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Papyri and LAtin Texts: INsights and Updated Methodologies. Towards a philological, literary, and historical approach to Latin papyri

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Neu entdeckte lateinische Texte erwecken die Welt des Alten Roms zum Leben

EU-finanzierte Forschende haben die Geheimnisse antiker lateinischer Texte auf Papyrus enträtselt. Diese Arbeit könnte uns viel über die Gesellschaft und das Bildungswesen im Alten Rom sowie über den Einfluss der Verbreitung der lateinischen Sprache verraten.

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Während bereits einige aufeinanderfolgende archäologische Entdeckungen lateinischer Texte, die vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr. auf Papyrus geschrieben wurden, viel Aufmerksamkeit erregt haben, sind diese dennoch oft nicht mit der ihnen gebührenden Gründlichkeit untersucht worden. Sie stellen daher eine riesige ungenutzte Quelle von Wissen und Einblicken in die Entwicklung der antiken römischen Literatur, Sprache, Geschichte und Gesellschaft dar. Das gilt besonders für die lateinischen Texte auf Papyrus, die uns Aufschluss über die damalige Verbreitung von Sprache und Literatur geben könnten. Gleichermaßen könnten sie mehr über die Welt der Bildung verraten und ein klareres Bild der Wirtschaft und Gesellschaft im Römischen Reich zeichnen.

Neuer Ansatz für lateinische Texte

Das EU-finanzierte Projekt PLATINUM, das vom Europäischen Forschungsrat finanziert wurde, ging an den Start, um hier weiterzukommen. Es begann mit einer vorläufigen Zählung der vorhandenen lateinischen Texte auf Papyrus, um die Sammlungen zusammenzustellen und zu aktualisieren. „Eine wichtige Neuerung war die multidisziplinäre Art des Arbeitens an diesen Texten, bei der wir Fachleute für Latein, Linguistik, Geschichte, somit ganz allgemein für klassische Altertumswissenschaft, hinzugezogen haben“, erläutert PLATINUM-Projektkoordinatorin Maria Chiara Scappaticcio von der Universität Neapel Federico II in Italien. Aus dieser Arbeit ist das Korpus lateinischer Texte auf Papyrus (Corpus of Latin Texts on Papyrus) entstanden, das in Kürze in sechs Bänden bei Cambridge University Press erscheinen wird. „Dieser ist das wichtigste Ergebnis des Projekts“, fügt Scappaticcio hinzu. „In diesem Werk sind alle Texte von Interesse versammelt und es bietet den Gelehrten eine Referenzquelle und ein Werkzeug. Bei einem Vergleich, was wir vor PLATINUM über lateinische Papyri wussten, und was wir heute wissen, wird seine Bedeutung sehr deutlich.“

Bahnbrechende linguistische Erkenntnisse

Im Verlauf des Projekts traten mehrere interessante Erkenntnisse zutage. Dazu gehört die verblüffende Entdeckung von Fragmenten des Geschichtswerks von Seneca dem Älteren. „Niemand von uns hätte sich vorstellen können, dass sich ein derart wichtiges Werk auf einem der verkohlten Papyri aus Herkulaneum finden würde“, betont Scappaticcio. „Dank PLATINUM wurde ein neues Kapitel der lateinischen Literatur aufgeschlagen.“ Zudem zirkulieren nun dank der Arbeit des Projekts viele zuvor unbekannte Texte unter den Fachleuten. Das Team konnte dazu beitragen, neue Partnerschaften und Austauschmöglichkeiten zwischen wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen zu schaffen. „Wir haben auch den einzigen bislang bekannten lateinisch-arabischen Papyrus entdeckt“, berichtet Scappaticcio. „In diesem Text wurde die arabische Sprache in lateinische Schrift umgeschrieben. Dieser Text ist einzigartig und liefert Beweise für die Interaktion zwischen lateinischer und arabischer Sprache und Kultur im frühmittelalterlichen Mittelmeerraum.“

Dem kulturellen Wechselspiel auf der Spur

Das Projekt PLATINUM hat dazu beigetragen, Neues über die Verbreitung der lateinischen Sprache, insbesondere in den Provinzen des Spätantiken Römischen Reiches, ans Tageslicht zu bringen. Anhand der sorgfältigen Untersuchung der Bücher, Werkzeuge und Materialien, die damals im Umlauf waren, konnte beispielsweise ermittelt werden, wie Latein als Fremdsprache unterrichtet wurde. Wir wissen jetzt, dass im Oströmischen Reich lateinische Literatur im Umlauf war und wie diese Literatur das Wissen geprägt haben könnte“, erklärt Scappaticcio. „Einer der Hauptgründe für das Erlernen der lateinischen Sprache war zum Beispiel die Notwendigkeit, sich mit dem römischen Recht vertraut zu machen.“ Scappaticcio ist davon überzeugt, dass diese Forschung nicht nur der Geschichte der Antike und der Altphilologie, Literatur und Sprachwissenschaft, sondern auch der Kulturgeschichte zugutekommen wird. „Die Arbeit hat die Tür zu einem besseren Verständnis der kulturellen Interaktionen in dieser Zeit geöffnet“, bekräftigt sie. „Die Arbeit von PLATINUM berührt den Orientalismus im Römischen Reich als einen Aspekt des Multikulturalismus in der Antike und Spätantike.“

Schlüsselbegriffe

PLATINUM, Latein, römisch, Antike, linguistisch, archäologisch, kulturell, Sprache

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