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Islamic architecture and Orientalizing style in Habsburg Bosnia, 1878-1918

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Die Kaisermoscheen beleuchten

Die Analyse eines deutlich orientalisierenden Architekturstils in Bosnien deckt Machtgefälle an der europäischen Grenze zum Balkan im 19. Jahrhundert auf.

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Zwischen 1878 und 1918 fiel Bosnien-Herzegowina unter die Herrschaft von Österreich-Ungarns Habsburgermonarchie. Die Verantwortlichen in Wien und Budapest standen vor der Herausforderung, eine vielfältige Gesellschaft zu regieren, die zuvor von muslimischen Eliten dominiert wurde. „Paradoxerweise ging diese Herrschaft mit einer beispiellosen Erneuerung der muslimischen Infrastruktur einher“, erklärt Maximilian Hartmuth, Kunsthistoriker an der Universität Wien und Projektkoordinator von THEKAISERSMOSQUES. Ein bedeutender Teil der von mitteleuropäischen Architekten in dieser Zeit entworfenen Gebäude beruht auf einer islamischen Architekturtypologie, zu der auch Moscheen und Madrasas gehören. Es wurde ein orientalisierender Stil erschlossen, um Form, Funktion und Modernisierungsvision in Einklang zu bringen. Über das vom Europäischen Forschungsrat finanzierte Projekt THEKAISERSMOSQUES wurde dieser wenig bekannte experimentelle Schnittpunkt zwischen europäischer und islamischer Architektur in dieser Region um 1900 untersucht. Das Hauptziel des Projekts bestand darin, das Argument zu untermauern, dass solche Gebäude als eigene Gruppe von Baudenkmälern betrachtet werden sollten, die als solche erforscht werden sollten.

Einen unverwechselbaren architektonischen Stil dokumentieren

Viele der Gebäude in diesem einzigartigen architektonischen Stil weisen typischerweise Bänder in wechselnden Farben und hufeisenförmige Fenster auf. Einige sind zwar dokumentiert, viele jedoch nicht, weshalb die Forschenden in bosnischen Städten vor Ort nach ihnen suchten. In Archiven und Bibliotheken wurden ebenso Nachforschungen angestellt. „Grundlegend für die Ausweitung der Untersuchung waren Analysen der bestehenden Wissenschaft zum Thema und der Primärquellen – vor allem der bosnischen Sprachen und des Deutschen, aber auch des osmanischen Türkisch, das in der muslimischen Elite Bosniens weiterhin von Bedeutung war.“

Eine neue Chronologie erarbeiten

Projektintern wurde festgestellt, dass die Architektur in einem orientalisierenden Stil früher weiter verbreitet und sichtbarer war als heute. Das Team ermittelte in verschiedenen Teilen des Landes über 100 relevante Gebäude in diesem Stil. Die Forschenden schlugen zudem eine neue Chronologie vor, die sich auf mehrere wichtige Wendepunkte konzentriert. Ein erster Schritt war die Entscheidung im Jahr 1884, die bedeutendste Moschee Sarajevos in einem Stil zu renovieren, der Elemente historischer islamischer Gebäude im Mittelmeerraum aufgreift – im Gegensatz zur Restaurierung der westlich geprägten spätosmanischen Phase. Ein erneuter Wendepunkt folgte im Jahr 1891: Der orientalisierende Stil entwickelte sich von einem „muslimischen Stil“ zu einem „territorialen Stil“, als er nicht nur für religiöse, sondern auch für Verwaltungsgebäude als angemessen erachtet wurde. Mithilfe von in Mitteleuropa in Architektur und Ingenieurwesen ausgebildeten Personen verbreitete sich dieser Stil in fast allen Teilen des Landes. Einen dritten Wendepunkt stellte der Tod von Benjámin Kállay im Jahr 1903 dar, dem „Kolonialverwalter“, der mit einem ungezähmten Eklektizismus in Verbindung gebracht wurde, der dann zum Gegenstand der Kritik wurde. Viele spätere Projekte zeichnen sich durch weniger Ornamente und eine vereinfachte Farbpalette aus.

Ein stetiger Strom an Veröffentlichungen

Das Team hat bereits zwei Sammelbände und eine Monografie veröffentlicht, die auf ihren Erkenntnissen beruhen. Ein weiterer Band und eine Monografie werden derzeit geprüft. Im Jahr 2024 sollen zwei Monografien folgen, die sich mit der visuellen Dokumentation weniger bekannter Hauptwerke befassen. „Die Veröffentlichungen werden das dauerhafteste Projektvermächtnis sein“, sagt Hartmuth. Das Team wird anschließend weitere Erkenntnisse über Bosnien veröffentlichen, besonders in kleineren Städten, was hoffentlich das Verständnis für die Architekturgeschichte dieser Region und vielleicht auch den Kulturtourismus in diesem Gebiet fördern wird. „Wir hoffen, dass internationale Reisende und Einheimische Reiseziele wie Travnik und Banja Luka, aber auch weniger bekannte Orte in der Region besuchen werden“, fügt Harmuth hinzu. „Die faszinierenden Geschichten vieler Gebäude müssen rekonstruiert werden, bevor sie weitergegeben werden können.“

Schlüsselbegriffe

THEKAISERSMOSQUES, Habsburg, Monarchie, Bosnien-Herzegowina, orientalisch, Stil, osmanisch, Moscheen

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