Bahnbrechende Demenz-Biomarkerentdeckung
Demenz stellt eine wachsende globale Herausforderung dar: Weltweit sind 40 Millionen Menschen betroffen, wobei sich diese Zahl voraussichtlich alle zwanzig Jahre verdoppeln wird. Allein in Europa leben etwa 8,8 Millionen Menschen, die von dieser Erkrankung betroffen sind. Ungeachtet ihrer tiefgreifenden persönlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen gestaltet sich die Diagnose von Demenz in ihren Frühstadien nach wie vor schwierig, da die klinischen Symptome meist erst Jahre nach dem Einsetzen pathologischer Veränderungen auftreten und sich die klinischen Symptome der verschiedenen Demenzursachen erheblich überschneiden.
Integrativer Ansatz bei der Suche nach Biomarkern
Im Rahmen des mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) durchgeführten Projekts MIRIADE(öffnet in neuem Fenster) wurde das Ziel verfolgt, die Entdeckung von neuartigen Biomarkern für Demenz(öffnet in neuem Fenster) zu beschleunigen. „Wir haben ein einzigartiges Forschungs- und Schulungsprogramm ins Leben gerufen, um präzise Ansätze für die Gesundheitsversorgung zu ermöglichen, die eine frühzeitige Diagnose, Krankheitsüberwachung und bessere Behandlungsergebnisse ermöglichen“, erklärt Projektkoordinatorin Charlotte Teunissen vom Amsterdam University Medical Centre(öffnet in neuem Fenster) (UMC).
Bahnbrechende Fortschritte durch maschinelles Lernen
Eine zentrale Errungenschaft des Projekts MIRIADE liegt in seinem integrativen Ansatz zur Datenanalyse und Biomarkeridentifizierung. Innerhalb des Gemeinschaftsunternehmens wurden Omik-Daten(öffnet in neuem Fenster) aus Rückenmarksflüssigkeits- (Cerebrospinal Fluid, CSF) und Blutproben vereinheitlicht und über dreißig Biomarkerkandidaten in die Entwicklung weitergegeben. Es kombinierte künstliche Intelligenz (KI), Big-Data-Analysen, modernste Assaytechnologien und die Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen, um sowohl die wissenschaftliche Entdeckung als auch die klinische Anwendung voranzutreiben. Die entwickelten KI-Tools sollten die Doktoranden und Forschende des Projekts dabei unterstützen, aus Tausenden von Proteinen diejenigen herauszufiltern, die es wert sind, untersucht zu werden. Sie stützten sich auf bestehende Datensätze, Literaturübersichten sowie experimentelle Daten, die im Rahmen des Projekts selbst erhoben wurden. In Luxemburg beispielsweise wendeten die Forschenden verfeinerte statistische Modelle und Text-Mining-Techniken an. Dieser mehrschichtige Datenansatz ermöglichte es den Modellen des maschinellen Lernens, vorherzusagen, welche Proteine nicht nur biologisch relevant, sondern auch in CSF oder Blut messbar sind. Ein weiterer wichtiger Einsatzbereich der KI war die Bewertung, ob ein bestimmtes Protein mithilfe von Antikörpern – Reagenzien, die sich an Zielproteine binden – nachgewiesen werden kann. „Normalerweise erfordert dieses Verfahren einige Versuche“ sagt Teunissen. „Die KI-Modelle halfen uns jedoch dabei, bereits vor den Labortests vorherzusagen, ob eine Interaktion zwischen Antikörper und Protein wahrscheinlich funktionieren würde.“ Für drei der 15 Promovierenden des Projekts war die KI nicht nur eine Untersuchungsmethode, sondern der Hauptschwerpunkt ihrer Forschung. Die damit verbundenen Vorteile gehen weit über den Rahmen von MIRIADE hinaus. Diese Modelle bilden nun die Grundlage für neue Projekte im Bereich der neurodegenerativen Forschung und bieten einen intelligenteren Weg, um Biomarker zu finden, die in der realen klinischen Welt funktionieren.
Biomarkervalidierung und Assayentwicklung
Dank dieses Big-Data-Ansatzes konnten bemerkenswerte Fortschritte bei der Entwicklung von Biomarker-Assays und der klinischen Validierung erzielt werden. Mithilfe fortgeschrittener Proteintechnologien konnte das MIRIADE-Team mit Erfolg Assays für sechzehn Biomarker entwickeln und klinisch validieren. Zu den priorisierten Biomarkern gehörten Dopamin-Decarboxylase für Demenz, Aquaporin-4 für die Alzheimer-Krankheit und die synaptischen Biomarker(öffnet in neuem Fenster) SNAP-25 und VAMP-2 im Blut für frontotemporale Demenz und Alzheimer-Krankheit.
Erkenntnisse in klinische Praxis umsetzen
Die Umsetzung der Erkenntnisse von MIRIADE in die klinische und diagnostische Anwendung ist bereits im vollen Gange. Biomarker wie die Dopamin-Decarboxylase werden in ersten klinischen Studien eingesetzt, und pTau-Plasmatests werden zurzeit prospektiv evaluiert. Für weitere Biomarker sind retrospektive und prospektive Validierungsstudien geplant, um ihre klinische Anwendung zu verfeinern. Zudem wurde im Rahmen des Projekts ein umfassender Fahrplan für die zukünftige Biomarkerentwicklung erstellt. Dieser Rahmen umfasst bestmögliche Verfahren zur Integration von KI, Big Data, Assayentwicklung und klinischer Validierung sowie Ansätze zur Förderung der Zusammenarbeit von Interessengruppen, um die Umsetzung von Biomarkern in die Praxis zu beschleunigen. Mit Blick in die Zukunft wird das Projektteam seine Arbeit fortsetzen, wobei die Biomarkervalidierung verfeinert, die Assayproduktion erweitert und die Suche nach Finanzmitteln intensiviert werden, um mit seinen Entdeckungen weiter voranzukommen. MIRIADE gestaltet eine Zukunft, in der eine rechtzeitige Diagnose und eine wirksame Behandlung die Ergebnisse der Patientinnen und Patienten deutlich verbessern und die sozioökonomische Belastung durch Demenz weltweit verringern.