Win-Win-Situation bei der Behandlung von Alzheimer
Zunehmend geht man von übermäßigen Entzündungsprozessen im Frühstadium aus, die die Pathophysiologie der Alzheimer-Demenz fördern. Ein Aufhalten oder Verlangsamen dieser Prozesse könnte daher zum Erhalt der Gehirnfunktion beitragen und die Symptomatik hinauszögern. Das EU-finanzierte Projekt NGINFAD (Targeting Inflammation and Neurogenesis using cannabinoids to delay the onset of Alzheimer’s disease) untersucht Effekte chronischer Entzündungen bei Alzheimer-Demenz und Möglichkeiten, dies pharmakologisch zu unterbinden. Es baut dabei auf früheren Experimenten mit dem Endocannabinoid-System (ES) alternder Ratten, das mit der synthetischen Substanz WIN behandelt wurde, um die Nervenentzündung zu reduzieren und kognitiven Abbau zu verhindern. Da das ES unter anderem für Stimmung und Gedächtnis zuständig ist, geht NGINFAD davon aus, dass ein ähnlicher Ansatz auch zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit in Frage kommt. Die Experimente erfolgten an einem Mausmodell, das beim Altern verstärkt Alzheimer-typische Krankheitssymptome und Verhaltensstörungen aufweist. Symptomatisch waren etwa die Akkumulation von Beta-Amyloid, neurologische Entzündung, Absterben von Neuronen und Lernstörungen. Sie isolierten Astrozyten und Mikrogliazellen aus Mäusegehirnen und behandelten diese ex vivo mit WIN, was die entzündliche Reaktion der Gliazellen signifikant reduzierte. In vivo bewirkte die WIN-Therapie aber offenbar das Gegenteil. Insgesamt förderte die WIN-Infusion die Reaktivität von Gliazellen, Expression maßgeblicher entzündungsfördernder Zytokine (IL-1β, TNF-α) und erhöhte Werte bei neurotoxischen Aß-Oligomeren. Dies verdeutlicht, wie eine ES-Stimulation die Alzheimer-Pathologie verstärkt. Insgesamt legen die Ergebnisse von NGINFAD nahe, dass der Effekt von WIN unter pathologischen Bedingungen ein anderer ist als beim physiologischen Altern. Diese Unterschiede könnten aber auch auf die in jeder Studie verschiedenen Krankheitsmodelle zurückzuführen sein. Möglicherweise verstärkt das ES den neurologischen Entzündungsprozess, was das Krankheitsbild letztlich weiter verschlimmert.