Die Wirkungsweise von Interferon
Interferone sind Zytokine, die das Immunsystem als Kommunikationssignale nutzt, um Schutzreaktionen gegen eindringende Pathogene auszulösen. Interferon alpha und beta wurden für die Behandlung von Hepatitis C und Multipler Sklerose (MS) verwendet, um einen Krankheitsrückfall zu verhindern. Bei einer signifikanten Anzahl von Patienten verursacht die Interferon-Behandlung aber neuropsychiatrische Komplikationen wie Depressionen, Angstzustände und Gedächtnisverlust. Das EU-geförderte Projekt MBFUSEDIT (Molecular basis for unwanted side-effects during interferon therapy) befasste sich mit den zellulären und Verhaltenskonsequenzen einer IFN-beta-Behandlung, um unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren. In diesem Zusammenhang erzeugten sie transgene Mäuse mit einer spezifischen Deletion des Rezeptors für Typ-I-Interferone (IFNAR) auf Neuronen, Makrophagen, Gliazellen oder Endothelien im zentralen Nervensystem (ZNS). Mithilfe dieser Mäuse wollten Forscher beschreiben, wie systemisch angewandtes IFN-beta seine Wirkungen im Gehirn vermittelt. Die Genexpressionsanalyse in verschiedenen Hirnzellsubpopulationen zeigte, dass Endothelzellen nach einer IFN-Behandlung die stärksten Veränderungen bei der Expression von Interferon-stimulierten Genen und Zytokinen durchliefen. Da Endothelzellen des Gehirns einen Teil der Blut-Hirn-Schranke bilden, spekulierten die Forscher, dass diese Zellen die IFN-Nebenwirkungen vermitteln könnten. Tiere, denen das Zytokin IP10 fehlte, hatten keine Anzeichen für ein depressionsähnliches Verhalten nach IFN-beta-Behandlung. Dies unterstützt die Hypothese, dass IP10, das als Reaktion auf IFN-beta freigesetzt wird, für die entsprechenden Verhaltensänderungen verantwortlich ist. Darüber hinaus zeigte die elektrophysiologische Analyse des Hippocampus, dass die synaptische Plastizität als Folge der IP10-Anwendung unterdrückt wurde. Zusammengenommen unterstrichen die Beobachtungen der MBFUSEDIT-Studie die Bedeutung von Endothelzellen im Gehirn für die Kommunikation zwischen dem ZNS und dem Immunsystem. Die Beteiligung von IFNAR an der kognitiven und Verhaltensbeeinträchtigung nach einer IFN-Typ-I-Therapie eröffnet neue Möglichkeiten für den Umgang mit diesen Komplikationen.
Schlüsselbegriffe
Interferon, Immunsystem, Depression, ZNS, Endothelzellen, IP10