CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Story
Inhalt archiviert am 2024-04-22

Article available in the following languages:

Feature Stories - Breitband - ein Gigabit pro Sekunde für jeden!

Die Arbeit europäischer Forscher ebnete den Weg für ultraschnelle Breitbandnetzwerke, die künftig von viel mehr Menschen in Europa genutzt werden können. Entwickelt wurde eine Technologie, die kostengünstig bis zu 1 Gigabit pro Sekunde (Gb/s) sowohl für Privatkunden als auch für Heimnetzwerke bereitstellt.

Digitale Wirtschaft icon Digitale Wirtschaft

Netzwerke mit Übertragungsraten von bis zu einem Gb/s gab es bislang nur in Schweden, da das Land eine der hochmodernsten Telekommunikationsinfrastrukturen besitzt. Die Forschungsarbeit der EU-finanzierten Wissenschaftler soll nun dazu beitragen, dass auch andere Länder Hochgeschwindigkeitsnetzwerke einrichten können. Derart hohe Übertragungsraten sind erforderlich für die Entwicklung neuer Datenanwendungen wie Fernsehen in Super-HD-Qualität (Super High Definition), Video on Demand, Computerspiele der nächsten Generation sowie für Ferndiagnosen in der Medizin und die medizinische Betreuung älterer Menschen. "Für Dienste wie lokale und globale Speichernetzwerke, HD-Videokonferenzen und Grid-Computing werden Hochgeschwindigkeitsnetzwerke benötigt", wie Dr. Mikhail Popov, Koordinator des Projekts ALPHA (Architectures for flexible photonic home and access) erklärt. "Einige Anwendungen wie interaktive Online-Ferndiagnostik erlauben keine Datenkompression, sodass derartige Dienste höchste Übertragungsraten benötigen. Möglicherweise sind sogar mehr als 1 Gb/s nötig, um jedem Nutzer hochqualitative Dienste anbieten zu können", wie er weiter ausführt. ALPHA war ein ambitioniertes Forschungsprojekt, das sich 39 Monate lang mit Bottlenecks in ultraschnellen Zugangsnetzwerken (die dem Endkunden Internet-Breitbandverbindungen zur Verfügung stellen) und mit der Netzwerkeinrichtung in Heim und Büro befasste. Die Forscher des Projekts entwickelten Netzwerkmodelle und Standards, um höchste Übertragungsraten zu minimalen Kosten und mit logischsten Upgrade-Pfaden bereitzustellen. Mittels Testumgebungen und Validierungen wurde demonstriert, dass die Entwicklungen der ALPHA-Forscher dem steigenden Bandbreitenbedarf gerecht werden. "Neben dem Bandbreitenbedarf muss eine solche Lösung auch einfach eingerichtet, gewartet und kostengünstig skaliert werden können, zudem muss sie eine komfortable Servicequalität für das Netzwerk bieten", vermerkt Dr. Popov. Das Großprojekt ALPHA, an dem 17 Partner beteiligt waren, wurde mit mehr als 16 Mio. EUR bezuschusst (von denen rund zwei Drittel von der Europäischen Kommission stammten) und widmet sich künftigen Anforderungen an den Zugang und gebäudeinterne Netzwerke für Heim und Büro, entwickelte spezielle Infrastrukturen, um heterogene Umgebungen leitungsgebundener und drahtloser Technologien zusammenzuführen. Harter Wettbewerb Die Konkurrenz schläft nicht. Für die Entwicklung von Breitbandzugängen eignen sich Dutzende von Technologien und Schlüsselsystemen, angefangen von Core- und Metro-Area-Netzwerken bis hin zu Outlets für Privatanwender. Jede Schlüsseltechnologie konkurriert mit einer Vielzahl technischer Lösungen, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Und all diese Lösungen werden rasant weiterentwickelt. Schwerpunkt der Forschungen des ALPHA-Netzwerks sind aktive und passive optische Netzwerke (AON bzw. PON). Aktive optische Netzwerke verwenden elektrische Schalter für die Signalverteilung, passive optische Netzwerke hingegen arbeiten mit optischen Splittern. PON sind aufgrund ihrer einfachen, nur passiven Faserinfrastruktur in diesem Bereich sehr effizient und zuverlässig, haben jedoch eine geringere Reichweite als AON. Zudem kann sich die Fehlersuche in einem passiven optischen Netzwerk schwierig gestalten und die Datenübertragung in Spitzenzeiten langsamer werden, da der Breitbandzugang nicht individuell zur Verfügung gestellt wird, sondern auf viele Nutzer verteilt ist. AON verwenden die Ethernet-Technologie, was die Interoperabilität zwischen Kunden vereinfacht. Nutzer können Hardware für die gewünschte Datenübertragung erwerben und nach Bedarf aufrüsten, ohne dass eine Neustrukturierung des Netzwerks erforderlich ist. Die Einrichtung eines AON kann jedoch teurer sein als bei einem PON. Von Bedeutung ist auch das Material der optischen Faser, d.h. ob es sich um Multimode- oder Singlemode-Fasern handelt oder um Kunststofffasern. Für die verschiedenen Bandbreiten gibt es jeweils