden zusammen mit anderen Projektergebnissen in einer Sonderausgabe des „Journal of Science Communication“ im Jahr 2023 veröffentlicht. Zusammen mit den sieben anderen SwafS-19-Projekten wird sich GlobalSCAPE zudem am bevorstehenden Projekt COALESCE im Rahmen von Horizont Europa beteiligen, das zur Einrichtung eines Europäischen Zentrums für Wissenschaftskommunikation ins Leben gerufen wurde.
Schlüsselbegriffe
GlobalSCAPE, Wissenschaftskommunikation, Tagebuch, Globaler Süden, Vielfalt, Inklusivität