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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Mit einem intelligenten T-Shirt gegen chronische Krankheiten

Ein mit Sensoren ausgestattetes T-Shirt verspricht erhebliche Verbesserungen in der Lebensqualität für chronisch Kranke und soll Ärzte unterstützen und die Gesundheitskosten reduzieren. EU-finanzierte Forscher haben dieses innovative System entwickelt, mit dem sich Herzfrequenz, Atmung und körperliche Aktivität messen lässt. Ergänzt wird es durch Technologie für heimische Krankenpflege und intelligente Datenverarbeitung. Es könnte sogar im Training für Spitzensportler etwa beim Rugby wichtige Dienste leisten.

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Angesichts einer alternden Bevölkerung in Europa nehmen chronische Krankheiten immer mehr zu. Durch eine allmähliche Verschlechterung der Gesundheit und wiederkehrende Vorfälle, die oft sofortige ärztliche Hilfe erfordern, haben chronische Erkrankungen schwerwiegende Auswirkungen auf Selbständigkeit und Lebensqualität von Patienten und belasten die ohnehin schon an ihre Grenzen stoßenden Gesundheitssysteme. Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) zum Beispiel wird Schätzungen zufolge bis 2030 die dritthäufigste Todesursache weltweit sein, während chronisches Nierenversagen (chronic kidney disease, CKD) jeden vierten Menschen im Alter von über 65 Jahren betrifft. Patienten mit diesen und vielen anderen unheilbaren chronischen Krankheiten benötigen eine langfristige Betreuung, um ihre Symptome zu lindern und den Krankheitsfortschritt zu verlangsamen. "Derzeit müssen die Patienten für die Behandlung derartiger Erkrankungen regelmäßig ihren Arzt oder Spezialisten besuchen, um sich untersuchen zu lassen und den Krankheitsfortschritt zu überwachen. Dies bedeute eine Belastung für Patienten und Ärzte, Kosten für die Gesundheitssysteme und eventuell mangelhafte Behandlungsbedingungen aufgrund unzureichender oder ungenauer Daten", erklärt Roberto Rosso, Manager für Forschung und Entwicklung beim Gesundheitsdienstleister TESAN in Italien. Auf der Grundlage von Sensornetzen, Umgebungsintelligenz und Fernüberwachung gehen innovative Gesundheitstechnologien viele dieser Probleme an wecken das Interesse von Gesundheitsdienstleistern auf der ganzen Welt. Im Rahmen des Projekts Chronious* wurde mit Unterstützung durch 7,25 Mio. EUR aus der Forschungsförderung der Europäischen Kommission ein neues System entwickelt, das eine umfassende Lösung für die Fernüberwachung von chronisch Kranken bietet. Ein Konsortium von 14 Partnern aus acht europäischen Ländern entwickelte unter der Koordination von Roberto Rosso ein intelligentes tragbares System speziell für COPD- und CKD-Patienten, das aber ebenso leicht für eine Vielzahl anderer langwieriger Erkrankungen angepasst werden könnte. Das System ist mit tragbaren Herz-, Atemwegs- und Aktivitätssensoren in einem leichten T-Shirt ausgestattet und umfasst darüber hinaus externe Geräten wie eine digitale Waage, Messgeräte für Blutzucker und Blutdruck, ein Spirometer und einen Luftqualitätssensor in der Wohnung oder dem Zimmer des Patienten, um Vital-, Körper- und Umgebungswerte zu messen. Diese sind alle mit einem mobilen Gerät verbunden, etwa ein Smartphone oder PDA, das die Patientendaten wiederum an den Pflegedienst übermittelt, wo diese dann mit intelligenter Software analysiert werden. Durch den offenen, modularen und flexiblen Ansatz lassen sich je nach Zustand des einzelnen Patienten verschiedene Arten von Sensoren einsetzen. Damit ist das System besonders anpassungsfähig für Fälle von Begleiterkrankungen, bei denen Patienten unter zwei oder mehreren Störungen wie etwa Diabetes und CKD leiden. Insbesondere für CKD-Patienten entwickelte das Chronious-Team ein innovatives Ernährungsprogramm mit einer einfach zu bedienenden Schnittstelle, mit dem sich ihre Diät genau überwachen lässt. Genauere Daten führen zu besseren Behandlungen "Einer der großen Vorteile dieses Ansatzes für die Ärzte