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The Multilingual Mind

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Überwindung von Sprachbarrieren

Untersuchungen zu Vorteilen und Problemen im Zusammenhang mit Mehrsprachigkeit können einen produktiven Beitrag zu Bildung, Gesundheit und Integration Zugewanderter in Europa leisten.

Grundlagenforschung icon Grundlagenforschung

Im Zuge von Europas langer Migrationsgeschichte bildeten sich mehrsprachige Gemeinschaften heraus. Die wissenschaftliche Erforschung der Vorteile und Herausforderungen bei Mehrsprachigkeit ist entscheidend, um Wohlbefinden, Bildung und Beschäftigung Zugewanderter sowie deren Integration und Perspektiven in Europa zu verbessern. Das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierte Projekt MultiMind sollte daher den Stand in der Mehrsprachigkeitsforschung maßgeblich voranbringen. Schwerpunkt von MultiMind war der Einfluss von Mehrsprachigkeit auf Spracherwerb, Kognition, Kreativität und Gehirnfunktion sowie deren Rolle in atypischen Bevölkerungsgruppen. „Unser Hauptziel war, evidenzbasierte Praktiken für inklusive Bildung und Gesundheit zu entwickeln, die mehrsprachigen Gesellschaften in Europa und weltweit zugutekommen“, erklärt Projektkoordinator Theo Marinis.

Vorteile von Mehrsprachigkeit

Die Europäische Union priorisiert Mehrsprachigkeit und empfiehlt für Kinder das Erlernen zwei weiterer Sprachen neben der Muttersprache. Analysen des Projekts MultiMind zu Vorteilen von Mehrsprachigkeit sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft zeigen, dass mehrsprachig aufwachsende Kinder durch Verknüpfung der Sprachen aktives Vokabular in allen erworbenen Sprachen besitzen. Mehrsprachigkeit erhöht die Plastizität im Gehirn und damit dessen funktionelle Anpassung, was wiederum das Erlernen weiterer Sprachen erleichtern kann. Werden mehrsprachige Kinder in all ihren Sprachen unterrichtet, kann dies das Sprachlernvermögen wie auch Bildungsergebnisse positiv beeinflussen. Auf gesellschaftlicher Ebene wirkt Mehrsprachigkeit Stereotypisierung und Vorurteilen entgegen, was individuell und auch für die Gesellschaft Vorteile bringt. Maßnahmen zur Förderung von Mehrsprachigkeit durch lokale und staatliche Regierungen sind daher wichtig und ebnen den Weg für solche Veränderungen. „Die Ansicht, dass Mehrsprachigkeit Kinder verwirrt, sollte überdacht werden, um die Einstellung zu Mehrsprachigkeit zu verändern, was in Aus- und Weiterbildungskursen vermittelt werden kann“, betont Marinis.

Mehrsprachigkeit und Migration

Aufgrund zunehmender Zuwanderung sind vor allem maßgeschneiderte Unterrichtsansätze für diese spezifische Bevölkerungsgruppe und eine umfassende, strukturierte Ausbildung der Lehrkräfte gefragt. MultiMind erkundete verschiedene Lehrmethoden in unterschiedlichen Umgebungen und Bevölkerungsgruppen. Den Ergebnissen zufolge sollte die Politik darauf hinarbeiten, Lehrkräfte entsprechend zu schulen und einen maßgeschneiderten Lehrplan für die Bedürfnisse von Kindern mit Migrationshintergrund einzuführen. Bildungsberatungen und Schulleitungen sollten die Zusammenarbeit von Lehrkräften fördern, interne Schulungen durchführen und Kooperationen zwischen Forschung und Bildung unterstützen, um linguistische Vielfalt im Bildungssektor zu erreichen.

Erkennen von Sprachentwicklungsstörungen bei mehrsprachigen Kindern

Im Umgang mit Sprachentwicklungsstörungen bei mehrsprachigen Kindern (z. B. Lese-/Rechtschreibschwäche) können vokabularunabhängige Aufgaben gestellt werden wie Nonword-Repetition-Tests, nichtsprachliche Aufgaben im Zusammenhang mit Arbeitsgedächtnis und Konzentrationsfähigkeit sowie computergestützte Screening-Protokolle. „Logopädie und Sprachtherapie, Bildung und Forschung sollten die kontinuierliche Bereitstellung von Informationen und Ressourcen wie auch die Neubewertung bewährter Verfahren umfassen“, betont Marinis.

Sprachwahl in der Psychotherapie

Allgemein gilt, dass in einer psychotherapeutischen Behandlung die Muttersprache beider Beteiligter (der behandelnden und der behandelten Person) gesprochen werden sollte. In manchen Fällen wird in der Therapiesitzung jedoch eine Fremdsprache als klinische Intervention eingesetzt, um Erinnerungen emotional abzuschwächen. MultiMind lieferte den Beweis für die Effektivität einer solchen Methode in der Psychotherapie und dafür, dass der psychotherapeutische Einsatz von Sprachen gefördert werden sollte. Für die breitere Öffentlichkeit wäre zudem interessant, wie über (eine oder mehrere) Fremdsprachen die eigene Emotionsregulation verbessert werden kann, was ein wichtiger Aspekt im Alltagsleben ist.

Neue Leitlinien

Das Team formulierte mehrere Leitlinien zum Thema Mehrsprachigkeit in Schulunterricht, Logopädie, Sprach- und Psychotherapie.

Schlüsselbegriffe

MultiMind, Mehrsprachigkeit, Migration, Spracherwerb, Lehrausbildung, Gehirnplastizität, Psychotherapie, Logopädie, Sprachtherapie

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