Das Auge als Fenster zum Gehirn
Menschen mit Diabetes Typ II haben ein erhöhtes Risiko, leichtere kognitive Störungen zu entwickeln. Dabei haben Personen merkliche Probleme mit ihrem Gedächtnis und Denken. Die Störungen selbst sind keine schwerwiegende Erkrankung, können aber ein frühes Anzeichen für Demenz sein – weshalb es wichtig ist, dass Menschen mit Diabetes auf diese Erkrankung untersucht werden. Laut Rafael Simó, einem Professor für Medizin und Endokrinologie am Universitätskrankenhaus Vall d‘Hebron(öffnet in neuem Fenster), sollten diese Untersuchungen am Auge ansetzen. „Die Netzhaut ist ontogenetisch Gewebe, das vom Hirn abgeleitet ist. Sie könnte also als leicht zugängliche und nichtinvasive Möglichkeit dienen, die Pathologie des Gehirns zu untersuchen“, sagt er. Unterstützt über das EU-finanzierte Projekt RECOGNISED(öffnet in neuem Fenster) hat Simó sich das Auge als Fenster zum Gehirn angesehen. „Unser Ziel ist, die Netzhaut in ein Instrument zu verwandeln, um die Menschen mit Diabetes Typ II zu erkennen, die ein höheres Risiko haben, eine Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit oder Demenz zu entwickeln“, ergänzt er.
Eine nützliche Methode, leichtere kognitive Störungen bei Menschen mit Diabetes Typ II zu erkennen
Mit Mikroperimetrie und einem tragbaren Elektroretinographiegerät haben die Forschenden Daten zu Augen von mehr als 300 Betroffenen erhoben und analysiert. Sie fanden heraus, dass dieser Ansatz in Kombination mit einfachen klinischen Variablen eine nützliche Methode ist, leichtere kognitive Störungen bei Menschen mit Diabetes Typ II zu erkennen. „Die verwendeten Parameter sind nicht von der Stimmung oder Depression abhängig, sodass diese Strategie eine Optimierung der Untersuchungen auf leichtere kognitive Störungen bei dieser Bevölkerungsgruppe darstellen kann“, erklärt Simó. Das Team fand auch heraus, dass die visuelle Konstruktion zuerst und am stärksten von diesen Störungen betroffen ist. Diese Beeinträchtigung stand unabhängig mit der Empfindlichkeit der Netzhaut und der Blickfunktion im Zusammenhang. Das sind die zwei Parameter, die mittels Mikroperimetrie geprüft wurden.
Noch mehr Erkenntnisse aus den gesammelten Daten gewinnen
Bei vielen Netzhaut- und Gehirnuntersuchungen hat das RECOGNISED-Team eine enorme Datenmenge erhoben. Daraus wurden zwar wichtige Ergebnisse gezogen, aber um das Potenzial vollständig auszuschöpfen, arbeitet das Team mit anderen Forschungsinitiativen zusammen. Auch Fortschritte der künstlichen Intelligenz werden geprüft, um die Datenanalyse voranzubringen. „Wir haben die Grundlage für praktische Instrumente gelegt, die einfach in die Gesundheitssysteme integriert werden könnten, um leichtere kognitive Störungen bei Menschen mit Diabetes Typ II zu erkennen“, schließt Simó. „Das hat bedeutende Auswirkungen auf den Umgang mit Diabetes und kann dazu beitragen, die einhergehende wirtschaftliche Belastung zu reduzieren.“ Aktuell verpassen die Projektforschenden mehreren Artikeln den letzten Schliff, die in bekannten wissenschaftlichen und medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht werden sollen. Ferner haben sich die am Projekt beteiligten Kliniken bereiterklärt, die Nachuntersuchungen von 30 auf 54 Monate auszuweiten – daraus werden sich sicherlich mehr Erkenntnisse dazu ergeben, wie das Auge in der Medizin als Fenster zum Hirn genutzt werden kann.
Schlüsselbegriffe
RECOGNISED, Gehirn, Augenuntersuchungen, Diabetes Typ II, Diabetes, leichtere kognitive Störungen, Demenz, Medizin, Netzhaut, Mikroperimetrie, künstliche Intelligenz, Elektroretinographiegerät