Skip to main content
European Commission logo
Deutsch Deutsch
CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS
CORDIS Web 30th anniversary CORDIS Web 30th anniversary

Article Category

Inhalt archiviert am 2023-03-07

Article available in the following languages:

Und es sind doch die Gene! Risikofaktoren für gewöhnliche Migräne entdeckt

Ein internationales Konsortium aus Genetikern und Migräneforschern entdeckte eine Genvariante als mögliche Ursache für die gewöhnliche Form von Migräne. Die im Fachblatt Nature Genetics veröffentlichte Studie wurde im Rahmen des Projekts EUROHEAD ("Migraine genes and neurobiol...

Ein internationales Konsortium aus Genetikern und Migräneforschern entdeckte eine Genvariante als mögliche Ursache für die gewöhnliche Form von Migräne. Die im Fachblatt Nature Genetics veröffentlichte Studie wurde im Rahmen des Projekts EUROHEAD ("Migraine genes and neurobiological pathways") mit 3,2 Mio. EUR aus dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) teilfinanziert. Es gibt sieben Arten von Migräne, die alle außerordentlich schmerzhaft sind. Bei einem Migräneanfall reagieren die Betroffenen extrem empfindlich auf Lichtreize und Geräusche und leiden unter Übelkeit, Erbrechen und vorübergehendem Wahrnehmungsverlust. Auslöser können verschiedenste Ursachen sein, u.a. Stress und Schlafmangel oder auch Hormonschwankungen, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Schätzungsweise 8% aller Männer und 17% aller Frauen in Europa leiden unter häufiger auftretenden Migräneanfällen. In den vergangenen Jahren mehrten sich die Hinweise darauf, dass die Anfälligkeit hierfür hauptsächlich genetische Ursachen hat. Jüngst wurden auch Genmutationen entdeckt, die seltene und extreme Migräneformen begünstigen, allerdings war bislang wenig über die Gene bekannt, die für die gewöhnliche Migräne verantwortlich sind. Die an der neuen genomweiten Assoziationsstudie beteiligten Wissenschaftler aus 40 europäischen Forschungseinrichtungen untersuchten das Erbmaterial von 50.000 Patienten. Zuerst wurden die Genome von 2.731 Migränepatienten in Deutschland, den Niederlanden und Finnland mit 10.747 Kontrollpersonen verglichen. Der Verdacht der Forscher bestätigte sich anschließend in einem weiteren Vergleich von 3.202 Patienten mit 40.062 gesunden Personen. Wie sich herausstellte, wiesen Patienten mit einer bestimmten Genvariante auf Chromosom 8 (zwischen den Genen PGCP und MTDH/AEG-1) eine erhöhte Anfälligkeit für Migräne auf. "Erstmals hatten wir die Möglichkeit, Tausende von Genomen zu vergleichen und genetische Hinweise über die allgemeine Form der Migräne zu sammeln", erklärt Dr. Aarno Palotie, Vorsitzender des International Headache Genetics Consortium am Wellcome Trust Sanger Institute im Vereinigten Königreich. Die Forscher zeigten, wie wichtig die Genvariante für die Regulation des Neurotransmitters Glutamat ist. Insbesondere kann sie die Aktivität von MTDH/AEG-1 verändern, was Einfluss auf die Aktivität des Gens EAAT2 hat. Das EAAT2-Protein entfernt bei gesunden Menschen den Glutamatüberschuss aus den Synapsen des Gehirns (das Protein wurde bereits zuvor mit neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie und Schizophrenie in Zusammenhang gebracht.) Die rs1835740 genannte Variante verhindere offenbar, dass das Glutamat ordnungsgemäß abgebaut wird, sodass es durch die Akkumulation der Substanz in den Synapsen quasi zu einem Stau im Gehirn kommt, was starke Migräneanfälle auslöst, so die Überzeugung der Autoren. Vorschläge gehen nun in Richtung eines therapeutischen Ansatzes, der die Ansammlung von Glutamat blockieren soll. "Obwohl bekannt ist, dass das EAAT2-Gen großen Einfluss auf neurologische Prozesse beim Menschen hat - und möglicherweise auch bei der Entstehung von Migräne - wurden bis jetzt keine Gene identifiziert, die auf einen Zusammenhang zwischen Glutamatakkumulation und Migräne hindeuten", sagt Christian Kubisch von der Universität Ulm, Deutschland. "Die neue Forschungsarbeit eröffnet Möglichkeiten für neue Studien zu den tieferen Ursachen der Erkrankung und den Auswirkungen dieser genetischen Veränderung." "Studien dieser Art sind nur im Rahmen einer groß angelegten internationalen Zusammenarbeit möglich, indem die Unmengen an Daten fachgerecht analysiert und Ressourcen gestellt werden, aus denen wir mögliche Genvarianten heraussuchen können. Diese Entdeckung ebnet neue Wege, um die Volkskrankheiten besser zu verstehen", so Dr. Palotie. Die Autoren machen jedoch auch deutlich, dass erst weitere Analysen der Genvariante und der Auswirkungen auf Nachbargene zeigen werden, welcher Mechanismus den Migräneanfällen zugrunde liegt. "Die Variante ist nur eine der genetischen Ursachen für die generelle Veranlagung für Migräne", lautet die Schlussfolgerung der Studie. Genomweite Assoziationsstudien sollen Licht auf weitere genetische Ursachen werfen. Zudem sollen zukünftig auch breitere Bevölkerungsschichten in die Studien eingebunden werden, da die aktuelle Studie lediglich Daten von Betroffenen untersucht, die sich in speziellen Migränezentren vorgestellt hatten. "Das Aufsuchen einer Spezialklinik zeigt ja, dass es sich wahrscheinlich um einen extremen Fall von Migräne handelt", erklärt Dr. Gisela Terwindt vom Zentrum für Medizin der Universität Leiden in den Niederlanden. "Zukünftig werden wir auch die allgemeine Bevölkerung einbeziehen, vor allem Menschen, die nicht so stark betroffen sind."

Länder

Finnland, Vereinigtes Königreich

Verwandte Artikel