Physiologische und pathophysiologische Mechanismen der Blut-Hirn-Schranke
Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge machen Hirnkrankheiten fast 35% menschlicher Erkrankungen aus. Die Blut-Hirn-Schranke ist ein Mechanismus, der den zellulären Austausch zwischen Gehirn, Blut und Liquor reguliert und das Gehirn vor schädigenden Substanzen schützt. Allerdings behindert sie auch Wirkstoffe auf dem Weg ins Gehirn, wenn etwa Hirnerkrankungen behandelt werden sollen. Um eine Lösung für den Wirkstofftransport durch die BHS zu finden, untersuchte das EU-finanzierte Projekt "Neuroscience on barriers in development" (NEUROBID) im Detail die Prozesse, die in der BHS stattfinden und verglich physiologische und pathophysiologische Zustände, um die wichtigsten beteiligten Akteure zu ermitteln. Am gesunden Gehirn wurden molekulare Mechanismen analysiert, die für den Transport großer Moleküle (Proteine) durch den Plexus chorioideus zuständig sind, und spezifische Rezeptoren auf der Zelloberfläche identifiziert. Deutlich beeinträchtigt wird die Funktion der BHS durch schädigende vorgeburtliche Ereignisse wie Entzündungen, Hypoxie und Glucocorticoid-Behandlung. Am Tiermodell für die Schädigungen wurde nun untersucht, wie sich diese Ereignisse in der Entwicklungsphase auf die BHS-Funktion auswirken. Dabei entdeckte man, dass eine Kortikosteroidexposition vor und nach der Geburt das Risiko für Neurodegeneration deutlich erhöht. Ähnliche Veränderungen der Morphologie und Funktion der BHS werden durch perinatale Entzündungen ausgelöst. So untersuchte das Konsortium, inwieweit die Funktion der BHS durch neuroprotektive Medikamente wiederhergestellt oder erhalten werden kann. Untersucht wurde auch der Molekül- und Wirkstofftransfer durch die BHS mittels verschiedener Strategien wie Veränderung der Lipidlöslichkeit oder Einsatz von Transportern und Trägerstoffen. Insgesamt lieferte NEUROBID damit neues Wissen zur Funktionsweise der BHS, vor allem in der Entwicklungsphase. Die gewonnenen Erkenntnisse sind auch für klinische Interventionen bei neurologischen Erkrankungen relevant.
Schlüsselbegriffe
Blut-Hirn-Schranke, neurologische Erkrankungen des Gehirns, Neurowissenschaften, neuroprotektive Medikamente