Was aßen die frühen Menschen wirklich?
Bei Steinzeitmenschen denken wir an Fleischesser. Bevor sie den Ackerbau entdeckten, jagten und sammelten sie, um zu überleben, und lebten von Fleisch und tierischen Produkten. Eine kürzlich durchgeführte Ausgrabung in der Taforalt-Höhle in Marokko stellt diese gängige Meinung jedoch auf den Kopf. Forschende des Max-Planck-Instituts in Leipzig untersuchten die Zähne und Knochen von Jägern und Sammlern, den sogenannten Ibéromaurusiern, die vor etwa 15 000 Jahren in diesem Gebiet lebten.
Pflanzen auf der Speisekarte
Das Forschungsteam fand heraus, dass sie zum Überleben vor allem auf Pflanzen – und nicht auf Tiere – angewiesen waren. Die Ibéromaurusier betrieben nie Landwirtschaft. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Ecology & Evolution“(öffnet in neuem Fenster) veröffentlicht. „Unsere Analyse hat gezeigt, dass diese Jäger- und Sammlergruppen eine große Menge an pflanzlichen Stoffen, Wildpflanzen, auf ihrem Speiseplan hatten, was unser Verständnis der Ernährung vor der Landwirtschaft veränderte“, erklärte die Hauptautorin Zineb Moubtahij, Doktorandin am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, gegenüber dem „CNN“(öffnet in neuem Fenster).
Mehr Sammler als Jäger
„Auch wenn nicht alle Individuen in Taforalt ihre Proteine hauptsächlich aus Pflanzen bezogen, ist es doch ungewöhnlich, einen so hohen Anteil von Pflanzen in der Ernährung einer vorlandwirtschaftlichen Menschengruppe zu dokumentieren“, erklärte Mitautorin Klervia Jaouen, Forscherin am französischen Forschungsinstitut Géosciences Environment Toulouse. „Dies ist wahrscheinlich das erste Mal, dass eine so bedeutende pflanzliche Komponente in einer paläolithischen Ernährung mithilfe von Isotopentechniken dokumentiert wurde.“ Die Studie ergab auch, dass Pflanzen möglicherweise sogar zum Abstillen von Säuglingen verwendet wurden. Es ist möglich, dass pflanzliche Nahrungsmittel ihre Hauptnahrungsquelle waren. „Interessanterweise zeigten unsere Ergebnisse nur minimale Hinweise auf den Verzehr von Meeres- oder Süßwassertieren bei diesen alten Gruppen“, erklärte Moubtahij gegenüber „Reuters“(öffnet in neuem Fenster). „Außerdem scheint es, dass diese Menschen Wildpflanzen früher als bisher angenommen in die Ernährung ihrer Säuglinge aufgenommen haben.“ „Zu verstehen, warum einige Jäger- und Sammlergruppen zur Landwirtschaft übergingen, andere aber nicht, kann wertvolle Einblicke in die Triebkräfte der landwirtschaftlichen Innovation und in die Faktoren geben, die die Entscheidung menschlicher Gesellschaften für neue Subsistenzstrategien beeinflussten“, so Moubtahij.