Orientalisches Christentum neu gelesen
Im Rahmen von "Cultural variety in the Christian Orient: Christian Arabic language and literature in the Middle Ages" (Cocallma) setzen die Projektpartner für ihre Untersuchungen des Manuskripts die neo-lachmannsche Textkritik ein und analysierten die Schriftsprache des Textes besonders sorgfältig. Der Text wurde auf Mittelarabisch oder in gemischtem Arabisch verfasst, welches im Mittelalter von der orthodoxen melkitischen Kirche verwendet wurde. Die Projektaktivitäten konzentrierten sich auf die Wiederherstellung und Kollation von Manuskripten und die Bestimmung der Quellen des Autors. Zu den Forschungsvorhaben gehörte auch das Studium christlich arabischer Manuskripte in der französischen Staatsbibliothek. Bei diesen Arbeiten wurde auch eine neue Quelle entdeckt und studiert. Diese beinhaltete Fragmente der berühmten arabischen Enzyklopädie die "Episteln der Brüder der Reinheit". Dies war eine sehr wichtige Entdeckung, da sie Ähnlichkeiten zwischen dem Manuskript des Bischofs von Gaza und den Episteln aufdeckte, wodurch es wahrscheinlich wird, dass al-Gazzi die Brüder der Reinheit kannte. Spätere Studien haben jedoch aufgedeckt, dass die Hauptquelle das "Book of demonstration" des arabischen Mathematikers Abu Bakr al-Hassar ist, der im 12. Jahrhundert gelebt hat. Zusammen mit den theologischen Schriften des Theodor Abu Qurra und des Johannes von Damaskus hat dieses Buch die palästinisch-christliche Literatur des Mittelalters beeinflusst. Eine neue Edition des Werks Sulaymans ibn Hasan al-Gazzi wird das theologische Denken in Palästina in der Zeit der Fatimiden besser erleuchten. Außerdem verspricht man sich davon Hinweise auf die Frage, wie die Verbreitung literarischer Texte in der vormodernen arabischen Welt nicht durch die Religion eingeschränkt wurde. Das orientalische Christentum ist ein aussichtsreicher Forschungsbereich, von dem wir lernen können, wie Wissen von Osten nach Westen gelangen konnte und wie Christen und Muslime im Vorderen Orient seit Jahrhunderten zusammenleben. Durch diese Informationen lassen sich vor allem heutige politische und religiöse Herausforderungen, die Europa zu bewältigen hat, besser verstehen.