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Steuerung der Internetrecherche durch Augen und Gedanken

Voraussetzung für die Bedienung elektronischer Geräte ist normalerweise eine funktionierende Nerven- und Muskelsteuerung. Ein EU-finanziertes Projekt entwickelte nun ein Computersystem, das durch Augenbewegungen und mentale Befehle gesteuert wird und damit Behinderten helfen soll, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden.

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Maus und Tastatur funktionieren nur, wenn sie mit einem gesunden Nerven- und Muskelsystem präzise motorisch gesteuert werden. Inzwischen stehen aber auch Alternativen bereit, mit denen der Internetzugang über Augenbewegung und Gedanken dirigiert werden kann. Diese Technologien auszubauen war das Ziel, um künftig besser Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht zu werden. Nutzer solcher neuen Alternativen sind Patienten, die keine geistige Behinderung haben, deren neuromuskuläre Kontrolle aber eingeschränkt ist, wie es bei Muskeldystrophie, Multipler Sklerose, Parkinson und Rückenmarkverletzungen der Fall ist. Die digitale Welt im Auge behalten Damit auch Menschen mit funktionellen Störungen von der schnelllebigen Welt im Internet nicht abgehängt werden, entwickelte das Projekt MAMEM nun GazeTheWeb, einen „Framework für die Internetsuche mit allen Funktionen, die aber nur über die Augen dirigiert werden. Dabei werden bildliche Darstellungen und Steuerungsfunktionen auf Webseiten mit der Kontrolle der Augenbewegungen kombiniert“, erläutert Dr. Spiros Nikolopoulos, Forschungsstipendiat von MAMEM. GazeTheWeb kombinert die Extraktion von Webseitenelementen mit der Emulation herkömmlicher Eingabegeräte im Browser und ermöglicht auf diese Weise einen reibungslosen und zuverlässigen Zugang zum Netz. „So unterstützt das System nicht nur die effiziente Interaktion mit der Webseite wie Scrollen und Link-Navigation, sondern auch alle wichtigen Menüoperationen im Browser, etwa das Setzen von Lesezeichen“, fügt Dr. Nikolopoulos hinzu. „MAMEM ging zudem über die einfache blickbasierte Interaktion hinaus und erweiterte GazeTheWeb durch Gehirn-Computer-Schnittstellen (BCI), sodass nun eine fehlersensitive, blickbasierte Tastatur zur Verfügung steht“, wie er erläutert. Die Buchstabeneingabe mit den Augen ist relativ fehleranfällig, sodass der Nutzer häufig von der Haupttastatur wegschauen und die Rücktaste aktivieren muss, um falsche Eingaben zu löschen. Um dies zu vermeiden, machten sich die Forscher eine natürliche Eigenschaft des Gehirns zunutze, die aktiv wird, wenn der Benutzer einen Fehler feststellt. Dieses fehlerbezogene Potenzial kann mit EEG-Signalen (Elektroenzephalogramm) sichtbar gemacht werden. „Bei einem Fehler muss der Nutzer nun nicht mehr auf die Rücktaste drücken. Mit unserem System kann das Gehirn diese Aktion ausführen, da es an den erzeugten EEG-Signalen das Fehlerpotenzial erkennt“, erklärt Dr. Nikolopoulos. Dieses wunderbare Beispiel für eine effektive Kombination von Eyetracking und EEG-basierten BCI wurde in der Fachzeitschrift Nature’s Scientific Reports vorgestellt. GazeTheWeb im Test In Phase I der Pilotversuche prüfte man die Machbarkeit und Verwendbarkeit der MAMEM-Plattform in kontrollierter Umgebung. 18 Probanden ohne körperliche Behinderung und 16 Probanden mit neuromuskulären Erkrankungen, Parkinson oder Rückenmarkverletzungen arbeiteten mehrere Stunden lang mit der Plattform und lösten verschiedene, speziell für sie entwickelte Aufgaben. In der zweiten Phase wurde die MAMEM-Plattform in unkontrollierter Umgebung getestet – nämlich in der Wohnung der Nutzer. Auf einem Laptop mit installiertem MAMEM-System sollten alle üblichen Computeraktivitäten ausgeführt werden, wobei die Online-Aktivitäten überwacht und für weiteren Analysen aufgezeichnet wurden. Sowohl zu Beginn als auch danach wurden Fragebögen ausgefüllt, um die Plattform aus Nutzersicht zu beurteilen. Künftiger Fokus bei GazeTheWeb und Marktchancen Nach intensiver Prüfung entschied sich das Konsortium dafür, GazeTheWeb zum Schwerpunktthema ihrer Projektaktivitäten zu machen. Alle weiteren Technologien von MAMEM werden daher künftig als Plug-Ins die Funktionalität von GazeTheWeb ergänzen oder erweitern. So erweiterte MAMEM beispielsweise das beliebte Puzzle-Computerspiel TETRIS und entwickelte MM-Tetris, eine Version, bei der statt Händen nur noch Blick- und Gedankenkontrolle verwendet werden. „Unserer Meinung nach ist GazeTheWeb das ausgereifteste Produkt von MAMEM, und möglicherweise könnte die Universität Koblenz-Landau als führender Partner ein Spin-Off-Unternehmen gründen, um Startkapital oder andere Mittel für einen schnellen Marktzugang für die Plattform bereitzustellen“, so Dr. Nikolopoulos.

Schlüsselbegriffe

MAMEM, Auge, GazeTheWeb, Plattform, Web-Browsing, EEG-Signal, Gehirn-Computer-Schnittstelle, Pilotversuch

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