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Stochastic pattern formation in biochemical systems

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Einflussfaktoren der individuellen und kollektiven Bewegung in biochemischen Systemen

Fortgeschrittene mathematische Modelle, die Reaktions-Advektions-Diffusionsgleichungen, Chemotaxis und Zufälligkeit integrieren, können über komplexe Musterbildung Aufschluss geben.

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Weltraumwetterphänomene, Krankheitsverbreitung und die Metastasierung von Krebszellen sind nur einige Beispiele für die unzähligen Systeme, bei denen mehrere Faktoren interagieren und sich durch ein Medium bewegen. Die Mathematik bietet nützliche Werkzeuge zur Charakterisierung und Quantifizierung solcher Systeme, um sie besser zu verstehen, ihre Vorhersagbarkeit zu verbessern und möglicherweise auch ihre Steuerung zu optimieren. Mit Unterstützung durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen hat das Projekt STOPATT durch Integration stochastischer Eingangsdaten die Theorie und Mathematik hinter der Bildung von räumlichen Mustern in solchen Systemen vorangebracht. Zu diesem Zweck konzentrierte die Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiatin Erika Hausenblas von der Montanuniversität Leoben ihre Forschung auf Schleimpilze, deren Lebenszyklus als eukaryotische Organismen sowohl bewegliche Einzelzellen als auch Sporen umfasst.

Reaktions-Advektions-Diffusion, Chemotaxis und stochastische Störung

Der Schleimpilz ist ein interessantes Reaktions-Advektionssystem, das durch Gleichungen für drei zugrundeliegende Einflussfaktoren der raumzeitlichen Musterbildung beschrieben ist: chemische Reaktionen, die Gesamtbewegung im System (Advektion) und die zufällige Bewegung einzelner Einheiten (Diffusion). Er weist außerdem eine Chemotaxis auf, d. h. die Bewegung von Zellen oder Organismen als Reaktion auf Konzentrationsgradienten auf chemische Stoffe, wie Nährstoffe, Giftstoffe oder Signalmoleküle. „Bei unzureichender Nahrung produziert der Schleimpilz einen chemischen Stoff, der andere Schleimpilzzellen anlockt. Die Zellen häufen sich zu einer Art Turm an, von dessen Spitze aus Zellen durch den Wind an einen potenziell nahrungsreicheren Ort getragen werden können. Die Chemotaxis ist somit eine Überlebensstrategie“, erklärt Hausenblas. „Die mathematischen Gleichungen modellieren das durchschnittliche Verhalten einer Population und lassen dabei das intrinsische Zufallsrauschen außen vor, das mit den verrauschten Umgebungen zusammenhängt, in denen biologische Systeme leben. Diese intrinsische Zufälligkeit lässt sich modellieren, indem das System durch stochastische Eingangsdaten gestört wird. Wir verfolgten einen stochastischen Prozess in Form einer Funktion, die die Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen beschreibt.“

Definition und Erprobung der mathematischen Modelle

Da das System existiert, existiert für jedes reale Problem de facto auch eine Lösung. Die Schaffung eines mathematischen Modells, das das System und seine Lösung(en) adäquat repräsentiert, ist jedoch eine komplizierte Aufgabe – ganz besonders bei komplexen biologischen Systemen. Hausenblas gelang die Ableitung von Gleichungen, die die Reaktions-Advektions-Diffusion mit Chemotaxis und stochastischer Störung modellieren, und bewies damit die Existenz einer Lösung für die Gleichungen in 1D sowie 2D. Im nächsten Schritt wurde(n) die Lösung(en) unter verschiedenen Bedingungen bewertet – zum Beispiel nach den Fragen, ob die Lösung „regelmäßig“ ist, welche Merkmale sie aufweist (z. B. ob es mehr als eine Anhäufungsregion gibt) und wie sich die räumlichen Muster entwickeln, wenn die Zeit gegen unendlich geht. „Daran arbeiten wir nach wie vor. Um diese Fragen besser beantworten zu können, haben wir einen Code zur Modellierung der Bifurkation entwickelt – ein Phänomen, das auftritt, wenn eine leichte Änderung bei bestimmten Parametern zu einer plötzlichen qualitativen Änderung des Systemverhaltens führt. Ein Bifurkationspunkt hängt generell mit Veränderungen der lokalen Stabilität oder des lokalen Gleichgewichts zusammen. In unserem Fall kann damit, anhand der stochastischen Nahrungsfunktion, die Anhäufung von Schleimpilzen in mehr als einer Region modelliert werden“, merkt Hausenblas an. Die Berechnung der Bifurkation ist bei Zufälligkeit deutlich schwerer als mit deterministischen Variablen, doch Hausenblas nimmt die Herausforderung gerne an. Bei solch komplexen Systemen finden sich nur selten analytische (exakte) Lösungen und viele Systemeigenschaften können nicht experimentell ermittelt werden, da die Messvorrichtung das Verhalten des natürlichen Systems verändert. Hausenblas wird die numerischen Lösungen ihrer Gleichungen entwickeln, sodass durch numerische Simulationen eine hinreichend genaue Annäherung an die exakte Lösung möglich ist, um praktische Erkenntnisse über die stochastische Musterbildung in biochemischen Systemen zu offenbaren.

Schlüsselbegriffe

STOPATT, stochastisch, Schleimpilz, Chemotaxis, Reaktions-Advektions-Diffusion, Bifurkation, biologische Systeme, mathematische Modelle, Anhäufung, räumliches Muster

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