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Warum sind männliche Spinnen bereit, für Sex zu sterben?

Bei einem romantischen Abend einer braunen Witwe ist für zwei gedeckt – aber nur eine wird speisen. Die winzigen Männchen sind jedoch kaum sättigend, also ist die Ökologin Lenka Sentenska der Meinung, dass das kuriose karnivore Balzverhalten dieser Webspinnen weiter erforscht werden sollte.

Das Paarungsverhalten ist in der Evolutionsbiologie ein spannendes Thema, doch sexueller Kannibalismus ist besonders rätselhaft. „Sexueller Kannibalismus ist bei Säuge- und Wirbeltieren sehr selten, bei Spinnen und anderen Spinnentieren wie Skorpionen jedoch weit verbreitet“, sagt Sentenska, Forscherin für Tierverhalten an der Universität Greifswald. Diese Männchen opfern sich im Sinne der Reproduktion, was der Evolutionstheorie völlig widerspricht: Die gängige Strategie ist, sich so oft wie möglich zu paaren, um die Chancen zu erhöhen, die eigenen Gene weiterzugeben. Sentenska wollte dieses Netz entwirren und forschte an der Spezies Latrodectus geometricus, auch bekannt als braune Witwe.

Ein ungleiches Treffen

Sentenska gibt gern zu, dass der Reiz ihrer Forschung zum Teil an dem Kultstatus der Witwenspinne liegt. Es gibt über 30 Arten der Witwenspinne, und die Selbstopferung wurde nur in zwei nachgewiesen: Rotrückenspinne und braune Witwe. „Aber bei den meisten Arten wurde das Paarungsverhalten nicht erforscht, sodass das wahre Ausmaß der Selbstopferung unbekannt ist“, ergänzt Sentenska. Weibliche braune Witwen sind ortsgebunden und die Männchen kommen zu ihnen zur Paarung. Die Art weist auch einen ausgeprägten Sexualdimorphismus auf, die Weibchen sind deutlich größer als die Männchen. Daher scheint Futterbedarf nicht der Grund für den sexuellen Kannibalismus zu sein, wie es bei Arten wie Gottesanbeterinnen angenommen wurde, bei denen die Größe der Männchen und Weibchen nicht so unterschiedlich ist. „Bei einigen Arten gibt es Anzeichen, dass der sexuelle Kannibalismus auf den Hunger der Weibchen zurückgeführt werden kann. Doch bei braunen Witwen haben Männchen etwa 4 % der Körpermasse der Weibchen und sind somit kaum eine Mahlzeit“, erklärt Sentenska. Die Idee, dass Männchen mit dem geringen Aufwand für die Reproduktion mehrere Partner auswählen, ist eine „theoretische Vereinfachung“, so Sentenska. „In Studien wurden andere Gattungen der Echten Witwen beobachtet und markiert. Dabei kam heraus, dass nur etwa 20 % der Männchen einen Paarungspartner finden. Die Chance, einen weiteren Partner zu finden, ist also gering.“

Tödlicher Reiz

Sentenskas Mentorin, Maydianne Andrade, entdeckte als Erste, dass sich Rotrückenweibchen nach sexuellem Kannibalismus nur zögerlich mit anderen Männchen paaren. Sentenskas Experimente mit braunen Witwen im Rahmen des Projekts Widow Spider Mating, das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanziert wurde, ergaben jedoch, dass Kannibalismus bei dieser Art weder die Paarung verlängert noch die Paarungsbereitschaft verringert. „Es ist faszinierend, dass das gleiche Selbstopferungsverhalten in der gleichen Gattung unterschiedliche Funktionen zu erfüllen scheint“, kommentiert Sentenska. „Das ist das coole an Wissenschaft: Wir glauben etwas zu wissen und finden dann heraus, dass es viel komplizierter ist.“ Im Projekt Widow Spider Mating wurde auch das kürzlich entdeckte Phänomen untersucht, dass erwachsene Männchen der braunen Witwe sich mit unreifen Weibchen paaren. Dabei konnten die Männchen nicht nur erfolgreich ihre Gene weitergeben, sie konnten auch mehr Spermien übertragen, mehr Pfropfen ablegen, um künftige Paarung zu verhindern, und – das ist wohl entscheidend – sie wurden anschließend nicht gefressen. Die Sache hat natürlich einen Haken. „Weibliche Spinnen locken Männchen mit chemischen Signalen – Pheromonen – an. Die werden jedoch meist erst von ausgewachsenen Spinnen produziert“, merkt Sentenska an. „Wir fanden heraus, dass Männchen trotz der vielen Gefahren eher ausgewachsene Weibchen aufsuchen. Möglicherweise folgen Sie einfach dem stärkeren bzw. einzigen Signal.“ Selbst bei Spinnen ist die Liebe einfach übermächtig. Hier erfahren Sie mehr über die Forschung von Sentenska: Paarungsentscheidungen männlicher Witwenspinnen erforschen

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