Geschlechtergerechte Systeme zur Forschungsförderung einrichten
Wenn die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei der Verteilung von Forschungsmitteln verringert werden können, ist die Chancengleichheit der Frauen und Männer in der Wissenschaft sichergestellt. In einigen Ländern wird eine ausgefeilte Gleichstellungspolitik durchgesetzt, sodass einige Unterschiede bei erfolgreichen Anträgen auf Finanzhilfen ausgeglichen werden konnten. Dennoch sind diese Unterschiede noch immer weit verbreitet. „Die geschlechtsspezifische Verzerrung und Diskrepanz ist im Forschungssystem noch immer dominant und zeigt sich insbesondere bei der Mittelverteilung“, erklärt Michael Ploder, Leiter der Forschungsgruppe für Technologie, Innovation und Politik bei Joanneum Research und Projektkoordinator von GRANteD. „Es ist unabdingbar, dass Forschende ungeachtet des sozialen oder biologischen Geschlechts, Alters, der Muttersprache oder anderen sozialen Dimensionen gleiche Chancen auf Finanzhilfen haben, denn diese sind ein wichtiger Schritt beim Aufbau einer Forschungskarriere“, ergänzt er. In diesem Sinne wurden im EU-finanzierten Projekt GRANteD die zahlreichen Faktoren bestimmt, die bei der Mittelzuweisung zu geschlechtsspezifischen Unterschieden führen können. Dabei wurden hauptsächlich reale Situationen geschlechtsspezifischer Verzerrung betrachtet, um konkrete Fälle und die Folgen auf die Forschungskarriere aufzuzeigen.
Einen konzeptionellen Rahmen zur geschlechtsspezifischen Verzerrung aufstellen
Die GRANteD-Forschenden erstellten einen komplexen konzeptionellen Rahmen, um die mögliche Verzerrung bei der Prüfung von Forschungsvorhaben zu analysieren. Mittels quantitativer Ansätze prüften sie verschiedene Variablen, durch die geschlechtsspezifische Ungleichheiten aufkommen könnten, und auch Faktoren, mit denen sich die Auswirkung eines Förderbeschlusses auf die weitere Laufbahn erklären lassen. Sie analysierten Daten aus verschiedenen Fallstudien und Datensätzen, um zu erfahren, ob ein Geschlechtergefälle besteht und ob Frauen oder Männer Nachteile durch Antragsprüfungen zukommen. Aus der Analyse von Längsschnittdaten ging hervor, dass Forscher in Bezug auf die Karriereentwicklung durch Zuschüsse noch immer im Vorteil sind. Sie haben früher einen Lehrstuhl inne, obwohl sie weniger Erfolge im Sinne von bibliometrischen Indikatoren vorweisen können als ihre Kolleginnen. Das Team hat mehr als 100 persönliche Interviews mit Gremiumsmitgliedern, Vorsitzenden, Ferngutachterinnen und -gutachtern sowie Leitungspersonen von Programmen zur Forschungsförderung durchgeführt und dabei die Umsetzung der Politik und die Herausforderungen begutachtet, die durch eine formale Gleichstellungspolitik für die (Fern-)Begutachtung durch Gleichrangige aufkommen. „Mit diesen tiefgreifenden Erkenntnissen konnten wir nachvollziehen, warum einige Strategien nicht wirksam sind und wie sie verbessert werden können“, sagt Helene Schiffbänker, leitende Forscherin bei Joanneum Research und Hauptforscherin im GRANteD-Projekt.
Positive Auswirkungen der Gleichstellungspolitik
Die Forschenden fanden heraus, dass zumindest für Nachwuchsforschende geschlechtsspezifische Ungleichheiten seltener bei Organisationen zur Forschungsförderung auftreten, bei denen seit Langem eine Gleichstellungspolitik durchgesetzt wird. In anderen Organisationen wurden noch keine oder nur in Ausnahmefällen solche Politiken aufgesetzt. „Das Bewusstsein und die Möglichkeiten der Prüfenden, eine innovative Gleichstellungspolitik durchzusetzen, fehlen teilweise“, meint Schiffbänker. „Mit Maßnahmen zum Kapazitätsausbau könnte die Wirkung verstärkt werden“, fährt sie fort.
Die Macht der Gleichstellungspolitik
Das GRANteD-Team hofft, dass der mögliche Fortschritt durch eine breite Umsetzung einer Gleichstellungspolitik in der nationalen Politik und betroffenen Organisationen ankommt. „Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass die Strategien komplexer werden und auf verschiedene Aspekte der Ungleichheit im Forschungsökosystem eingehen, sodass mehr Wissen der Antragstellenden, Prüfenden und der Personen, die diese Strategien aufstellen, aufgebaut werden muss“, so Ploder. Die Ergebnisse aus GRANteD fließen bereits in andere EU-finanzierte Projekt ein, darunter GENDERACTIONplus, über das Vertretungspersonen aus Organisationen zur Forschungsförderung und nationalen Behörden zur Gestaltung spezifischer Gleichstellungspolitiken geschult werden, und auch INSPIRE, dessen Team mit Förderagenturen zusammenarbeitet, um geschlechtergerechte Innovationen zu unterstützen.
Schlüsselbegriffe
GRANteD, Geschlecht, Ungleichgewicht, Gleichheit, Politik, Forschungsförderung, Kapazitätsaufbau, Zuweisung