Das Potenzial gentechnischer Veränderungen in der Landwirtschaft und bei Mikroalgen erschließen
Genomeditierung wie die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete CRISPR/Cas9-Technologie ermöglicht schnelle und präzise Genomveränderungen, indem gezielte Veränderungen direkt in der DNS einer Spezies vorgenommen werden. In der Landwirtschaft und der Aquakultur besteht ein wachsendes Interesse an solchen Instrumenten, um die Verbesserung von Arten zu beschleunigen und die Praktiken im Einklang mit den Zielen für die Umwelt, die Wirtschaft und die nachhaltige Landwirtschaft zu verändern. Durch Genomeditierung können Eigenschaften wie Krankheitsresistenz und Nährstoffgehalt verbessert werden, und sie verspricht eine erhebliche Verringerung des Pestizideinsatzes, des Energieverbrauchs und der Industrieabfälle.
Ein benutzerfreundlicher Werkzeugkasten zur Genomeditierung
Im EU-finanzierten Projekt GeneBEcon(öffnet in neuem Fenster) wurde das enorme Potenzial von Genomeditierung zur Entwicklung energiesparender Lösungen für die Landwirtschaft und die industrielle Verarbeitung ausgelotet. Die Partner des Konsortiums haben benutzerfreundliche Protokolle, einen auf Entscheidungsbäumen basierenden Arbeitsablauf namens GeneBEwise und eine zentralisierte Plasmiddatenbank(öffnet in neuem Fenster) erstellt. Der Werkzeugkasten wurde speziell für Forschende und Zuchtbetriebe entwickelt, um technische Handelshemmnisse zu senken und Experimente durch klare, anpassbare Arbeitsabläufe zu beschleunigen: „Diese Ressourcen sollen Forschenden eine solide Grundlage bieten und sie in die Lage versetzen, sie leicht an spezifische Ziele für Pflanzen anzupassen und zu optimieren“, erklärt der Projektkoordinator Dennis Eriksson von der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften(öffnet in neuem Fenster).
Von Kartoffeln bis zu Mikroalgen
Bei Kartoffeln und Mikroalgen konnte das GeneBEcon-Team mit dem Werkzeugkasten bereits bedeutende Erfolge erzielen. Bei den Kartoffeln ging es darum, eine virenresistente Sorte mit höherer Stärkequalität zu entwickeln, um die chemische Lebensmittelverarbeitung abzulösen. Mit Kultivatoren, die gegen das Kartoffelvirus Y(öffnet in neuem Fenster) resistent sind, könnte der Insektizideinsatz in der EU um etwa 850 000 kg pro Jahr gesenkt werden. Durch die Optimierung der Stärkezusammensetzung kann der Einsatz von Chemikalien um 75 000 Tonnen verringert und bei der industriellen Verarbeitung jährlich 7,5 GWh Energie eingespart werden. Parallel dazu leistete das GeneBEcon-Team Pionierarbeit bei der Entwicklung von Protokollen zur Genomeditierung für die Mikroalgen Nannochloropsis und Chlorella(öffnet in neuem Fenster), wobei es sich bei letzterer um eine Art handelt, bei der es vor dem Projekt nur wenige genomische Innovationen gab. Die Forschenden haben gezeigt, dass es möglich ist, die Produktion von Carotinoiden zu steigern, wertvollen antioxidativen Verbindungen, die in den Bereichen Gesundheit und Ernährung eingesetzt werden. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass sich die verbleibende Algenbiomasse als eiweißreiches Futtermittel für Geflügel eignet, um einen abfallfreien, kreislauforientierten Ansatz in der Biotechnologie zu fördern.
Innovation und Governance aufeinander abstimmen
Das GeneBEcon-Team hat sich auch intensiv mit dem rechtlichen Umfeld und der öffentlichen Akzeptanz neuer Genomverfahren befasst. Im Rahmen des Projekts wurden sechs Regulierungsszenarien entwickelt und jeweils im Hinblick auf die Anforderungen an die Biosicherheitsdaten, die Kosten für die Einhaltung der Vorschriften und die möglichen Auswirkungen auf die Investitionen analysiert. Die Ergebnisse lassen schließen, dass die vorgeschlagene Verordnung(öffnet in neuem Fenster) der Europäischen Union – insbesondere für die Kategorie 1 der sogenannten „Neuen genomischen Techniken“ (NGT) -–Anreize für Innovationen und Marktchancen bietet. „Wenn Europa das Potenzial der Genomeditierung in der gesamten Bioökonomie voll ausschöpfen will, muss es gleichzeitig zweckmäßige Rechtsvorschriften für andere Organismen, einschließlich Mikroalgen, geben“, betont Eriksson. Ergänzend dazu wurden im Rahmen des Projekts gemeinsam mit den Interessengruppen Aktionspläne für den Übergang zu NGT erstellt, die sich an sechs Interessengruppen richten: Zuchtbetriebe, die Landwirtschaft, die nationale Politik, die Lebensmittelindustrie, Verbrauchende und NRO. Diese öffentlichen Ressourcen enthalten konkrete Ratschläge für die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie über neue Verfahren zur Genomeditierung, um Fehlinformationen und Missverständnissen entgegenzuwirken. Durch die Verbindung von wissenschaftlicher Exzellenz mit praktischen Mitteln und politischen Einsichten ist das GeneBEcon-Team bereit, den nächsten Schritt bei der Nutzung der Ergebnisse zu unternehmen. Die virusresistenten Kartoffellinien können in Zuchtprogramme integriert werden, während die Arbeit an den Mikroalgen eine solide Grundlage für die Ausweitung und Erforschung weiterer Anwendungen in der Produktion hochwertiger Verbindungen und in Wertschöpfungsketten mit doppeltem Verwendungszweck darstellt.