ist der hohe Genauigkeitsgrad der Daten. Die Patienten werden täglich dort überwacht, wo sie ihr normales Leben führen. Dadurch erhalten wir ein besseres Bild von ihren Symptomen und Fortschritten und können so die Behandlung festlegen", erklärt Rosso. "Zum Beispiel ist eine richtige Ernährung entscheidend für die Reduzierung der CKD-Symptome, aber die gängige Praxis verlässt sich auf Fragebögen, in denen Patienten bei der nächsten Untersuchung eintragen müssen, was sie essen. Und diese Angaben sind möglicherweise nicht immer ganz korrekt." Je mehr intelligent verarbeitete und analysierte Daten zur Verfügung stehen, desto besser können die Behandlungen auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden. Durch die Fernüberwachung verringert sich die Notwendigkeit für regelmäßige Check-ups, was den Ärzten und den Patienten Zeit spart, während Pfleger sofort alarmiert werden, wenn die Vitalwerte der Patienten sich verändern oder auf ein Problem hindeuten. "Gerade bei chronischen Krankheiten können Veränderungen oder Zwischenfälle, die nicht rechtzeitig behandelt werden, Symptome hervorrufen und den Zustand der Patienten verschlechtern. Reagiert man aber schnell auf Veränderungen, hat das langfristig eventuell große Auswirkungen auf Gesundheit und Fortschritt", so der Projektkoordinator. "Andersherum weiß man mithilfe der Fernüberwachungstechnologie auch, dass es keine Notwendigkeit für einen Arztbesuch gibt, wenn der Zustand stabil bleibt." Nachdem das System in zwei Studien mit 50 bzw. 60 COPD- und CKD-Patienten in Spanien und Italien getestet wurde, erhielt das Folgeprojekt mit den Namen Chromed kürzlich EU-Fördermittel für die Durchführung umfangreicherer Studien mit mindestens 300 Patienten in Spanien, Estland, Slowenien, Schweden und dem Vereinigten Königreich. "Die Versuche im Rahmen von Chronious waren sehr erfolgreich und die Benutzer haben uns wertvolles Feedback für eine Verbesserung des Systems und der Schnittstellen geliefert. Chromed wird diese Arbeit fortführen und wir werden das System gezielter auf die Überwachung von Patienten mit Begleiterkrankungen ausrichten. Die Studien werden objektive Daten über die Vorteile des Systems liefern." Roberto Rosso weist auf separate Studien zu telemedizinischen Lösungen hin, die TESAN durchgeführt hat und die gezeigt haben, wie sich Krankenhausaufenthalte durch die Fernüberwachung um bis zu 30% reduzieren lassen: ein großes Einsparungspotenzial für die Gesundheitssysteme. Parallel zu ihren laufenden wissenschaftlichen Untersuchungen arbeiten die Konsortiumspartner von Chronious auch an der Kommerzialisierung der Technologie sowohl für den Gesundheitsbereich als auch für andere Sektoren. Der Projektkoordinator stellt beispielsweise fest, dass sich eine italienische Rugbymannschaft für einen Einsatz der tragbaren Sensorplattform beim Training interessiert, um die Leistung der Spieler zu überwachen und zu messen. "In der Welt des Sports stellt Geld nicht so sehr ein Problem dar, so dass Teile dieser Technologie dort zuerst zum Einsatz kommen könnten. Die Westen aus den Chronious-Testreihen sind teuer und wir arbeiten an billigeren Alternativen für den Gesundheitssektor", so Rosso. "Dennoch sind der Markt und die Nachfrage für diese Art von eHealth-Technologie groß und Gesundheitsdienstleister aus der ganzen Welt haben ihr Interessen angemeldet, auch aus den Vereinigten Staaten und China." Roberto Rosso zufolge erwägt TESAN die Entwicklung eines kommerziellen Dienstes für die Überwachung chronisch kranker Patienten aufbauend auf den Projektergebnissen von Chronious. Andere Projektpartner wie Velti und Uniscan bemühen sich im die Vermarktung einiger der zugrunde liegenden technologischen Komponenten des Systems. * "An open, ubiquitous and adaptive chronic disease management platform for COPD and renal insufficiency" Nützliche Links: - Website des Projekts "An open, ubiquitous and adaptive chronic disease management platform for COPD and renal insufficiency" - Projekt-Factsheet zu Chronious auf CORDIS