CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Women, Men and Mobility: Understanding Gender Inequality in Prehistory

Article Category

Article available in the following languages:

Auf den Spuren prähistorischer Frauen, um das Geschlechtergefälle von heute zu verstehen

Um geschlechtsspezifische Ungleichheiten weiter zu beseitigen, erkunden EU-Forschende die sozialen und historischen Umfelder, in denen sie in frühen komplexen Gesellschaften aufkamen.

Gesellschaft icon Gesellschaft

In der Anthropologie werden schon lange Fragen zu den Umständen, Ursachen und Methoden ergründet, die der Ungleichheit zugrunde liegen, doch bisher konnte keine allgemeingültige Erklärung gefunden werden. Unter den vielen Faktoren, die Ungleichheit beeinflussen, stechen Abstammungs- und Residenzregeln besonders heraus. Die Residenzregeln könnten entscheidend für die Entwicklung des Geschlechtergefälles sein, da bestimmte männlich orientierte Muster, darunter die Patrilokalität, Frauen von ihren Familien getrennt haben könnten, sodass sie anfälliger für die männliche Vorherrschaft waren.

Zusammenschluss der Genderarchäologie und der archäologischen Chemie

Unterstützt über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen lag der Schwerpunkt des Projekts WOMAM darauf, die Verbindung zwischen den Residenzregeln und dem Geschlechtergefälle in ethnografisch dokumentierten nicht-staatlichen Gesellschaften zu analysieren. Iberien diente dabei als Fallstudie. Gleichzeitig wollten die Forschenden die Residenzregeln in Iberien im spät-prähistorischen Zeitalter (etwa 5500-850 v. u. Z.) ergründen. Das endgültige Ziel war es, herauszufinden, ob die Gesellschaften in Iberien in der Jungsteinzeit, Kupferzeit und Bronzezeit patrilokal oder matrilokal organisiert waren und ob die Mobilität eine zentrale Rolle für den Ursprung und die Entwicklung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten gespielt hat. Das Team von WOMAM untersuchte die Mobilitäts- und Residenzregeln vergangener Völker durch hochaufgelöste Analysen von Strontium- und Sauerstoffisotopen in ihren Knochen. Dies ist eine vielversprechende Methode in der modernen Archäologie.

Mehr Erkenntnisse über den Status von Frauen in einer patrilokalen Welt

Im Rahmen des WOMAM-Projekts wurden abgeschlossene kulturübergreifende Studien auf der Grundlagen von Daten zu ethnografisch dokumentierten nicht-staatlichen Gesellschaften analysiert. Diese Untersuchungen zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen Residenzregeln und dem Geschlechtergefälle. „Das bedeutet, bei männlich orientierten Residenzregeln fiel der Status der Frauen meist schlechter aus als bei weiblich orientierten Residenzregeln“, erklärt Marta Cintas-Peña, Postdoktorandin im Projekt. „Das deutet nicht unbedingt auf eine Korrelation hin, aber die Tendenz ist da.“ Das Projekt hat einen bedeutenden Beitrag zur Bestimmung der Residenzregeln in Iberien im spät-prähistorischen Zeitalter geleistet, indem neue Nachweise, insbesondere in Form von Strontium-Isotopen aus der Kupferzeit, geliefert wurden. Dennoch weist die Forschung noch klare Lücken auf, hauptsächlich zur Bronzezeit. Aus den gesammelten Daten und den durchgeführten Analysen lässt sich schließen, dass es in Iberien in der Jungsteinzeit (etwa 5500-3200 v. u. Z.) keine alleinigen Residenzregeln und keine Tendenz zu einer bestimmtem Art oder einem bestimmten Muster gab. In der Kupferzeit (3200-2300 v. u. Z.) nahm die Mobilität der Menschen zu, wobei Frauen mobiler gewesen zu sein scheinen als Männer. Dies könnte mit einer bilokalen Residenzregelung zusammenhängen, die zur Patrilokalität tendierte, insbesondere an den sogenannten Megasites. In der Bronzezeit (2300-850 v. u. Z.) ging die Mobilität wieder zurück, doch die verfügbaren Daten sind lückenhaft und lassen keine Generalisierungen bezüglich Geschlechtern zu. Dennoch hat die Forschung von WOMAM unter anderem zu unserem Verständnis der sozialen Abläufe geführt, die das Geschlechtergefälle in einer Gemeinschaft verstärken können. „In diesem Sinne ist es wichtig, zu verstehen, welche Mechanismen, wie bestimmte Arten von Residenzregeln, geschlechtsspezifische Ungleichheiten fördern, um der Idee entgegenzutreten, dass das Geschlechtergefälle im menschlichen Verhalten verankert und somit ‚unvermeidbar‘ ist“, merkt Cintas-Peña an. Das Team bewirbt sich derzeit auf eine Ausschreibung für ein spanisches nationales Projekt um die Thematik der Mobilität und des Geschlechtergefälles durch Strontium-Analysen sowie DNS, Peptide oder Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotope weiterzuverfolgen. So soll der Blick auf das Geschlechtergefälle sowie frühe soziale Komplexität in Iberien im 4. und 3. Jahrtausend v. u. Z. ausgeweitet werden.

Schlüsselbegriffe

WOMAM, Iberien, Geschlechtergefälle, geschlechtsspezifische Ungleichheit, Frauen, Residenzregeln, Bronzezeit, Mobilität, nicht-staatliche Gesellschaften

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich