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Harmony on the Edge. Musical Encounters Between Early Modern Europe and South America

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Wie die Musik den Blick der Europäer auf die indigenen Südamerikaner prägte

Entdecken Sie, was Begegnungen von Europäern mit indigener Musik über ihre Vorstellungen von Menschlichkeit, Ethnie und Zivilisation verraten.

Musik beschränkt sich nicht auf den Klang. Sie resoniert nicht nur in unseren Ohren, sondern nimmt auch Einfluss auf unsere Identität, unseren Glauben und unser historisches Erbe. In der Kolonialgeschichte Europas spielte sie auch eine Rolle bei der kulturübergreifenden Interaktion, Intervention und Interpretation. Das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme(öffnet in neuem Fenster) unterstützte Projekt Harmony on the Edge(öffnet in neuem Fenster) untersuchte die Auswirkungen der musikalischen Begegnungen zwischen europäischen und südamerikanischen Kulturen während der Frühen Neuzeit (ca. 1500-1800). „Im Gegensatz zu gegenwärtigen Auffassungen wurde Musik damals nicht nur als Kunstform betrachtet, sondern auch als Wissenschaft, als Weltanschauung und als Rahmen, durch den die Politik und die soziale Ordnung neu gestaltet werden konnten“, sagt Amparo Fontaine, die Leiterin des Projekts Harmony on the Edge. Mittels umfangreicher Archivrecherchen u. a. in Frankreich und Chile brachte das Projekt zum Vorschein, dass „die Begegnungen mit südamerikanischer Musik nicht nur die europäischen Vorstellungen von der Menschlichkeit und den kulturellen Merkmalen der indigenen Völker prägten, sondern auch zu umfassenderen Recherchen hinsichtlich der menschlichen Natur und der menschlichen Vielfalt führten.“ Fontaine erklärt, dass diese musikalischen Begegnungen grundlegende Fragen über die Ursprünge der Geschichte, Konzepte der Universalität und die Entwicklung der Sprache bereicherten – zentrale Themen des Aufklärungsgedankens. Außerdem wurde die Rolle der Musik als Wissensform in dieser Zeit auch auf einer von der Forscherin organisierten internationalen Konferenz(öffnet in neuem Fenster) angesprochen.

Musik als Spiegel der kolonialen Denkweise

Während sich frühere Forschungsarbeiten häufig auf die musikalischen Bildungsprogramme konzentrierten, die Missionare und die katholische Kirche im Rahmen der Evangelisierung und Kolonisierung nutzten, beleuchtete Harmony on the Edge des Weiteren, wie Europäer die Musik der Eingeborenen interpretierten. Die Studie stützt sich auf Berichte von Naturphilosophen, Angehörigen der Streitkräfte, Kolonialverwaltern und anderen Reisenden. Trotz der unterschiedlichen Quellen, Ziele, Erfahrungen und ästhetischen Sensibilitäten bezogen sie sich in ihren Schriften über Südamerika häufig auf Musik und erkannten die Musikalität der indigenen Völker an. „Gleichzeitig wurde die indigene Musik jedoch oft als bloßer Lärm abgetan – ein Begriff, der starke politische und moralische Implikationen hatte. Der Begriff der Harmonie wurde diesen musikalischen Praktiken hingegen nur selten zugeschrieben“, so Fontaine. Das Projekt verdeutlicht, dass die Vorstellungen von Ethnie und Zivilisation durch Klang geformt wurden. Die Europäer interpretierten häufig bestimmte Instrumente und Körperbewegungen wie Tanz oder Performance als Zeichen kultureller Identität und verwendeten sie zur Unterscheidung der „zivilisierten“ Menschen von „wilden“ Menschen. Die Fallstudien des Projekts werden von dem Gedanken geleitet, dass indigene Völker „domestiziert" werden konnten, wenn die Musik als mächtiges Instrument zur Vermittlung von Moral und christlichen Werten eingesetzt wurde. Zudem wurde die Musik dafür genutzt, den Einfallsreichtum, die Sensibilität und die soziale Organisation der indigenen Menschen zu verteidigen und sogar zu bekräftigen, dass ihnen die Menschlichkeit mit den Europäern gemein ist.

Gegenstände, Instrumente und Spuren der Begegnung

Harmony on the Edge beleuchtet die unterschiedlichen Interpretationen indigener Klangwelten und verfolgt, wie Musikinstrumente, Augenzeugenberichte und Reiseberichte die Vorstellungen der Europäer von Amerika prägten. Einen zentralen Forschungsgegenstand stellten materielle Artefakte dar, einschließlich solcher, die beschrieben, gesammelt, untersucht oder abgebildet wurden. Während indigene Sichtweisen kaum zugänglich und die meisten Quellen europäisch sind, lassen bestimmte Gegenstände und Bilder Spuren von Momenten des Austauschs erkennen. Das Projekt zeigt anhand von Beispielen, die von der Panflöte bis hin zu einer angeblich aus menschlichen Knochen gefertigten Flöte reichen, wie Musik und musikalische Begegnungen dazu beitrugen, Vorstellungen über Zivilisation, Ethnie und kulturelle Andersartigkeit zu entwickeln.

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