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Between State and Community−Public Health Campaigns and Local Healing Practice in socialist Asia 1950- 1980: Mao’s China, a case study

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Aus lokaler Perspektive: Hochgelobte staatliche Gesundheitsprogramme unter Mao Zedong doch eher kontraproduktiv

Unter Berücksichtigung der Empfehlungen der WHO zur medizinischen Versorgung in unterentwickelten Regionen wurden nun zwei Kampagnen der staatlichen medizinischen Versorgung untersucht, die Mao Zedong zur Zeit des Kalten Krieges konzipierte und für das Gesundheitswesen Chinas prägend waren. Die Frage war nun, wie diese Kampagnen von den Menschen vor Ort selbst beurteilt wurden.

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Bevor Dr. Xun Zhou, Lektorin für Neuere Geschichte an der Universität Essex, ihr Projekt „Health Care in China“ auf den Weg brachte, war die Informationslage zur Wirkung der Bilharziosebekämpfungskampagne und des Konzepts „Barfußarzt“ eher dürftig. Lässt sich die Wirkung dieser angeblich so effektiven Programme tatsächlich belegen? Die beiden Kampagnen gelten weltweit als beispielhaft für ein effizientes und kostengünstiges nationales Gesundheitssystem, doch wie verlässlich ist diese Aussage? Laut Dr. Zhou sah die Realität deutlich anders aus. „Tatsächlich ist die Wirkung beider Kampagnen sehr zweifelhaft, wenn man Fachleute, Basiskader, für die Umsetzung verantwortliche medizinische Hilfskräfte und Gemeinden vor Ort befragt. Oft waren sie offenbar sogar kontraproduktiv“, erklärt sie. Dr. Zhou führte Interviews mit diesen Zielgruppen durch und dokumentierte deren Berichte, befasste sich aber auch mit Archivdokumenten aus acht chinesischen Provinzen, in denen die Maßnahmen stattfanden. Dies vermittelte ihr ein differenziertes Bild, das zwar Parallelen zu den offiziellen Aussagen der Zentralbehörden aufzeigt, diese häufig genug aber auch widerlegt. „Ich entdeckte bislang unveröffentlichte Berichte aus dieser Zeit, die an der Genauigkeit der Studien damaliger Historiker zweifeln lässt“, sagt Dr. Zhou. Die Befragten berichteten insbesondere über das Konzept des Barfußarztes, mit dem Fachärzte und Schulmediziner durch weniger gut ausgebildete medizinische Hilfskräfte ersetzt wurden. Die Folge waren eine deutlich schlechtere Versorgungsqualität und Mangel an Ressourcen, was wiederum zu ineffizienter und unzureichender Gesundheitsversorgung führte und der Grund dafür war, dass das Programm Anfang der 80er Jahre eingestellt wurde. „Die Bilharziose-Kampagne beruhte ursprünglich auf einem streng schulmedizinischen Konzept: Schwerpunkt der öffentlichen Gesundheit auf internationaler Ebene war im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert der Kampf gegen Infektionskrankheiten. Dabei wurde bald verstärkt auf Maßnahmen gesetzt, die die die Bevölkerung in großem Maße involvierten, um den Vektor zu beseitigen: die Schnecken. Dies blieb nicht nur erfolglos, sondern schädigte, wie ich in der Studie belegen konnte, oft auch langfristig Gesundheit und Umwelt“, sagt Dr. Zhou. Dr. Zhou zeigt auch die wichtige Schlussfolgerung des Projekts auf, die für alle Interessengruppen im Bereich öffentliche Gesundheit und auch für EU-Behörden von Bedeutung ist: primär müssen die Bevölkerungsgruppen gehört werden, die von größeren staatlichen Gesundheitskampagnen direkt betroffen sind, um diese zu bewerten. „Globale Bemühungen zur Verbesserung der Gesundheit erweisen sich im Nachhinein oft als Misserfolg auf lokaler Ebene. Wird Fachmedizin durch Alternativmedizin ersetzt, ist dies zwar weniger teuer und einfacher umsetzbar, kann sich aber durchaus nachteilig auswirken. Eine Schulmedizin, die flächendeckend von schlecht ausgebildeten Ärzten oder Hilfskräften betrieben wird, kann die Behandlung verschlechtern. In diesem Sinne müssen alle Arten medizinischer Intervention stets lokal und kulturell angepasst werden und auf Ressourcen und Fähigkeiten abgestimmt werden.“ Da das über das Marie-Skłodowska-Curie-Programm finanzierte Projekt „Health Care in China“ inzwischen abgeschlossen ist, will Dr. Zhou nun untersuchen, wie Menschen mit Hungersnöten bzw. Ernährungsunsicherheit umgehen. Der Schwerpunkt dabei liegt auf der Großen Chinesischen Hungersnot unter Mao Zedong – der größten ihrer Art in der menschlichen Geschichte.

Schlüsselbegriffe

Health Care in China, Mao Zedong, Kampagne zur Bilharziosebekämpfung, Barfußarzt

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