Router, Schalter, Multiplexer, Verstärker und Dutzende von Elementen, vom Basisnetz bis zum Endnutzer. Jedes Netzwerk hat eigene Einschränkungen und Bandbreitenbedarf. Das jeweilige Telekommunikationsbasisnetzwerk ist mit einem Metro-Area-Netzwerk (MAN) verbunden, das sich wiederum in lokale Zugangsnetze (LAN) aufteilt, die die Verbindung für Heim und Büro gewährleisten. Über LAN-Anschlüsse sind einzelne Geräte innerhalb eines Gebäudes verbunden. Wichtig ist auch, dass alle europäischen und internationalen Standards und Normen erfüllt werden, die von verschiedenen Standardisierungsbehörden für Breitbandnutzung kontrolliert werden, u.a. der IEEE und der International Telecommunications Union. Trotz all dieser Herausforderungen erreichte ALPHA seine Projektziele, d.h. die Definition, Integration und Validierung einer breiten Auswahl von Technologien, um Zugangsnetze und Home-Domänen ultraschnelles Breitband-Internet zu bieten. Die Ergebnisse des Projekts in vollem Umfang aufzuführen, würde allerdings über den Rahmen dieses Beitrags hinausgehen. Multiplex-Systeme – verblüffende Lösungen Ein anschauliches Beispiel für die Arbeit des Forscherteams sind Fortschritte bei der Entwicklung der Multiplex- Technologie, mit der mehrere Datenströme über ein und dieselbe Leitung übertragen werden. Multiplex ist ein Schlüsselfaktor unter künftigen Technologien, da physische Leitungen auf hocheffiziente Weise genutzt werden. WDM (Wavelength division multiplexing) arbeitet mit unterschiedlichen Wellenlängen bzw. Farben und generiert so separate Datenströme, was die Kapazität der Faserkabels deutlich erhöht. WDM gilt weithin als Technologie der Zukunft, ist mit jetzigen Preisen aber noch zu teuer. Zeitmultiplex (Time division multiplexing, TDM) ist die kostengünstigere Alternative, da hier Elektronik zum Einsatz kommt. Die Datenübertragung der einzelnen Verbindungen erfolgt in einem definierten Multiplexrahmen, in dem für jeden Übertragungskanal ein fester Zeitschlitz vorhanden ist. Das ALPHA-Team entwickelte daher ein hybrides WDM/TDM-Multiplex-System mit einer Übertragungsrate von 10 Gb/s über ein passives optisches Netzwerk. Diese Technologie unterstützt Zugangsnetze, die Heim oder Büro mit Breitbandanschlüssen versorgen. Die Lösung von ALPHA unterstützt sogar die ROF-Technologie (radio-over-fibre) für den mobilen Breitband-Internetzugang in leitungsgebundenen Netzwerken. Das Multiplex-System ist eine übergreifende Schlüsseltechnologie für die kostengünstige Entwicklung von Netzwerken. Es unterstützt derzeitige Übertragungsraten und ebnet den Weg für Breitbandverbindungen der nächsten Generation, was aber nur ein Bruchteil der erfolgreichen Arbeit des ALPHA-Teams ist. Erreicht wurde erstmals eine weltweite Rekordgeschwindigkeit von 20 Gb/s in Echtzeit mittels eines neuen Modems, das auf der OOFMD-Technologie beruht (Optical orthogonal frequency division multiplexing). Dabei werden mehrere Datenströme durch Tonmodulation generiert, eine vielseitige und weit verbreitete Übertragungsmethode, die auch problematische Bedingungen wie Fading und Interferenz meistert. Das Konsortium entwickelte die UPnP QoS (Universal plug 'n' play quality of service) und GMPLS (Generalised multi-protocol label switching)-Methoden weiter, die Servicegarantie für Privatnutzer und Zugangsnetzen bieten. Im Rahmen des Projekts wurde ein Gigabit-Modem für Home Networks entwickelt, das Kunststoff-Lichtwellenleiter verwendet, eine wichtiger technologischer Aspekt, mit dem das Herunterladen von Filmen in DVD-Qualität nicht länger dauert als 60 Sekunden! Bislang sind derartige Übertragungsraten nur in wenigen Ländern verfügbar, mit der neuen, von ALPHA entwickelten Architektur und Übertragungstechnik können aber nun auch andere Netzwerke problemlos aufgerüstet werden. Insgesamt kann das Projekt außerordentliche Fortschritte vorweisen, darunter 9 Patentanträge und 77 unabhängige Gutachten, die in Zeitschriften veröffentlicht wurden, sowie 200 Beiträge für Konferenzen. Das Team leistete zudem einen wesentlichen Beitrag zur Standardisierung. Das ALPHA-Projekt wurde unter dem Themenbereich Informations- und Kommunikationstechnologie des Siebten Rahmenprogramms (RP7) gefördert, dem "Netzwerk der Zukunft". Nützliche Links: - Projekt "Architectures for flexible photonic home and access" - ALPHA-Projektdatensatz auf CORDIS Weiterführende Artikel: - Europa gibt Vollgas bei E-Services - MODE macht Europa bereit für das Internet der Zukunft - Mobiles Internet unter einem Dach - Rat "Wettbewerbsfähigkeit" treibt Forschungsagenda voran